Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Urteil gegen Gina-Lisa Lohfink"

Esther Csapo

Moderiert FM4 Connected und manchmal die Charts

23. 8. 2016 - 16:15

Urteil gegen Gina-Lisa Lohfink

Das deutsche Model Gina-Lisa Lohfink beschuldigte zwei Männer der Vergewaltigung und wurde wegen falscher Verdächtigung verurteilt. Wir haben mit Rechtsanwältin Gabriele Vana-Kowarzik über das aufsehenerregende Urteil gesprochen.

Hat das Model Gina-Lisa Lohfink zwei Männer zu Unrecht der Vergewaltigung beschuldigt? Diese Frage spaltet derzeit Deutschland. Gestern hat ein Gericht das IT-Girl wegen falscher Verdächtigung verurteilt - Lohfink will in Berufung gehen.

Seit über vier Jahren zieht sich das Verfahren bereits hin. Erst ist es um Sexvideos gegangen, die gegen den Willen des Models verbreitet worden seien sollen, dann ist daraus ein Vergewaltigungsvorwurf geworden, und daraus wiederum eine Anklage gegen die einstige Germany’s Next Topmodel-Kandidatin.

gina-lisa lohfink

APA/dpa/Jörg Carstensen

Gina-Lisa Lohfink

Im Fall Lohfink hat sich das Gericht auf ein Video berufen können. In den allermeisten Vergewaltigungsfällen steht aber Aussage gegen Aussage. Und in Österreich gilt: Im Zweifel für den Angeklagten. In Gerichtsverfahren haben Frauen somit einen großen Nachteil. Die Rechtsanwältin Gabriele Vana-Kowarzik hat viele Frauen vertreten. Ich habe heute mit ihr über das gestrige Urteil und die Situation in Österreich gesprochen.

Ich muss sagen ich war von dem Urteil überrascht. Dass jemand, der eine Straftat anzeigt, selbst zum Täter wird - kommt das häufiger vor?

Es kommt in der Praxis dann vor, wenn eine Person jemand anderen anzeigt, obwohl sie weiß, dass diese Straftat nicht begangen wurde. Auch in Österreich gibt es den Tatbestand der Verleumdung.

Portrait

Jan Hestmann / Radio FM4

Rechtsanwältin Gabriele Vana-Kowarzik

Es gibt in diesen Fällen ja meist nur Aussage gegen Aussage. Haben es da Frauen tendenziell schwerer, zu ihrem Recht zu kommen?

Für Frauen, die traumatisiert sind, durch Vergewaltigung oder andere Formen von Gewalt, ist es oft sehr schwierig, sich genau zu erinnern. Das andere Problem, das wir haben, sind die K.O.-Tropfen. Sie sind schwer nachweisbar. K.O.-Tropfen schaffen es laut medizinischen Gutachtern in Österreich, dass das Opfer zwar willenlos wird und vieles mitmacht, das für den Täter oder vermutlichen Täter auch nicht erkenntlich ist, dass hier K.O.-Tropfen verabreicht wurden.

Das Problem in Deutschland ist eben dieses Gutachten betreffend der K.O.-Tropfen. Und wenn der Sachverständige sagt - aufgrund der Videos - die weiß was sie da getan hat, hat es das Gericht ganz einfach schwer. Im Zusammenhang mit K.O.-Tropfen ist es schwierig für die Opfer von Vergewaltigungen Aussagen zu bringen, damit der Täter auch tatsächlich überführt werden kann. Es kommt dann zu Freisprüchen. Ich hab in den letzten Jahren selten erlebt, dass es zu Anzeigen gegen die Frau wegen Verleumdung kommt.

Sie haben ja schon viele Frauen vertreten. Ist es generell schwierig für Frauen den Weg zu Ihnen und vor das Gericht zu suchen?

Wir haben in Österreich das Institut der Prozessbegleitung. Und sowohl der psychosozialen wie auch der juristischen Prozessbegleitung. Das heißt, Frauen, die vergewaltigt werden, von Gewalt betroffen sind, haben einerseits kein Risiko wegen Kosten, denn das fördert das Justizministerium und bezahlt diese Tätigkeiten. Andererseits haben sie den Vorteil, dass sie während des Verfahrens von einer psychosozialen Prozessbegleiterin während des Verfahrens vertreten und aufgeklärt werden.

Ich glaube wir sind da in Österreich etwas weiter als in Deutschland. Oft wird auch besprochen, ob eine Anzeige sinnvoll ist oder nicht, was tatsächlich passiert ist. Also wenn zum Beispiel beim Frauennotruf in Wien angerufen wird, wird dann sehr oft auch Prozessbegleitung gewährt.

Der Fall hat ja für ziemliches Aufsehen gesorgt und auch auf rechtlicher Ebene einiges bewirkt. Inwiefern haben sich da in Deutschland jetzt die Rahmenbedingungen verändert - haben Sie das mitverfolgt?

Wie sich die Rahmenbedingungen geändert haben, habe ich wenig mitverfolgt. Sehr viel hat sich noch nicht geändert. Ich glaube, dass im Sexualstrafrecht die österreichische Gesetzgebung ein bisschen weiter ist als in Deutschland. Wir haben voriges Jahr viel in den Medien über sexuelle Belästigung diskutiert. Zum Beispiel, dass man jetzt beim Tanzen der Frau nicht auf den Po grapschen darf. Und wir haben seit heuer auch den neuen Tatbestand, der sagt, wenn eine Frau nein sagt, ist es nein.