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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

4. 8. 2016 - 15:44

The daily Blumenau. Thursday Edition, 04-08-16.

Olympia geht so nicht mehr: Vertreibung, Verschwendung, Schwindel, Despoten-Showcase. Helfen kann ein Rückbau in Dauer-Spielorte.

#olympics #eventkultur

The daily blumenau hat im Oktober 2013 die bisherige Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.

Erst morgen findet die Eröffnungsfeier in Rio statt; die ersten Wettbewerbe der Spiele der XXXI. Olympiade sind bereits gestern losgegangen, aber der Teil-Ausschluss der russischen Sportler (wegen staatlich organsierten Dopings), das schmutzige Wasser, die Angst vorm Zyka-Virus sind ebenso wie die Vorfreude auf spektakuläre Bilder aus Stadien, Hallen und ungewohnten Freiluftanlagen oder die unterschiedlichen Erwartungshaltungen haben sich bereits seit einiger Zeit in die erste Reihe der Nachrichtenthemen gedrängt.

In dieser Phase des Wartens und der Vorbereitung sind auch kritische Dokumentationen gefragt, die dann, sobald der Startschuss offiziell ertönt ist, niemand mehr sehen/hören/lesen mag, weil das dann nur Spielverderbend ist. Alle diese Dokus (hier die beste, eine der ARD) sagen eines: Olympische Spiele sind eine einzige Katastrophe. Nicht für die Teilnehmer (da sind es nur einige), aber für alle direkt Betroffenen. Für die Umgesiedelten und Vertriebenen, die Steuerzahler der Städte, Regionen und Länder und auch die Volkswirtschaft. Olympische Spiele machen die Kommunen nicht reich: im Gegenteil - der versprochene Wohlstand nichts als Schwindel.

Wie man am Beispiel Rio sieht funktioniert nicht einmal mehr der Imagetransfer. Eine ökonomisch halbwegs gesunde Kommune wird sich eine solche Mega-Veranstaltung, bei der man das komplette Risiko übernimmt (und dabei weder kommerziell noch ideell etwas gewinnen kann) künftig kaum noch antun.

Für die schwachbrüstigen Winterspiele finden sich (ebenso wie für die ähnlich gelagerte Fußball-WM) deshalb zunehmend nur noch autokratisch regierte Länder (China, Russland, Katar...), die der Sport als leicht instrumentalisierbare Machtdemonstration nach innen und Poser-Visitkarte nach außen missbrauchen. Diese Tendenz wird sich noch zuspitzen. Und auch für die Sommerspiele werden nur noch eine Handvoll reiche Megacities, die sich eine solche Party aus Prestigegründen einmal in 50 Jahren leisten wollen, in Frage kommen.

Der Masse der passiven Konsumenten, die die in zwei Wochen geballten Bewerbe per Live-Übertragung (nicht mehr nur via TV, sondern zunehmend auch im Stream) sehen, ist nach den ersten Land-und-Leute-Dokus recht schnell sehr egal, wo die Halle, wo das Stadion in dem jetzt gesportelt wird, eigentlich steht. Olympia findet für die globale Zuschauerschaft ja nicht vor Ort, sondern am Bildschirm statt. Dass Heim-Teams oder Einzelsportler besondere Anfeuerung genießen, ist nicht auffälliger (und anstrengender) als bei jedem anderen Sport-Ereignis, Hahnenkamm-Abfahrt abwärts.

Das bedeutet aber: eigentlich ist es wurscht, woher die Bilder kommen. Um die Verortung zu betonen genügen ein, zwei, drei originäre Exklusiv-Festln (Eröffnung, Dernière etc).

Das wiederum heißt, dass man eigentlich zum alten griechischen Ur-Konzept umschwenken, und die Spiele alle vier Jahre am selben Ort abhalten könnte. Der Coubertin'sche Gedanke, dass olympische Spiele durch die örtliche Reihumverteilung in aller Welt (sprich: in aller weißen Ersten Welt; Rio ist erst der sechste Ort in 120 Jahren, der da ausreißt) den Weltfrieden stabilisieren, war ja nicht gerade sonderlich (zwei Weltkriege) erfolgreich. Dazu hat das Zusammenschrumpfen einer globalen interdependenten Erdbevölkerung ganz jenseits des völkerverbindenden Sports gesorgt.

Zudem waren die antiken Spiele ja auch nicht auf Olympia fixiert - in Delphi, Nemea und Korinth gab es Ergänzungen und Zwischenspiele, die ein insgesamt funktionierendes System bildeten. Angesichts der zunehmenden Unfinanzierbarkeit von immer höheren Anforderungen an immer neue Städte im Spannungsfeld zwischen ökonomischer Leistbarkeit und Ausverkauf an Despoten und Diktatoren) ist die Konzentration auf eine Handvoll spezialisierte Dauer-Spielorte die wohl einzig gangbare zukunftsfähige Lösung. Und wohl auch im Sinn der Sportler, denen bessere Bedingungen vielleicht auch wichtiger sind als der Besuch einer neuen, vielleicht exotischen Location alle vier Jahre. Das ist maximal ein Argument für die Funktionärs-Kaste, die wahrscheinlich ein naturgegebenes Recht auf Abwechslung einklagen wird. Der finanzielle Gewinn wird ohnehin über die TV-Gelder (und Umfeld-Sponsoring, das mit absurden Mitteln verteidigt wird) gemacht.

Anschauungsunterricht, wie so etwas klappen kann, wird es 2020 geben: die nächste Fußball-Euro wird in einem vergleichbaren Modell veranstaltet, nämlich nicht in extra neu gebauten Stadien eines einzelnen Landes, dessen Volkswirtschaft sich damit in ökonomische Abenteuer stürzen muss, sondern in der vorhandener Infrastruktur über den gesamten Kontinent verteilt. Kein klassische griechisches Modell, aber ein Anfang. Und vor allem endlich wieder ein Sportereignis, für dessen Durchführung niemand enteignet oder vertrieben wird.