Erstellt am: 17. 8. 2016 - 14:00 Uhr
Wenn Games Realität abbilden
Beim Gestalten von virtuellen Welten in Computerspielen sind die Möglichkeiten ja prinzipiell grenzenlos. Das Limit sind nur die eigene Imaginationskraft und die Zeit, die zur Verfügung steht. Beim Drauflosbauen in Games sollten sich Spieleentwickler und -entwicklerinnen aber immer auch die Frage stellen, in welchem Kontext man zum Beispiel ein Gebäude oder eine Person darstellt. Welcher Kultur gehört ein Haus oder eine Figur an, welche politischen Bezüge gibt es dazu? Wenn man dabei zu wenig Bescheid weiß, kann man schon mal in das eine oder andere Fettnäpfen treten.
Glaubhafte Welten
Ronin Poet
Die Geographin, Kartographin und Videospielexpertin Kate Edwards kennt dazu viele Anekdoten und weiß, dass man sich als Gamesentwickler/in ausreichend informieren sollte, bevor oder währenddessen man eifrig drauflos baut.
In Köln hat Edwards gestern (Dienstag, 16. August) im Rahmen der Game Developers Conference Europe in Köln zu diesem Thema vorgetragen. Dabei hat sie hauptsächlich die Tatsache unterstrichen, dass alles, was man digital erschafft, in sich stimmig sein und sich in die Gesamtumgebung einfügen sollte. Im 3D-Editor schnell mal eine Landschaft erstellen und ein paar kleine Häuser und einfache Figuren kreieren ist nicht besonders schwer. Daraus sukzessive eine glaubhafte Welt zu schaffen, ist die Herausforderung.
Unachtsamkeit kann üble Folgen haben
Kate Edwards hat über 20 Jahre Erfahrung in der Gamesbranche. Sie hat lange Zeit bei Microsoft gearbeitet und sich 2005 als Beraterin selbstständig gemacht. Edwards ist darüber hinaus Vorsitzende der International Game Developers Association.
Beim Entwickeln von Games - vor allem alleine oder in kleinen Teams - ist es gar nicht einfach, ausreichend Recherche zu betreiben, was die kulturellen, sozialen und politischen Implikationen der jeweiligen Spieleinhalte betrifft. Oft fehlt einfach die Zeit, weil man mit Programmieren, Artwort und Gamedesign schon genug beschäftigt ist.
Manchmal können aber schon vermeintliche Kleinigkeiten wie bestimmte Gesten, die Figuren in Spielen machen, fortgeschrittenen (PR-)Schaden anrichten. Man kennt das Prinzip ja etwa von Sprachübersetzungen und dazugehörigen Witzchen der Marke "Wusstest du eigentlich, dass dieses Wort in jener Sprache folgendes bedeutet?". Viel schlimmer ist es natürlich, wenn man in seinem Spiel bestimmte Ethnien vor den Kopf stößt oder aus Unachtsamkeit Vorurteile, Klischees oder vielleicht sogar Rassismen unterstützt.
Robert Glashüttner
Kate Edwards nennt als Beispiel gerne den Fall "Resistance: Fall of Man" aus dem Jahr 2006, wo man im Spiel die Manchester Cathedral zerstören kann. Das hat die Church of England vor den Kopf gestoßen, und aus dem Vorfall hat sich ein mittelgroßes Politikum entwickelt. Die Darstellung von physischen Dingen und Personen in Spielen und umgekehrt das Darstellen von Games-Inhalten an physischen Orten ist ein Thema, das derzeit wieder hochaktuell ist - Stichwort "Pokémon Go" und die Debatte darüber, wo Pokéstops sein dürfen und wo nicht.
Achtsamkeit
Die Lösung: In größeren Teams ist es gut, zumindest eine Person zu haben, die sich hauptsächlich um kulturelle und politische Recherche hinsichtlich der Spielinhalte kümmert. Darüber hinaus schadet ein internationales, heterogenes Entwicklungsteam nicht. Im kleineren Rahmen rät Edwards zu simplen, aber effektiven Methoden, etwa Menschen aus dem eigenen Umfeld oder auf der Straße anzusprechen und sie bitten, sich den jeweiligen Games-Content mal anzusehen und die Meinung dazu zu sagen.
Ich habe mit Kate Edwards nach ihrem Vortrag über das Achten auf politische und kulturelle Besonderheiten beim Kreieren von Spielewelten gesprochen.
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