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27. 7. 2016 - 10:26

Lernen im Grünen

In vier Wiener Parks bieten die Volkshochschulen gratis Deutschkurse an. Ein Ausflug.

Deutsch im Park - ein Projekt der Wiener Volkshochschulen

"Vor vier Monaten habe ich Oksay in meiner Heimatstadt kennengelernt": Gleich ein paar Mal rattern Matthias und die anwesenden sechs Deutschlernenden diesen Satz herunter. Es ist heiß am Hofferplatz, einer mittelgroßen Wiener Parkanlage. Von Hitzesudern aber keine Spur. Die Anwesenden sind hochkonzentriert. Wer hier Deutsch lernt, muss keine Anträge stellen, Formulare ausfüllen oder Rechnungen bezahlen. Denn "Deutsch im Park" ist ein kostenloses Projekt ohne Zutrittshürden. Der Kurs ist nicht an Vorgaben aus dem Bleiberecht, Integrationsvereinbarungen etc. gebunden: Niemand muss seinen Namen nennen, jeder kann kommen, Anmeldungen sind nicht vorgeschrieben. Dennoch sind die SchülerInnen von Matthias, der heute unterrichtet, regelmäßig hier.

Park

FM4

Der Park am Hofferplatz

Vor, über, unter, gegen

Die Parks

  • 10., Arthaberpark
  • 5., Bacherpark
  • 16., Parkanlage Hofferplatz
  • 12., Steinbauerpark

Matthias unterrichtet Deutsch auf A2-Niveau. Seine SchülerInnen können also schon das Allernotwendigste. Es geht um Präpositionen, Verbformen und schon ein bisschen detailliertere Unterhaltungen. Vier Wochen lang kann seit 2008 jeder "Deutsch im Park" besuchen, ein Projekt der Wiener Volkshochschulen. Ziel ist, einerseits niederschwelligen Zugang zum Sprachunterricht zu bieten; andererseits soll dem Thema durch die gut sichtbare Abwicklung im Park auch positive Öffentlichkeit zuteil werden, was tatsächlich gelingt: Viel Rückmeldung bekomme man, Menschen würden neugierig nachfragen, ins Gespräch einsteigen. Von unangenehmen Situationen oder gar Anfeindungen kann Matthias dagegen nicht berichten.

Deutsch im Park

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Matthias (2. v. rechts) mit Schülern

Sechs Leute, acht Sprachen

Rund um den Tisch sind heute Lernende unterschiedlichster Herkunft versammelt: aus Ungarn, Syrien, Sierra Leone und Afghanistan kommen die SchülerInnen, die jüngste Teilnehmerin ist 12. "Die Kinder tun sich leichter - aber Erwachsene haben meistens Kenntnis mehrerer Sprachen, und das ist auch ein Vorteil". Ein Schüler aus Ungarn etwa spricht Arabisch - mit seinem Sitznachbarn aus Syrien tauscht er sich zwischendurch in dessen Muttersprache aus, wenn Kleinigkeiten unklar sind.

Wenn es Herbst wird

Zu Beginn gibt es eine Einstufung, der entsprechend man je nach Sprachkenntnis einer der drei Gruppen im Park zugeteilt wird. Unterrichtet wird nach Maßgabe der Materialien für "reguläre" Kurse mit Anmeldung - also inklusive Aufgabenblätter, Lückentexten und "ganz normaler" Unterrichts-Materialien - zu denen übrigens auch der dringend notwendige Sonnenschirm gehört.

Nicht wenige TeilnehmerInnen finden sich nach Abschluss des vierwöchigen Sommerkurses im Herbst in der Volkshochschule ein, um sich für einen der "regulären" Kurse anzumelden. Matthias' SchülerInnen jedenfalls werden mit Anmeldung und Kursorganisation keine Probleme haben: innerhalb weniger Wochen haben sie sich mit Präpositionen, Verbformen und der "deutschen Fassung" der eigenen Biographie nachhaltig vertraut gemacht.