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Christian Fuchs

Twilight Zone: Film- und Musiknotizen aus den eher schummrigen Gebieten des
Pop.

12. 8. 2016 - 14:30

Hetzjagd im Stillstand

Mit "Jason Bourne" wagen sich Matt Damon und Regisseur Paul Greengrass noch einmal gemeinsam in die Agententhriller-Arena.

Die Eröffnungssequenz, die einen Strand irgendwo in Südosteuropa zeigt, signalisiert maximalen Realismus. Die versammelte Menschenmenge scheint auf ankommende Boote voller Flüchtlinge zu warten, eine aufgepeitschte Stimmung liegt in der Luft. Letztlich täuscht dieser Eindruck aber nur, denn die Einheimischen feuern bloß zwei muskulöse Kämpfer an, die sich für Wetteinsätze prügeln. Einer der beiden Männer ist dem Kinopublikum höchst vertraut.

Jason Bourne, das darf man durchaus behaupten, hat im Alleingang das Agententhrillergenre revolutioniert. Die Bösen, mit denen dieser im Labor geschaffene Superspion in drei Filmen konfrontiert war, entpuppten sich nicht als mondäne Monstren aus dem Genrekino-Fundus, sondern als eisige Bürokraten aus den eigenen Reihen des CIA. Die Bourne-Trilogie mit ihrer omnipräsenten Überwachungstechnologie und dem Gefühl, niemandem trauen zu können, passte auch perfekt in die von Paranoia beherrschte Gegenwart. Und die Action, als nicht unwesentliche Zutat, fühlte sich knochenbrecherisch und schmerzhaft an.

Jason Bourne

Universal

Matt Damon beim Dreh von "Jason Bourne"

Willkommen in der Post-Snowden-Welt

Während sich sogar James Bond in seinen neueren Abenteuern immer mehr Jason Bourne angepasst hat, setzte sich letzterer in den Untergrund ab, wo er eben als illegaler Straßenboxer an diverse Gegner Faustwatschen verteilt. Auch Matt Damon, der Schauspieler hinter der ebenso wortkargen wie erfolgreichen Figur, peilte einen Rückzug von seiner vielleicht berühmtesten Rolle an. Aber nachdem der Spinoff-Film „The Bourne Legacy“ mit Jeremy Renner eher floppte, will er es jetzt, zusammen mit Stammregisseur Paul Greengrass, dem Blockbusterpublikum doch noch einmal zeigen.

Jason Bourne“, wie der vierte Teil schlicht heißt, porträtiert eine Geheimdienstwelt, die versucht aus Edward Snowdens Enthüllungen zu lernen. Natürlich nicht im positiven Sinn. Um zukünftige Leaks zu verhindern, agiert der CIA aggressiver denn je, gleichzeitig versucht man mit dem Gründer eines riesigen sozialen Netzwerks einen verschwiegenen Deal zu vereinbaren, der ultimative Kontrolle ermöglicht. Dass irgendwo da draußen noch immer Jason Bourne herumschwirrt, der über gefährliches Geheimwissen verfügt, verunsichert CIA-Direktor Dewey (Tommy Lee Jones) und sein Team verständlicherweise.

Jason Bourne

Universal

"Jason Bourne"

Vielversprechende Polit-Verpackung

Paul Greengrass, ein wahrer Virtuose des in der rauen Wirklichkeit geerdeten Spannungskinos, macht auf den ersten Blick wieder viel richtig. Mit Alicia Vikander als kühl kalkulierender Cyberspezialistin des CIA und Vincent Cassel als getriebenem staatlichen Auftragskiller ergänzt er die beiden Kontrahenten Damon und Lee Jones auf glänzend gecastete Weise.

Addiert man die erwähnten tagesaktuellen Bedrohungen jeglicher Privatsphäre und Verschwörungs-Schachzüge aus obersten Regierungskreisen dazu, mit denen „Jason Bourne“ so offensiv kokettiert, kann eigentlich nur mehr wenig schiefgehen. Denkt man sich zumindest noch im ersten Drittel des Films. Dabei macht eigentlich schon die Anfangs-Prügelei am Strand, die eher an einen käsigen Jason-Statham-Streifen erinnert, klar, dass inmitten der brisanten politischen Verpackung einfach nur formelhaftes Pulp-Kino steckt.

Für sich gesehen kann auch ein Fließband-Thriller ziemlichen Spaß machen, aber wir reden hier von einem Team, dem sich mit „The Bourne Ultimatum“, dem furiosen Meisterwerk der Trilogie, der eventuell beste Actionfilm der Nullerjahre verdankt. In der neuen Gemeinschaftsarbeit von Matt Damon und Paul Greengrass wird jedenfalls die Leere hinter all dem Getöse bald deutlicher.

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"Jason Bourne"

Spätestens wenn es in Las Vegas zum finalen Showdown kommt, der versucht punkto überzogener Auto-Hetzjagden an die „Fast & The Furios“-Reihe anzudocken, wirkt der ganze Polit-Überbau nur mehr aufgesetzt. "Jason Bourne" steht für solides Actionkino, könnte man als Fazit sagen, aber die Saga um den Superagenten kommt damit auch zum Stillstand.