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Andreas Gstettner-Brugger

Vertieft sich gern in elektronische Popmusik, Indiegeschrammel, gute Bücher und österreichische Musik.

24. 8. 2016 - 14:16

Der zahme Indiefant

Wärmer, zurückgelehnter, sogar souliger klingt der Sound der Indierocker The Boys You Know. Mit dem dritten Album "Elephant Terrible" geht die neu aufgestellte Band andere Soundwege.

Sie sind noch immer zu hören, die fuzzigen Gitarren und der einnehmende Gesang, der nahe am Krächzen ist. Auch die Nähe zu Indie-Helden der 1990er Jahre steckt noch immer tief drin in der Songästhetik der Wiener Band The Boys You Know. Und trotzdem ist dieses Mal einiges anders. Auf dem neuen, dritten Album "Elephant Terrible" haben die Österreicher eine Wandlung vollzogen, die nicht nur notwendig war, sondern die schon immer unter der breiten Soundwand gebrodelt hat.

Portrait The Boys You Know

© Andreas Jakwerth

"Die Sophie die hat jetzt einfach ein Leben", meint Songschreiber und Texter Thomas Hangweyrer mit einem Lachen. "Bei ihr passieren gerade andere Dinge, aber das ist alles durchwegs positiv". So hat Bassist Manuel Kurzmann den Platz von Sophie Schmidauer eingenommen als es daran ging, ein neues Album aufzunehmen. Zusätzlich hat man mit Max Hauer und Stefan Slamanig jetzt auch Keyboards und Trompete in den Sound integriert.

Die Konsequenz daraus hört man sofort: Die neun Stücke von "Elephant Terrible" sind durchwegs entspannter. Die Anzahl an beats per minute hat sich erheblich verringert, der drängende Indierock ist durch reife Zurücklehnung abgelöst worden, die der Band nicht nur gut steht, sondern ihr auch Frische verleiht. Wenn bei der balladesken Nummer "Rainy Days" die Nadel auf die Schallplatte gesetzt wird und man das bekannte Knistern hört, taucht man sofort in die verträumte Stimmung des Songs ein. Zu gedämpften Trompeten und schönen Gitarrenlinien schmiegt sich Thomas' Stimme an den bluesigen Rhythmus und erzählt uns vertrauensvoll von den Stimmungen, die man an verregneten Samstagen hat.

Albumcover "Elephant Terrible" von The Boys You Know

The Boys You Knwo

Das dritte Album "Elephant Terrible" von The Boys You Know erscheint am 26.08. bei Wohnzimmer Records.

Das andere Glanzstück der Platte ist das beschwingte, lustig-lockere "Garden", ein Song über den kleinen Garten von Thomas, der eigentlich seiner Katze gehört. Er selbst darf ihn nur mit Erlaubnis des Kuscheltigers betreten, um die toten Mäuse wegzuräumen. Musikalisch ist das umgesetzt mit flirrenden Akustik-Gitarren und dezent angezerrten Sounds, die den atmosphärischen Hintergrund des Songs bilden. Gegen Ende steigen dann sogar die Blechblasinstrumente für ein zurückhaltendes Finale ein.

Klar, den rockigen Sound, der uns sofort in die 1990er zurückversetzt, den gibt es bei "Elephant Terrible" immer noch. Bei der ersten Single "Teenager Of The Year" wird wieder auf schnellen Schlagzeugtakt und gewohnte Fuzz-Gitarren gesetzt. Aber selbst bei dieser kleinen Indie-Hymne ist eine gewisse Gelassenheit herauszuhören.

Spannenderweise sind viele der neuen Songs von The Boys You Know nicht gerade eben, sondern in den letzten Jahren entstanden. Thomas Hangweyrer hat sie vor und während der Aufnahmen zu den Alben "Waste Your Times" und "Purple Lips" geschrieben, allerdings haben sie damals nicht in das rockige Soundkonzept gepasst.

The Boys You Know live in Österreich:

  • 26.08. B72, Wien (Album Release-Show)
  • 10.09. Kunsthure, Graz
  • 16.09. Stereo, Klagenfurt
  • 26.09. Weekender, Innsbruck

Diesmal standen die Aufnahmen unter ganz anderen Vorzeichen, sagt Thomas: "Ich fand es sehr befreiend, mal andere Wege zu gehen. Wir wollten kein weiteres Album mit dem gleichen Sound machen, sondern uns ausprobieren, uns mit der Musik spielen und die Songs nicht mehr so hinrotzen. Nicht einfach am Anfang des Songs eine Lärmwand auf- und am Ende wieder zumachen. Diesmal haben wir den Verzerrer so eingestellt, dass man noch erkennt, welche Note gerade gespielt wird."

So verzahnen sich bei dem Titelstück "Elephant Terrible" die lockeren Gitarrenlinien kunstvoll ineinander, während beim Refrain mehr Platz bleibt, um die Keyboard- und Bläser-Flächen zu integrieren. Der gesamte Klang des Albums klingt trotzdem recht rau, unmittelbar und authentisch. Das liegt daran, dass Gitarrist Mathias Kollos die Produktion übernommen hat.

Portraitfoto The Boys You Know

© Andreas Jakwerth

Das bedeutete aber auch, dass die ersten Aufnahmen, die in einem sehr teuren Studio entstanden sind, in den Mistkübel wanderten. Denn gerade bei den brüchigsten, fragilsten Songs wollte man nicht am poliertesten klingen, so Thomas. Die Wiener Band wollte sich den Glanz und die Spannung ihrer Songs bewahren und hat sie daher mit eigenen technischen Mitteln selbst aufgenommen. Wenn man genau hinhört, dann ist ab und zu ein Rauschen, ein Knarzen zuhören oder auch Instrumentespuren, die nicht perfekt klingen. Genau das verleiht den neuen Stücken eine gewisse Magie und eine unaufgeregte Dringlichkeit. Und was kann man mehr von einem schönen Popalbum erwarten.