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Benedict Feichtner

Gesellschaftspolitik, Kultur, Young Stuff und Oneway-Sarkasmus

17. 8. 2016 - 16:54

Seemacht Österreich

Der Bann ist gebrochen: Österreich hat nach acht Jahren wieder eine Medaille bei Olympischen Sommerspielen gewonnen. Ausgerechnet im Segelsport, obwohl hierzulande bekanntlich weit und breit kein Meer zu finden ist.

Österreich ist eine Weltmacht, zumindest im Segelsport. Elf Medaillen haben unsere Athleten seit 1960 bei Olympischen Sommerspielen ersegelt - 44 waren es insgesamt. Dabei ist der Segelsport, anders als etwa Fußball oder Skifahren, in Österreich kein breit organisiertes Massenphänomen. Manchen wird das Segeln in die Wiege gelegt, die meisten landen aber zufällig im Wasser, wie zum Beispiel der Steuermann Matthias Schmid und der Vorschoter Florian Reichstädter. Bei den Olympischen Spielen haben die beiden in der Bucht Marina da Glória von Rio de Janeiro eine Vorrunde im 470er gewonnen. Für eine Medaille ist der Rückstand vor dem letzten Rennen allerdings bereits zu groß.

Florian Reichstädter und Matthias Schmid

APA/AFP/WILLIAM WEST

Matthias Schmid und Florian Reichstädter in Rio de Janeiro

Die beiden sitzen seit Jahren im selben Boot. Steuermann Matthias Schmid besuchte mit fünf Jahren in den Ferien einen Segelkurs für Kinder. Seitdem ließ ihn der Sport nicht mehr los: „Wenn man Spaß daran hat ergibt sich das eben. Da segelt man eine Jugendregatta, und dann kommt dieses Feeling. Man will immer schneller segeln als die anderen. Es ist großartig wenn man schon mit neun Jahren alleine am Neusiedlersee fahren kann.“

Das trübe Meer im Burgenland

Der Neusiedlersee ist das große Glück für Österreichs Segelelite, nicht umsonst fanden hier bereits Europa- und Weltmeisterschaften statt. Die Konkurrenten der Österreicher aus Frankreich, den USA oder Australien, trainieren allesamt am Meer. Aber auch der trübe, an seiner tiefsten Stelle gerade 180 Zentimeter seichte Neusiedlersee, bietet optimale Trainingsbedingungen. Denn hier gibt es einzigartige Kabbelwellen. Diese kleinen, durch starken Wind entstehenden Wellen machen die Fahrt unruhig und erschweren Manöver. Diese schwierigen Verhältnisse sind eine gute Vorbereitung für die Karriere auf dem Wasser.

Die heimischen Segler hätten aber ein ganz anderes Problem, erklärt Matthias Schmid: „Der größere Nachteil den wir in Österreich haben, ist der lange intensive Winter, der das Segeln unmöglich macht. Da braucht man dann die Initiative von den Eltern um zum Beispiel im Winter nach Südeuropa zu fahren damit man dort segeln kann." Dennoch fehlen im Laufe der Jahre viele Stunden Segelzeit am Wasser. Die österreichischen Sportler müssten deshalb noch härter trainieren um das wieder aufzuholen, sagt Matthias Schmid.

Gezielte Förderung

Auf dem Steppen-See im Burgenland befindet sich auch das Bundesleistungszentrum des Österreichischen Segel-Verbandes. Hier trainieren Profis und Nachwuchsseglerinnen und -segler Seite an Seite. Der Nachwuchs ist hierzulande, im Gegensatz zu den großen Segelnationen wie Frankreich und Großbritannien, überschaubar. Wer sich aber für den Sport entscheidet, der wird gezielt gefördert.

Diese individuelle Förderung ist laut Matthias Schmid der Hauptgrund des österreichischen Erfolgs. "Der Segelsport ist in den letzten 20 Jahren in Österreich immer professioneller geworden. Der Verband hat ein kleines, motiviertes Team auf die Beine gestellt. Wir sind unterschiedliche Persönlichkeiten, aber gemeinsam pushen wir uns zu Bestleistungen." Einzigartig sei, dass viele ehemalige Topathleten nach wie vor im Verband aktiv sind, und nun ihre Erfahrungen an die nächste Generation weitergeben.

Die olympischen Spiele sind das Highlight aller Seglerinnen und Segler. Das österreichische Team bereitete sich jahrelang auf die derzeit laufenden Spiele vor. Mehrmals im Jahr konnte in den Buchten Rio de Janeiros trainiert werden. Auch dafür sei man dem Verband dankbar.

Florian Reichstädter und Matthias Schmid

APA/AFP/WILLIAM WEST

Segeln ist nicht Fußball

Segeln ist ein alter, traditionsreicher Sport. Technische Hilfsmittel sind - abgesehen von Uhr und Kompass - nicht erlaubt. Das macht bereits den Start, bei dem alle Boote zeitgleich eine fiktive Linie überfahren müssen, zu einer Herausforderung: Wer die Linie zu früh überfährt, wird disqualifiziert.

Der Segelsport zieht keine Zuschauermassen an. Dadurch fehlen Fernsehgelder und Sponsoren. Noch vor wenigen Jahren hätten etliche Seglerinnen und Segler ihre Karriere mit einem großen Schuldenberg beendet, erzählt Matthias Schmid.

Dank Segelverband, Bundesheer und Sporthilfe sind für ihn die wirklich schwierigen Zeiten zwar vorbei, der 35-jährige Wiener ist aber froh, wenn er seine Karriere schuldenfrei beenden kann. Gedanken, was nach der aktiven Karriere kommt, macht sich Matthias Schmid noch keine. Aber gut möglich, dass auch er irgendwann seine Erfahrungen an die nächste Generation weitergibt.