Erstellt am: 21. 8. 2016 - 09:14 Uhr
It's a Robert from Austria living in England thing.
Lange nicht gebloggt hier, und ich würde gern sagen, ich war auf Urlaub, aber es war eher das Gegenteil. Zu beschäftigt damit, traditionelle Medien zu beliefern. Und wenn man dann zwischendurch Zeit hat, was anderes zu schreiben, wird’s eben eher ein Song als ein Blog. Oder auch ein gutes Getränk. Geht sicher vielen so.
Was wiederum das Medienkonsumieren in meiner Wahlheimat anlangt, waren das ein paar komische Wochen, in denen die Inspiration der Leibesertüchtigung alles, was sonst so in der Welt passierte, zu überstrahlen schien.
In Österreich kann man sich sowas außerhalb der Wintersaison nur schwer vorstellen, aber ein zweiter Platz im olympischen Medaillenspiegel geht mit unheimlich viel Zeitlupencollagen, Erbauungsmusik und Motivationslyrik einher.
Sowas befremdet einigermaßen, wenn man sich seelisch nicht einklinkt, und das – tut mir leid, Wahlheimat – wollte mir post-Brexit noch weniger gelingen als sonst.
"Team GB" ist, wie man in Österreich vielleicht nicht weiß, der Markenname für die hiesige Olympiamannschaft und wurde, wie mich die unfehlbare Wikipedia lehrt, Ende der Neunzigerjahre von der kontinental klingenden Sport-Marketing-Expertin Marzena Bogdanovics erfunden.
Die Marke soll uns vermitteln, dass wir alle irgendwie zusammengehören, die Athlet_innen und ihr Publikum, über das olympische Komitee hinaus, up and down the country.
Ja sogar Menschen aus Nordirland und anderen Krongebieten, die eigentlich nicht zu Großbritannien, sondern nur zum Rest-Empire gehören, aber mit der Abkürzung "GB", die nach einem halben Punk-Club klingt, möglicherweise besser leben können.
Ja vielleicht obendrein auch noch Leute ohne britischen Pass, nachdem ein „Team“ doch ein viel lockereres Konzept ist als eine „Nation“ (wiewohl gleichermaßen fiktiv).
Typisch Spätneunziger eben, in seinem integrativen Bemühen. Geradezu rührend anachronistisch im "We want our country back"-Britannien von heute.
Keine Angst, ich werde mich hüten, hier darüber Plattitüden zu dreschen, ob etwa das plötzliche Interesse einer patriotisch aufgekratzten Nation am 200m Kayak Einzelsprint-Bewerb auch wirklich vom völkerverbindend olympischen Geist beflügelt wäre (Ich selber kam ja bisher nur dazu, ein bisschen rhythmische Gymnastik zu sehen, das war allerdings toll. Was die mit dem Ball machen – alle großartig, alle hätten gewinnen sollen, auch Nicol Ruprecht).
Aber mir fällt schon auf, wie sehr sich die olympische Wahrnehmung mit meinen aktuellen Erfahrungen mit sozialen Medien deckt, wo die Macht des Algorithmus das weltweite Web meiner Jugend so erfolgreich zum identitären Internet umgewidmet hat.
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Wenn der Alogrithmus, nachdem er mir Haarwuchsmittel (hallo?) und Pensionsvorsorgen für Menschen mit Ersparnissen von über 300.000 Euro (hallo??) angeboten hat, nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner sucht, kommt da nämlich mehr als bloß ein T-Shirt mit der Aufschrift "It's a Robert thing, you wouldn't understand" raus (Übrigens, gibt’s von diesen Dingern eigentlich auch eine deutsche Version?).
Unter anderem ein "article you might like", angeboten von der Plattform „Wir unterstützen Norbert Hofer“.
Dabei sollte der Algorithmus schon kapiert haben, dass ich mich einigermaßen viel mit Popkultur beschäftige.
Und die ist bekanntlich aus Prinzip eine Mischlingskultur aller erdenklichen Rassen und Nationen und geht daher mit dem von Norbert Hofer vertretenen, völkischen Kulturbegriff schon rein algorithmisch gar nicht zusammen.
Da muss man gar nicht politisch werden, um ganz wertfrei festzustellen, dass hier bei Facebook einfach unsauber programmiert wurde.
Das dachte ich mir auch schon, als mir vor dem EU-Referendum ständig Werbe-Clips der rechtsradikalen Gruppe "Britain First" unter die Nase gerieben wurden. Was jetzt, Facebook?
Sehr wohl erfasst hat der Algorithmus nämlich – und jetzt kommt endlich die Parallele zum volksverbindend mononationalen Olympia-Konsum – die komplexen Details meiner Herkunft.
Und deswegen bombardiert er mich seit einiger Zeit mit untenstehenden, zumindest in einer parallelen Photoshop-Welt existierenden Produkten. Ich glaube, mein Fehler war, einmal auf die Kommentare zu klicken.
Die waren aber ganz gut.
Einer sagt: „Verpisst Euch mit diesem Mist.“
Ein anderer: "Excellent T Shirt. As a Viennese, Austria and Austrian Guys are indeed excellent. I was once upon a time at WU."
Auf seiner Timeline morgen schon ein Hoodie mit Aufschrift: "Nobody is perfect: But if you were at WU in Vienna once upon a time you're pretty damn close."
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In kornblumenblau!
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"Really? How interesting."
"Isn't it? Want to hear the rest of my story?"
Schade.
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Leider nicht die "Girl Edition" angeklickt um zu sehen, was da gestanden wäre. Und das Motiv kam nie wieder...
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Franz saß immer allein auf der Terrasse. Er lächelte freundlich, aber in den drei Wochen auf Lanzarote setzte sich nie wer zu ihm.
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Karin war sich nun sicher, dass sich keine der Bürokolleginnen mehr irrtümlich ihr Häferl borgen würde.
Kipferl
Meanwhile im echten Leben im Café Kipferl an der Golborne Road.
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Sorry, Facebook, diese Warnung kommt um einiges zu spät.