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Pia Reiser

Filmflimmern

9. 8. 2016 - 08:45

Summer of 1953

"Roman Holiday" - Als Audrey Hepburn den Busen aus der Mode brachte und die moderne, urbane Frau der 1960er Jahre vorwegnahm.

Summer of...

Summer of... - Pictures, Pop and other Postcards from the Past: Ein Blick zurück auf umwälzende Sommerereignisse, die den Lauf der Popkultur(-Industrie) nachhaltig verändert haben. Im Sommer 2016 auf FM4.

Im zugenöpften und bodenlangen Nachthemd sitzt Prinzessin Ann haarebürstend am Bett und fragt die persönliche Assistentin in Baroninform, warum sie eigentlich keinen Pyjama tragen kann. Sie würde all ihre Nachthemden und auch ihre Unterwäsche hassen und nur kurze Zeit später formiert sich die Frustration zu einem laut gebrüllten "Stop", das sie der Baronin beim Durchgehen des Plans für den kommenden Tag, entgegenbrüllt.

Audrey Hepburn in "Roman Holiday"

Paramount

Und das ist nur der Anfang einer kleinen Rebellion. Denn, es ist ein Kreuz mit der Krone: Genervt und gelangweilt von der ewigen Fremdbestimmtheit und dem höfischen Zeremoniell nimmt Audrey Hepburn als Prinzessin Ann eines Sommernachts Reißaus aus dem wohlbehüteten Dasein. „Roman Holiday“ dreht die Cinderella-Geschichte um und schickt die Monarchin mit Rebellionspotential auf die Suche nach dem „echten Leben“. Dieses echte Leben entpuppt sich glücklicherweise als ziemliches dolce vita, denn der Tross der Prinzessin macht gerade Halt in Rom. Prinz gibt es hier keinen, stattdessen Feschak Gregory Peck als amerikanischen Journalisten, dem Zynismus nicht ganz abgeneigt, aber halt doch charmant bis in die letzte pomadierte Haarspitze, der mit der jungen Frau durch die ewige Stadt tanzt.

Gregory Peck und Audrey Hepburn in "Roman Holiday"

Paramount

Nicht nur Gregory Pecks Figur - und Gregory Peck selbst - verlieben sich in Audrey Hepburn. Mit ihrer ersten großen Rolle wird die 23jährige 1953 zum Star und das obwohl - oder weil - sie so ganz und gar nicht dem damaligen von Hollywood propagierten Frauentypus entsprach. Marilyn Monroe und Liz Taylor lachen von der Leinwand und den Magazincovern. Mit Wörtern wie bombshell oder screen siren versucht man den kurvigen Tinseltown-Göttinnen gerecht zu werden. Dann kommt diese zierliche Person mit dem androgynen Körperbau, und plötzlich sehen Monroe und Taylor aus wie von gestern. Dieses Mädchen wird den Busen noch völlig aus der Mode bringen, soll Regisseur Billy Wilder gesagt haben. Hepburn mit den Caprihosen und den flachen Schuhen verkörpert einen modernen Frauentypus. Und: Sie ist nahbarer. Elegant, aber irgendwie auch bodenständig. Die charakteristische Frisur Hepburns - ein pixie cut mit kurzen Stirnfransen - stammt aus „Roman Holiday“. Die ausgebüxte Prinzessin lässt sich die Haare schneiden. Ein symbolhaltiger Befreiungsschlag. You look cool, now, modern, kann es selbst der Herr Friseur noch gar nicht fassen, was er da geschaffen hat.

Audrey Hepburn

Paramount

Mit kurzen Haaren, einer Bluse mit raufgekrempelten Ärmeln und flachen Sandalen erobert Hepburn Rom und die Herzen des Publikums. Und nicht nur optisch unterscheidet sich diese Figur von vielen anderen weiblichen Filmfiguren dieser Zeit. Der in Hollywood als Kommunist geächtete Drehbuchautor Dalton Trumbo lässt in „Roman Holiday“ schließlich die blaublütige Vernunft über das wild pochende Herz siegen. "Roman Holiday" verweigert das Happy End und Hepburn wird mit einem Oscar ausgezeichnet. Die zierliche Schauspielerin, an der das Label „Sexsymbol“ fehlplatziert wirkt, wird zur zeitlosen Stilikone.

LIFE magazine

Und nimmt mit den kurzen Haaren, der schlanken Silhouette und den einfachen Schnitten schon Anfang de 1950er Jahre vorweg, was man in den 1960er Jahren als Stil der modernen, berufstätigen, urbanen Frau feiern wird.