Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Hacker mit Quadratschädeln"

Rainer Sigl

Spiel, Kultur, Pop im Assoziationsblaster.

10. 8. 2016 - 08:55

Hacker mit Quadratschädeln

Das Indie-Spiel "Quadrilateral Cowboy" macht uns zu Hackern in einer 80er-Jahre-Retro-Zukunft.

Blendo Games

Zugegeben: So richtig sexy sind Hacker meist nicht. Während Gentleman-Gauner mit schickem Anzug in Hochsicherheits-Casinos spazieren, sitzen die brillentragenden Computernerds meist irgendwo im Hintergrund und schalten Alarmanlagen aus. Nicht so in “Quadrilateral Cowboy”: Da müssen wir nämlich mit unserem Laptop in der Hand direkt vor Ort für den perfekten Einbruch sorgen.

In einer humorvollen Cyberpunk-Welt mit 80er-Jahre-Charme tüfteln wir an immer komplexer werdenden Einbrüchen und entwickeln uns dabei sogar ein bisschen zum Programmierer. Die Befehle zum Ausschalten von Laserschranken und zum Öffnen von Türen müssen wir nämlich in einer simplen Programmiersprache selbst per Tastatur eingeben. Zu Beginn brauchen wir nur wenige Zeilen Code, doch am Ende schreiben wir schon kleine Programme, die uns beim Überlisten der Sicherheitssysteme helfen sollen. Zum Haareraufen komplex wird "Quadrilateral Cowoboy" dabei aber wegen seiner Kürze von etwa vier Stunden nicht.

Avantgarde im Klötzchenlook

“Quadrilateral Cowboy” ist das sechste Spiel von Blendo Games AKA des amerikanischen Indie-Entwicklers Brendon Chung, und es ist ziemlich ambitioniert. In seinen früheren Spielen, vor allem dem minimalistischen Agententhrillerchen "Gravity Bone" (kostenlos!) und dem experimentellen "Thirty Flights of Loving", war das Gameplay eher Nebensache, denn die Hauptrolle spielten dabei clevere Stories und der unnachahmliche Stil, bei dem die ganze Welt inklusive Figuren aus recht groben Blöcken geformt ist - eine sofort wiedererkennbare Welt der Quadratschädel.

Auch "Quadrilateral Cowboy" ist in diesem unverkennbaren Stil gehalten und in Verbindung mit coolem Soundtrack, vielen kleinen Details und Gags wirkt es thematisch und ästhetisch wie eine Kombination aus “Minecraft” und “Ocean’s Eleven” - mit einem Schuss Tarantino-Humor. Dass wir laut Hintergrundgeschichte nicht wirklich einbrechen, sondern in einer Computersimulation für unseren Coup planen, macht dieses Mal sogar die recht spartanische Grafik wieder plausibel.

Blendo Games

Abort, Retry, Fail?

An Brendon Chungs Spielen scheiden sich schon immer die Geister: Während die einen von Stil und Erzählweise begeistert waren, fanden andere Spielerinnen und Spieler die bisherigen Titel in Sachen Gameplay etwas zu dünn. Das kann man Chung diesmal nicht zum Vorwurf machen: Das Gameplay steht gleichberechtigt neben der auch diesmal wieder originell verworrenen Story. Im sanften Anstieg der Lernkurve werden immer neue Puzzles und Spielelemente eingeführt - leider, und das ist ein Hauptkritikpunkt, erhalten wir nach Ende der Spielzeit nicht die Gelegenheit, unser stückweise erarbeitetes Set an Werkzeugen ausgiebig und vollständig in einem letzten Meistercoup zum Einsatz zu bringen. Statt der erhofften Sandkiste für kreatives Hacken ist "Quadrilateral Cowoboy" eher ein lineares Set an Puzzles, die auf eine bestimmte Art und Weise gelöst werden wollen.

“Quadrilateral Cowboy” ist für Windws erschienen.

Wer andererseits mit Programmieren gar nichts am Hut hat, kann sich hingegen, das ist ein zweiter Einwand, auch hin und wieder etwas überfordert fühlen. Das ist schade, denn in Sachen Stil und Humor ist auch “Quadrilateral Cowboy” ein absolutes Einzelstück. Ein Spiel für alle, die mit der Kommandozeile nicht auf Kriegsfuß stehen und originellen Stil zu schätzen wissen.