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Erich Möchel

Netzpolitik, Datenschutz - und Spaß am Gerät.

21. 7. 2016 - 16:27

IT-Großinvestor Peter Thiel auf Trumps Parteitag

Der kontroversielle Financier und Eigentümer der Dataminingfirma Palantir ist auch der neue Arbeitgeber der ehemaligen SPÖ-Parteisekretärin Laura Rudas.

Seit den 1990er Jahren zählt das Establishment im Silicon Valley zu den treuesten Unterstützern demokratischer Präsidentschaftskandidaten in den USA. Innovationen, Start-Up-Gründungen und "Entrepreneurship" an der "Electronic Frontier" passen nun einmal nicht zu konservativem Gedankengut, so das unausgesprochene Credo. Bei allen Wahlen hatten sich die IT-Unternehmer und deren Financiers seither mehr oder weniger offen auf die Seite demokratischer Präsidentschaftskandidaten gestellt.

Nicht so der ehemalige CEO und Mitgründer von Paypal, Peter Thіel, einer der ersten Risikokapitalgeber von Mark Zuckerbergs Facebook-Projekt im Jahr 2004. Thiel unterstützt nicht nur Donald Trump, sondern ließ sich sogar als Delegierter für den republikanischen Parteitag aufstellen, der am Montag in Cleveland begonnen hat. Davor hatte Thiel bereits den Präsidentschaftskandidaten Ron Paul unterstützt, einen libertären Außenseiter in der republikanischen Partei.

Ihre Ideologie haben sich die "Libertarians" von der sogenannten "Österreichischen Schule" der Ökonomie ausgeborgt, also vom Wiener Kreis um Friedrich von Hayek und Ludwig von Mises der 1920er Jahre. Praktiziert wird eine Art von radikalem wirtschaftlichen "Neoliberalismus", bei dem Mitarbeiter nur "Ressourcen" sind. Zu diesen zählt seit 2015 auch die ehemalige SPÖ-Sekretärin Laura Rudas, die bei Thiels Dataminingfirma Palantir beschäftigt ist.

"Business Intelligence"

Peter Thiel

CC BY-SA 2.0, Dan Taylor on Flickr

CC BY 2.0 Peter Thiel im März 2014 in Berlin

Thiels Start-Up Palantir ist auf die Analyse und Auswertung von massiven Datensätzen spezialisiert, aus denen "Business Intelligence" extrahiert wird. Angeblich stellt die Firma ihre Softwaresuite auch für "philanthropische", wissenschaftliche und experimentelle Zwecke NGOs und Forschern zur Verfügung. Eine Anfrage von ORF.at zum möglichen Einsatz der Palantir-Suite im investigativen Journalismus blieb bis zum Redaktionsschluss ebenso unbeantwortet wie Fragen zur Rolle von Laura Rudas bei Palantir.

Primäre Kunden der Firma sind Großkonzerne, die über entsprechend große Datensätze verfügen, in denen die Geschäftsführung nach "Business Intelligence" fahnden möchte: "Hidden Assets" - also versteckte Schätze - Daten zur möglichen Optimierung von Finanztransaktionen, oder Leistungskraft der "Workforce" natürlich von Umsätzen her berechnet. Das zweite große Kundensegment von Palantir aber sind staatliche Stellen, die ebenfalls Terabytes verwalten, dazu gehört der gesamte Polizei- und Geheimdienstkomplex der USA.

"Unstrukturierte Daten, Signalanalyse"

"Mitarbeiter von Geheimdiensten müssen intuitive Erkenntnisse aus massiven Datensätzen - von Daten aus der Signalanalyse bis hin zu unstrukturierten Daten - ziehen können. Die Rohdaten müssen mit analytischen Erkenntnissen angereichert werden" heißt es im Prospekt der Firma. "Datenquellen aus großen Unternehmen" könnten so mit unstrukturiertem Datenverkehr in den Netzwerken wie auch "strukturierten E-Mail- und Telefoniedaten, Excel-Tabellen und vielem mehr abgeglichen werden, ohne dass eine spezialisierte Syntax zur Suche nötig" sei, heißt es weiter.

Die Software von Palantir kann also mehr als sämtliche Datenbankformate miteinander abgleichen, um Verbindungen, Zusammenhänge und Abhängigkeiten darzustellen, sondern auch "unstrukturierte Daten" einbeziehen. Typische Beispiele dafür sind Transkripte von Telefonaten oder Videokonferenzen. Es handelt sich also um eine fortgeschrittene Analyseѕoftware, die geeignet sein könnte, das ebenso berüchtigte wie angejahrte NSA-Tool XKEYSCORE zu ersetzen. Auch damit werden heterogene zusammen mit strukturuierten Datensätzen verarbeitet, die NSA-Suite ist nur wesentlich älter, offenbar weniger treffsicherer und schwieriger zu handhaben als "Gotham" oder "Metropolis", die Produkte von Palantir.

"Beirat für Privatsphäre und bürgerliche Freiheiten"

Laura Rudas

APA/HERBERT PFARRHOFER

Ex-SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas im Februar 2014 im Parlament in Wien

Neben Laura Rudas, einer in den USA kaum bekannten Ex-Parteisekretärin der österreichischen Sozialdemokraten, hat Thiel aber auch wirklich Prominente eingekauft. Palantir hält sich nämlich einen "Beirat für Privatsphäre und bürgerliche Freiheiten", dem sehr bekannte US-Akademiker aus dem liberalen Lager angehören. Die Rechtsprofessoren Susan Freiwald (University of San Francisco) Jeffrey Rosen und Daniel Solove (beide George Washington University) sind wie Chris Hoofnagle (Berkeley, Law & Technology Information Privacy Program) oder Daniel Weitzner (MIT) prominente Verfechter digitaler Bürgerrechte.

Bei Klagen gegen staatliche Überwachung werden sie regelmäßig beigezogen. Dieser Privatsphärenbeirat hat denn auch bloßes Anhörungsrecht, mit den tatsächlichen Entscheidungen der Firma hätten die genannten Personen nichts zu tun und könnten daher auch für nichts verantwortlich gemacht werden, heißt es dazu seitens der Firma Palantir.

Silicon Valley protestiert

Nachdem Thiels Engagement für Donald Trump bekannt wurde, protestierte praktisch das gesamte restliche Silicon Valley. Von Internet-Pionier Vint Cerf über die CEOs von Start-Ups wie Flickr, Reddit, oder Twitter bis zu Steve Wozniak, dem Mitgründer von Apple, wurde gegen eine Vereinnahmung der IT-Wirtschaft durch die rechten Populisten rund um Trump protestiert. Auf dem Parteitag selbst, der Donald Trump zum offiziellen Kandidaten der Republikaner wählte, fehlen mit George W. Bush und seinem Vater George Bush nicht nur die beiden letzten republikanischen Präsidenten.

Auch Hausherr John Kasich, der republikanische Gouverneur des US-Bundesstaats Ohio, wird auf der Konvention seiner eigenen Partei nicht auftreten, das wird als besonderer Affront gegen Trump gesehen. Trump wird vom Konservativen Establishment ähnlich wie in Europa als rechter Agitator und neureicher Schreihals angesehen. Nur eben nicht von Peter Thiel, der sich als Delegierter aufstellen ließ.

Thiel gegen "Abschaum des Netzes"

Thiel war wenige Monate davor bereits in den Schlagzeilen gewesen, denn da hatte er die Klatsch- und Tratsch-Site Gawker und einen ihrer Gründer mit einem Schlag vor den Konkursrichter gebracht. Nick Denton, der Gründer von Gawker Media LLC steht vor dem Bankrott wie auch sein gesamtes Imperium. Der legendäre Wrestler Hulk Hogan hatte Gawker wegen Verletzung seiner Privatsphäre geklagt, nachdem die Website ein heimlich gedrehtes Video veröffentlicht hatte, das Hogan beim Sex mit der Gattin seines besten Freundes zeigt.

Hulk Hogan

Public Domain

Hulk Hogan

Thiel hatte nämlich Hogans Klage mit einer hohen Dollarsumme unterstützt, die dazu führte, dass Gawker sofort Konkurs anmelden musste, nun ist auch der Gründer von Bankrott bedroht. Denton erhob denn auch ein heftiges Gezeter über die bedrohte Pressefreiheit in den USA und pochte auf die "Wichtigkeit freier und kritischer Berichterstattung in den USA". Damit hat Gawker Media freilich nicht das Geringste zu tun, es ist eine Klatsch-, Tratsch-, Promi-, und Sexpostille der untersten Kategorie, die der kontroversielle Draufschläger vom Dienst des Chaos Computer Clubs, Felix von Leitner, treffsicher als "Abschaum des Netzes" beschrieben hat.

Korruption als Tradition der Sozialdemokratie

Gawker hatte Thiel Jahre davor als homosexuell geoutet und obwohl der daraus nie ein Geheimnis gemacht hatte, ist Thiel nun drauf und dran, Gawker den Garaus zu machen. Nicht wenige Beobachter des Revolverjournalismus in den "Yellow Media" des Internets subsummieren das unter die "philantropischen Aktivitäten", mit denen sich das Thiel-Imperium gern wichtig macht.

Was die Tätigkeit einer Ex-Parteimanagerin der SPÖ für eine Servicefirma von CIA und NSA betrifft, so ist Laura Rudas nur anderen sozialdemokratischen Funktionären wie Alfred Gusenbauer oder Gerhard Schröder nachgefolgt. Die beiden Ex-Bundeskanzler beraten bekanntlich vorwiegend asiatische Despoten, wobei ein Kriterium der Engagments zu sein scheint, dass die betreffenden Kunden Staaten autokratisch regieren, die in der Liste der Folterstaaten von Amnesty International jeweils ganz oben stehen.