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Lisa Schneider

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9. 9. 2016 - 11:07

Their love is hot!

FM4 Indiekiste zum Quadrat: So war's gestern mit Gengahr und Wolf Alice im Flex.

Was bisher geschah

Nachdem Wolf Alice schon als alt-J Support im Gasometer auf der Bühne gestanden sind, haben sie den geplanten Auftritt für den heurigen Februar leider abgesagt. Um jetzt – gemeinsam mit Gengahr – ihr lang erwartetes Konzert im Flex zu spielen.

Die beiden UK-Bands kennen sich nicht nur deshalb, weil sie beide letztes Jahr, stark in Anlehnung an den Brit-Indierock der 90er Jahre, ihre jeweils sehr guten Debutalben veröffentlicht haben, sondern auch weil sie jetzt schon öfters gemeinsam auf Tour gegangen sind. Gengahr waren damals im Gasometer mit alt-J nämlich auch dabei, das passt schon alles sehr gut zusammen.

Die Erwartungshaltung ist hoch, ich bin sicher, es wird ein großartiger Konzertabend.

Runde eins

„Bathed in light“: Gengahr eröffnen den Abend noch mit dezent-verhaltenen Tönen, das Flex ist aber jetzt schon, pünktlich um acht, gut gefüllt. Leider wirkt der Sound nicht ganz so gut auf die Band abgestimmt, wie das dann bei Wolf Alice klappen wird. Auch wenn es Markenzeichen der Band ist, der Gitarre den mindestens gleichwertigen Status wie der Stimme von Sänger Felix Bushe zu geben, wirkt die Wall of Sound, die so entsteht, zu uferlos.

Gengahr

FM4 / Alex Wagner

Gengahr

FM4 / Alex Wagner

She’s a witch“ ist eine der besten Indierocknummern des letzten Jahrs, besser ist vielleicht nur noch „Powder“, der letzte Song des sehr knackigen Sets. Ein junger Sid Vicious ist John Victor (an der Gitarre) seinen Bewegungen nach, schlaksig und mit blitzschnellen Fingern. Der vom Album bekannte, verträumte, verhallte Klang, die Doppelung, ja Verdreifachung der Hauptstimme (unauffällig singt Drummer Danny Ward die begleitenden vocals) – das, was bei der Albumaufnahme wunderbar klingt, will gestern leider nicht so ganz funktionieren.

Zwischenstopp

Schnell hinausgesaust, Temperatur im Flex-Innenraum: gefühlte 40 Grad. Wie das eben so ist bei guten Konzerten, das Kondenswasser tropft von der Decke, die Getränke verlieren die Kohlensäure – und alle warten glücklich auf Wolf Alice. Rock’n’Roll? Rock’n’Roll.

Ein Freund läuft mir freudestrahlend entgegen. Gengahr hat er leider verpasst – und mit ihm stellen sich viele jetzt erst zum Slot von Wolf Alice in die Warteschlange vor der Tür. Sein Grinsen ist deshalb so breit, weil er und seine Freundin die letzten zwei Karten ergattert haben. Das Flex ist voll!

Runde zwei

Endlich, Wolf Alice are in town, stürmen die Bühne, fetzen los. Eva Umbauer hat in ihrer Review ihres Debutalbums, „My love is cool“, Sängerin Ellie Rowsell stilistisch zwischen Courtney Love und Joanna Newsom eingeordnet. Auch wenn Ellie mit Jahrgang 1992 ein bisschen zu jung für die goldenen Tage des Grunge war, hat sie sich mit Neckholder-Top und ausgefranst-blondierter Mähne zumindest outfittechnisch an den 90ies orientiert. Das Set ist voll mit Hits, es ist unglaublich, wie viele auf so ein Debutalbum passen, in eine noch so junge Bandkarriere. Mit Hits zum Mitgrölen, aber nicht das derbe, grausige, Bierzelt-Mitgrölen, sondern das, bei dem man glücklich eingequetscht in der ersten Reihe steht. Natürlich hat es mittlerweile gefühlte 50 Grad, passend zum nur so dahinpreschenden Rocksound von Wolf Alice, weshalb sich Bassist Theo Ellis dann gleich mal seines Shirts entledigt.

Alle Termine der FM4 Indiekiste gibt es hier.

Wolf Alice ist die Band, auf die man fast ein Jahr lang wartet, nur, um sie dann noch ein bisschen besser zu finden. Die Band, die mit köstlichen Zutaten süchtig macht: straighter Grungerock, sympathische In-your-face-Attitüde. Die Band hat Spaß, es ist ein durchmischter, bunter Haufen: Hawaiihemd und Kopfgeschüttel, als wäre man in Gedanken doch auch teilweise Besucher eines Metalkonzerts. Drumsolos lockern das blitzschnelle, ruckelnde, rockige Set auf, geblödelt wird mit dem Publikum und unter den Bandmitgliedern gleichermaßen.

Im direkten Bandvergleich Gengahr – Wolf Alice fallen die einzelnen Charaktere umso stärker auf: Beide stehen als Quartett auf der Bühne, je in klassischer Besetzung Sängerin/Gitarrist, Gitarrist, Drummer, Bassist. Gengahr wirkt hier noch ein bisschen mehr, wenn auch der Altersunterschied zu Wolf Alice so gut wie nicht vorhanden ist, wie die Schulband, die es noch nicht ganz glauben kann, vor so vielen Leuten zu spielen. Und Wolf Alice wirken, als wären sie nie in der Schule gewesen, sondern als wären sie einfach eh schon immer auf der Bühne gestanden.

Abgang

Das Publikum ist gierig, traurig, als es nicht noch die Zugabe der Zugabe gibt. Ich zähle mich auch dazu, aber beim Hinausgehen bin ich schon wieder glücklich.

Stöpsel in die Ohren, „You’re a germ“ eingeschalten, weitergetanzt. You ain't going to heaven, eyes wide, eyes wide, cause I'm dragging you down to hell....