Erstellt am: 14. 8. 2016 - 19:51 Uhr
Wenn Frauen Waffen tragen
Ich gehöre nicht zu der großen und eingefleischten Tatort-Community, die am Montag ihren kritischen Kommentar zu einer neuen Folge der Königinnendisziplin des Krimis im deutschsprachigen Fernsehen abgibt. Ich habe den Überblick über die viele Tatort-Ermittlerteams verloren und auch das Interesse an den vielen Leichen in meinem Wohnzimmer, die nach einem Krimi da herumliegen. Aber mir ist der Auftritt von Adele Neuhauser nicht entgangen. Seit sie das österreichische Tatort-Team kräftig auffettet, schaue ich regelmäßig in der Mediathek, was auf der österreichischen Krimifront so passiert.
Es ist ihr trockener Humor und die Tatsache, dass sie sich erfolgreich dagegen gewehrt hat, mit dem Kommissar auf einer erotischen Ebene zu agieren, was ihre Rolle als Bibi Fellner so speziell macht. Keine Seidenblusen weit aufgeknöpft, keine schmalen Röcke, keine Stöckelschuhe, einfach eine Frau mit wilden Haaren, einer tiefen Stimme, einem guten Schmäh und einem Gesicht, das man nicht mit anderen verwechselt.
Als junge Frau war diese Unverwechselbarkeit nicht einfach, erzählt Adele Neuhauser. Man habe sie als junge Schauspielerin schwer besetzen können, weil sie dem gängigen Frauenklischee nicht entsprach.
Pamela Rußmann / Radio FM4
Es ist ein heißer Sommertag. Adele Neuhauser kommt in einem schwarzen Sommerkleid und freut sich, dass noch Zeit für eine Zigarette ist. Die hat sie in einer schönen, alten Blechschachtel aufbewahrt. Ein Stück Geschichte, Familiengeschichte. Soweit ich mich erinnere ein Geschenk ihres kürzlich verstorbenen Vaters. Adele Neuhausers offener Umgang mit den traurigen Seiten des Lebens, dem Tod, Krankheiten, Schmerz, ist ein Geschenk, das sie gleich mal auf den Tisch legt. Und ich freue mich sehr, dass sie trotz einer intensiven und nicht so einfachen Zeit, heute doch zu uns gekommen ist. Für ein Gespräch über ihr Leben, ihre Ansichten und die Rollen, in die sie hinein und auch wieder heraus schlüpft.
Wir springen mitten hinein in ihr Leben und landen auf einem lädierten Stimmband, das operiert werden musste. Was bedeutet es für eine Schauspielerin, deren sonore Stimme eines ihrer Markenzeichen ist, wenn sie unters Messer muss und nach ein paar Wochen Schweigen nicht weiß wie die Stimme klingen wird? Eine wahrlich große Prüfung. In Geduld und Vertrauen. „Danach wurde ich am Telefon nicht mehr so oft als Herr Neuhauser angesprochen“, kommentiert Adele das Ergebnis trocken. Die Stimme ist seither etwas höher, aber ich glaube das fällt nur auf, wenn man die Schauspielerin sehr gut kennt.
Pamela Rußmann / Radio FM4
Der nächste Sprung bringt uns nach Griechenland und Adele Neuhausers griechische Wurzeln. Sie kann sich sehr gut an die ersten Jahre ihrer Kindheit in Athen erinnern und den Wechsel nach Wien; eine Stadt, die sich für sie lange nicht wie Heimat anfühlen sollte. Die Spuren des griechischen Vaters sind Adele Neuhauser ins Gesicht geschrieben. Bei ihm ist sie auch aufgewachsen, als sich die Eltern schon in Wien lebend getrennt haben. Damals war ein alleinerziehender Vater noch sehr selten, aber die Verbindung zwischen Vater und Tochter so stark, dass das über die Trennung von der Mutter hinweg geholfen hat. Trotzdem – die Jahre der Jugend, da war neben der großen Liebe zu dem Vater viel Traurigkeit und Zerrissenheit.
Mit 18 hat Adele Wien den Rücken gekehrt für einige Jahre und ihre Schauspielkarriere in Deutschland begonnen. Am Theater. Dass über die Serie „Vier Frauen und ein Todesfall“ und nun die Rolle der Tatort-Kommissarin das Fernsehen so einen großen Teil ihres Berufsalltags ausmacht, empfindet Adele Neuhauer als großes Geschenk. Sie ist zur Zeit dort, wo sie sein mag. Und nach oben hin ist alles offen.
FM4 Doppelzimmer mit Adele Neuhauser
Am Montag, 15. August, erzählt die Schauspielerin Adele Neuhauser in einem langen Gespräch zwischen 13 und 15 Uhr im FM4 Doppelzimmer über ihr Verhältnis zu Schusswaffen, ihr nutzloses Stück Land in Griechenland und warum man ihr Männerrollen angeboten hat.