Erstellt am: 8. 8. 2016 - 16:10 Uhr
Wie schön es brummt und singt und scheppert
Natürlich geht es nicht nur um die Musik. Fein ist's, wenn eine Band blöde Ideen hat, interessante, neue Moden transportiert, vielleicht gar neue mögliche Lebensformen anzubieten in der Lage zu sein scheint. Der Bandname ist das Etikett auf dem Image-Paket, aufregend mysteriös soll er funkeln, und vielleicht nicht gleich allzu plakativ eine Message schreien wollen.
Die Südlondoner Band Beaty Heart macht sehr viele Dinge sehr gut - die Sache mit dem Bandnamen ist ihnen nicht so ganz geglückt. Beaty Heart - in dieser Band schlägt also das Herz ganz heftig für den Beat. Einst hat die Gruppe ihre Musik als "Pschedelic Drum-Pop" bezeichnet, das kommt gut hin und irgendetwas muss man ja draufschreiben.
Beaty Heart
Rhythmus-Arbeit und Drumming geben den bittersüßen Popsongs von Beaty Heart ausdrücklich das Fundament. In der Vergangenheit ist das für die drei jungen Herren vornehmlich aufgekratztes, ekstatisches Geklapper, Gerassel und Geklopfe im Gebüsch gewesen, deutlich angelehnt und geschult an ausufernden Krautrock-Studien der Siebziger Jahre, aber auch informiert von Afrobeat.
Auf dem Debütalbum "Mixed Blessings" aus dem Jahr 2014 haben alle Mitglieder von Beaty Heart - damals war die Band noch zu viert - neben Synthesizern, Samplern, Gitarren in irgendeiner Form Schlagzeug, Drum-Machines, Percussions, Holz, Blech und sonstiges Rumpelmaterial befingert. Sehr schön war das, dabei aber doch oft dem polternden, übersprudelnden Weirdofolk des mittleren Animal Collectives gar zu ähnlich. Bestens nachzuhören auf dem Song "Seafood" - wie arg es hier jubiliert.
Gerade ist das zweite Album von Beaty Heart erschienen: Auf der Platte namens "Till the Tomb" hat sich die Gruppe konzentriert. Eingedampft, rausgerudert, minimiert und maximiert. Die Drums haben Beaty Heart natürlich nicht weggesperrt. Es schnalzt, scheppert, shakert, zackt und klatscht nach wie vor gehörig. Diesmal aber hat sich die Band stärker dem Pop zugewandt, alles sauberer ausgemessen, quecksilbriger gegossen, plüschiger auswattiert.
Alles ist elektronischer geworden, man sieht den Dancefloor vom Rande, dennoch steht klar das Format "Song" im Zentrum. Da fließen also elektronischer Soul und R'n'B in lieber Indieschwermut zueinander, es gibt tiefbassige Ausmessungen im Hallraum, Dub- und Dubstep-Annäherungen, Tropical Disco, haarscharf neben Vampire Weekend liegende Flirts mit westafrikanischem Highlife.
Der Weg von Paul Simons Klassiker "Graceland" über den digitalen Funk von Hot Chip und das gefühlige Gelee eines James Blake hin zum Synthie-Pop von Bands wie Metronomy oder den Glass Animals ist auf dieser nach Brausepulver riechenden Wunderplatte namens "Till the Tomb" nicht weit. Das ist also alles hinsichtlich des verwendeten Soundmaterials nicht neu.
Beaty Heart aber jonglieren hier die Zeichen mit solch kindlicher Unruhe und juckender Neugierde, dass einem ganz seltsam wird. Es quietscht und fiepst, karg instrumentierte Passagen kippen ohne große Ankündigung in den totalen Signaloverload, "König der Löwen"-Style, mit allen Pauken und Trompeten.
Caroline Distribution
Gleichzeitig aber hat die Gruppe eben auch echte, knackige Lieder geschrieben, mit den Hooks und den Melodien. Dazu singt Frontmann Josh Mitchell mit delikatem Falsett in putzig-naiven Bildern, abzählreimhaft, von Liebesdingen: " I wanna go to a sauna with you, where we can glow like the coals in the room", heißt es in der tollen Schmalzbombe "Glazed".
Nicht alles hier aber ist Geschmeide und zuviel Honig: Kleine Exkursionen Richtung kosmischer Jazz haben Platz, wieder ein bisschen Mäandern und freies Fließen und immer wieder verbeulte Bläser vom Eisenwarenfriedhof. Ganz sind Beaty Heart noch nicht bei der eigenen Identität angekommen, das wird noch was, so aber kann die Popmusik zur Zeit klingen. Die Dose mit der orangefarbene Limonade kommt schon vorgeschüttelt.