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Jan Hestmann

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1. 8. 2016 - 15:54

Lieben und lieben (bleiben) lassen

Vom Ver- und Entlieben im Universum der New Yorker Academic Bohéme: "Maggie's Plan" lässt liebenswürdig zerstreute Charaktere aufeinanderprallen. Und Punk-Ikone Kathleen Hanna singt Bruce Springsteen.

New York der Gegenwart, irgendwo zwischen lässiger Bohème-Attitüde und Bürgerlichkeit, bei fancy Drinks oder akademischen Diskussionen über die Occupy Wall Street-Bewegung, jedenfalls gut situiert und gebildet - dorthin entführt uns die Filmemacherin Rebecca Miller in ihrem neuesten Spielfilm "Maggie's Plan".

Maggie's Plan startet am
5. August 2016 in den österreichischen Kinos

In dieser Welt der First World Problems lernen wir die Mitdreißigerin Maggie (Greta Gerwig) kennen, eine Dozentin, die damit befasst ist, Brücken zwischen Kunst und Kommerz zu schlagen. Dazu gesellt sich nun noch ein drittes "K". Maggie will ein Kind. Von der Liebe, der sie ohnehin ein Ablaufdatum von maximal sechs Monaten zuschreibt, will sie das aber nicht abhängig machen. Und so bittet sie einen alten Schulkameraden - früher Mathematik-Genie, heute Gurkenhändler - ihr sein Sperma im Becher vorbeizubringen.

Greta Gerwig und Julianne Moore

Lily Harding Pictures, LLC.

v.l. Maggie (Greta Gerwig), Georgette (Julianne Moore)

We're screwed

Soweit so gut. Alles hätte geklappt, wäre Maggie nicht zuvor auf den Anthropologen John (Ethan Hawke) gestoßen, der, um seinem Leben neuen Pepp zu verleihen, an einem Roman zu schreiben begonnen hat. Immerhin lenkt das auch ein wenig von seiner kaputten Ehe mit der erfolgreichen Akademikerin Georgette (Julianne Moore wunderbar mit dänischem Akzent) ab.

Maggie und John wirken auf Anhieb wie ein "perfect match": Er sucht verzweifelt nach Aufmerksamkeit, sie nach dem Gefühl gebraucht zu werden. Zwei GroßstädterInnen auf der Suche nach etwas Zuneigung aber vor allem auch nach Selbstverwirklichung. Die Romanze ist damit vorprogrammiert, ebenso das darauf folgende Dilemma.

"Maggie's Plan" ist eine moderne Screwball Comedy. Das Genre, zu Deutsch "absurde Komödie", glänzt durch schräge Charaktere und kuriose Gegensätze, die bewusst auf Kollisionskurs gebracht werden. Regisseurin Rebecca Miller tut das aber nie übertrieben, der Film bleibt gleichzeitig auch immer ein wenig artsy. Weil neben den Komponenten Feel Good und Skurrilität vor allem immer die Smartness des Films durchschimmert.

Ethan Hawke und Greta Gerwig

Lily Harding Pictures, LLC.

John (Ethan Hawke), Maggie (Greta Gerwig)

Greta Gerwig über alles

Das beste an "Maggie's Plan" ist eigentlich Hauptdarstellin Greta Gerwig, die die höflich-schüchterne und zugleich kontrollfanatische Maggie auf eine fabelhaft unaufdringliche Weise verkörpert. Neu ist das Genre für sie keineswegs. 2010 gibt sie in Noah Baumbachs "Greenberg" die liebenswerte Protagonistin - zu ihrer Seite Ben Stiller. Gemeinsam mit Baumbach prägt Gerwig seither die moderne New Yorker Screwball Comedy. In Baumbachs Folgefilmen "Mistress America" und "Frances Ha" übernimmt sie nicht nur die Hauptrolle, sondern beteiligt sich ebenso an der Drehbucharbeit. Von Greta Gerwig darf man sich in nächster Zeit hoffentlich noch einiges erwarten.

Cameo: Bikini Kill's Kathleen Hanna

Abgerundet wird der Film durch einen exquisiten Soundtrack. Und dafür steuert niemand Geringeres als Bikini-Kill-Punkrock-Ikone Kathleen Hanna einen Song bei. Und covert mal eben Bruce Springsteens "Dancing in the Dark", eine Interpretation, die noch lange nach dem Sehen des Films im Ohr bleibt.

Dem nicht genug hat Kathleen Hanna dann sogar einen Cameo-Auftritt als Sängerin bei einer Anthropologie-Konferenz im kitschig schön verschneiten Quebec. Punk Legend meets Bobo-Winteridyll. Soviel zu den bewusst provozierten Gegensätzen der Screwball Comedy.