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Philipp L'heritier

Ocean of Sound: Rauschen im Rechner, konkrete Beats, Kraut- und Rübenfolk, von Computerwelt nach Funky Town.

31. 7. 2016 - 16:20

Versuch, die Liebe und das Leben zu designen

Der Song zum Sonntag: Jenny Hval - "Conceptual Romance"

Sex und Sexualität, Schmerz, die Idee von Religion, Obsession, die Seelenzerfurchung sind Themen, die sich prominent durch das Werk von Jenny Hval ziehen. Die norwegische Musikerin, Schriftstellerin, Journalistin, Allroundkünstlerin steigt hinab ins dunkle Herz der Welt und des eigenen Selbst. Man kann da unangenehme, böse Einsichten finden, manchmal Erlösung, manchmal Reinigung.

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  • Auch der geschätzte Wissenschafts- und Popjournalist Thomas Kramar macht sich in der Presse am Sonntag zum jeweils selben Song seine Gedanken.

Einfache Antworten gibt es nicht, keinen großen Sinn, meistens geht es halt einfach so weiter mit dem Zweifeln und der Verzweiflung und dem Nichtswissen. "Blood Bitch" wird das nächste Album von Jenny Hval heißen, die Platte wird sich also vornehmlich um Blut und dessen Ursprung drehen, es wird zudem auch um Vampire gehen, so sagt die Künstlerin.

Jenny Hval

Jenny Hval

In der zweiten Vorabsingle zur Platte klingt Hval zugänglich wie selten. In der Vergangenheit hat sie sich intensiv mit Goth, Industrial und schiefer Krach-Elektronik befasst, liebvolle Kontakte zur norwegischen Black-Metal-Szene unterhalten. So nahe wie mit dem Song "Conceputal Romance" ist sie einem verschmusten Synthie-Pop-Hit noch nicht gekommen. Es fließt, es gleitet, später dann flötet und zwitschert es gar recht putzig. Langsam, langsam schlägt das Herz.

Es ist aber natürlich nicht alles schön. "Conceptual Romance" heißt das Lied, da sieht man schon, dass hier nicht einfach bloß das Glühen und Glimmen der Liebe gefühlt und gespürt werden kann, sondern alles hinterfragt, ausgemessen und konstruiert werden muss.

Das Lied singt vom konstanten Schwebezustand, der Orientierungslosigkeit, dem schwer zu fassenden Unbehagen – in einer Beziehung, im Umgang mit sich selbst. "Conceptual romance is on my mind, I call it abstract romanticism", heißt es im Refrain, dann aber doch schließlich in einem Augenblick der puren, wundersamen Einigkeit, Umarmung, magischen Vertrautheit: "Conceptual romance – is you. It's you and I. It's you and I."

Der Song beschreibt das ewige Tanzen zwischen Wahnsinn, Selbstaufgabe, Zuneigung, Enttäuschung und der Aussicht auf Glück, in der Bridge im letzten Drittel des Stückes entdeckt Jenny Hval die Wahrheit: "What can I say? I don't know who I am. But I'm working on it. I'm working on it. I'm working on it."

Am Ende steht dann noch die Möglichkeit einer Hoffnung, vielleicht auch nur einer kurzen: "Come with me, I want to show you something – the original holy origin of the world." Man kann das sicherlich auch als sexuell konnotiert begreifen. Ein Versprechen, auf das wir uns für einen Moment einlassen wollen, am Schluss dann bleibt wieder nur Lärm.