Erstellt am: 19. 7. 2016 - 15:55 Uhr
The daily Blumenau. Tuesday Edition, 19-07-16.
#fußballjournal16
The daily blumenau hat im Oktober 2013 die langjährige Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.
Nach der Euro ist zwar vor der WM-Quali und vor der nächsten Liga-Saison und überhaupt, es ist aber auch wieder Zeit fürs richtige Leben.
WENN die hochgepimpte Bundesliga-Präsentation, eine dieser Presse-Events, bei denen große Teile der Medienvertreter klatschen, wenn Gäste die Bühne betreten und so ihr Selbstverständnis als belobhudelnde Partner zum Ausdruck bringen (man stelle sich eine PK zur Vorstellung neuer Minister, CEOs oder Museumsdirektorinnen vor, bei denen die Journalisten brav paschen...), wenn die Saisonauftakt-Pressekonferenz also mit Vertretern von allen Vereinen außer jenen des Titelträgers stattfindet, dann liegt der erste kritische Reflex ganz nahe: amateurhaft, typisch österreichisch.
ERST der zweite Blick zeigt: es gibt in den zehn Tagen vor Liga-Start keinen einzigen, an dem nicht irgendeine oder gar mehrere Team-Vertreter nicht gekonnt hätten. Euro-League, erste Cup-Runde, Stadioneröffnung, Champions League-Quali... Nur acht Tage nach dem Euro-Finale ist der stinknormale Fußball-Betrieb bereits wieder in seiner Tretmühle angekommen. Die Admira musste gar schon vor dem Viertelfinale in ihre ersten europäischen Einsätze stapfen; von einem Kaltstart kann niemand sprechen.
SO war also Red Bull Salzburg nur per Aufzeichnung präsent bei der Saison-Präsentation. Und das war angesichts der Tatsache, dass sowohl die Statements von Trainer Oscar als auch die von Kapitän Soriano zwar ein sprachlich schöner Tupfer, aber inhaltlich (nicht nur wegen der Barrieren) völlig obsolet waren, dann auch sehr egal. Es ging sowieso nicht um Aus- oder Ansagen der Vereine, die sich allesamt vorsichtig zurück- und bedeckt halten.
WIEWOHL einige Vertreter ihre Abgespanntheit nicht überspielen konnten. Interessanterweise waren es die drei (vergleichsweise) neuen deutschen Trainer, die sich allesamt (unforced) zu einer subkutan deutlich spürbaren Pampigkeit hinreißen ließen. Das war vor allem im direkten Vergleich zum diesbezüglich erfahrenen Foda (der einiges sprach, aber - wie immer - nichts sagte) aber auch im Vergleich zum kommunikativ hochbegabten Oliver Lederer (der jede Lücke sofort erkannte und verbal schloss) sichtbar. Das was Thorsten Fink an Dünnhäutigkeit im Frühjahr vorgab, wurde von Bennebeck und Büskens (ohne Not) aufgegriffen und fortgesetzt. Nun ist eine offensive Abwehr/Block-Haltung immer eine Einladung für vermehrte Ärgernisse.
APA/HERBERT NEUBAUER
WELCHE Laus Fink über die Leber gelaufen war, war klar. Toni "Kantine" Polster und respektive sein Sprach-Generator Wolfgang Ruiner hatten der Austria in der Saison-Preview im vormaligen Faymann-Blatt ordentlich eingeschenkt. Der SV Ried wird nach mehreren wohl furchtbar verlaufenen Testspielen von ihren Core-Fans ein langer schwerer Abstiegskampf vorhergesagt. Und Büskens war gerade über den Hofmann-Ausfall informiert worden.
Dabei sieht es auf den jeweiligen Spielfeldern vor dem Ligastart eigentlich ganz gut aus.
RAPID hat sich unter Büskens schnell vom alten Barisic-Modus (Formationen, die gar nicht gut ineinandergreifen, unflexible Grundausrichtung) verabschiedet und im Spiel gegen Chelsea gezeigt, dass die Lektionen aus der Euro auch in Österreich umsetzbar sind: guter Aufbau aus einer Teilzeit-Dreier-Abwehr, gutes Ineinandergreifen in einem offensiven 4-2-4, mit Hofmann (und später Schaub) fast direkt neben der eigentlichen Spitze.
FINK setzt nach anfänglichen Versuchen in der Vorsaison jetzt auf ein noch deutlicheres 4-3-3 samt offensiven Außenverteidiger, in dem der vorderste Mittelfeldspieler durch die zentrale Rolle von Holzhauser (der auch zweiter Kapitän hinter Almer ist, und auf dem Platz eine kaiserliche Machtfülle genießt, die in Österreich wohl einzigartig ist) zusätzlich freigespielt wird.
AUCH Oscar hat Salzburg wieder leicht justiert: was letztens wie ein 4-3-3 daherkam, ist einem verschliffenen 4-2-2-2 gewichen. Bernardo scheint als Sechser fix, er kriegt einen Achter zur Seite gestellt, davor zwei Halbraumspieler (Lazaro, Minamino, Berisha sind halt keine echten Flügel...) und zwei Spitzen. Wenn Jonathan Soriano fit und fix bleibt, wird es diesmal aber wirklich klappen, wenn nicht, dann droht noch im August der Rückbau.
LEDERER hat seine Admira längst soweit, dass sie zwischen etwa drei grundlegenden Spielsystemen frei wählen (und superschnell umschalten) kann, auch weil jeder Spieler zumindest zwei Positionen beherrscht (alte Ajax-Schule, und wird trotz Restl-Verwertungs-Zwang noch viele höher Eingeschätzte ärgern können).
STURM Graz wird auch diese Saison mit Fodas laschem flachen 4-4-2 überleben müssen, und die fünf Vereine aus dem Tabellen-Parterre werde ich erst am Wochenende sehen. Altachs Canadi spricht von einem notwendigen Umbau und deutet eine Übergangssaison an, Pfeifenbergers WAC verlässt sich auf seine guten Transfers, Daxbacher stapelt tief und will die in den letzten Jahren institutionalisierte Rolle des Aufsteigers als Aufmischer nicht annehmen. Ivo Vastic sieht dafür, dass er als neuen Co-Trainer angeblich schon seinen Ersatzmann aufgedrückt bekommen hat, der dann auch gleich an der Systemumstellung beteiligt war, ziemlich locker aus. Klassische Normalität, vor allem im Vergleich zu den oben erwähnten drei Kollegen, denen die Anspannung körperlich anzusehen ist.
APA/HERBERT NEUBAUER
DIESE Verlässlichkeit spiegelt sich dann auch im Umfeld wieder. Die Liga-Verantwortlichen (Präsident Rinner und Geschäftsführer Ebenbauer, der hier in einem 90minuten.at-Interview die wirklich relevanten aktuellen Fragen bespricht) haben ihre Reform durchgekriegt, ihre Rasenheizungen komplett, ihren Webauftritt erneuert, die Wiener Stadien auf Schiene, das letztjährige Zuschauertief damit quasi schon überwunden, sind mit der aktuellen Transferlage (zurecht) zufrieden, haben das mit der Ausbildungsliga verinnerlicht und müssen jetzt nur noch auf gute Europacup-Leistungen hoffen.
EINZIG der Termin für die Präsentation, der am Freitag startenden, heiß erwarteten, weil glücklicherweise vorletzten Saison der Ersten Liga, dieses ungeliebten, untergewichtigen Kindes, ist ein richtiger Griff ins Klo: er ist für heute am späten Nachmittag angesetzt, zeitgleich zum Salzburger Auftritt in Liepāja. Damit auch sicher niemand Zeit hat, der sich wirklich für Fußball interessiert. Auch das steht für Normalität und Verlässlichkeit. "Schreiben Sie den österreichischen Fußball bitte so, wie er ist", beschwört der Präsident die "wichtigsten Player", die Journalisten, "Er ist besser als wie er teilweise kommuniziert wird." Ja. Und Nein.