Erstellt am: 17. 7. 2016 - 17:00 Uhr
Die Verkaufsshow für den F-35-Jet hat begonnen
Mit der diesjährigen Farnborough Air Show, die traditionsgemäß auf dem gleichnamigen Militärflughafen südöstlich von London in der zweiten Juliwoche über die Bühne ging, hat auch die Verkaufsshow für den neuen F-35-Jet von Lockheed Martin begonnen. Fünf Exemplare hatten davor die ersten Transatlantikflüge des Jets absolviert und waren nicht nur auf der Messe, sondern auch bei den Flugvorführungen zu sehen. Einer der Höhepunkte war jedenfalls die vertikale Landung einer F-35B, denn diese Version des Universaljets kann dieses schwierige Manöver durchführen, das bis dahin allein den mittlerweile angejahrten "Sea Harrier" der British Royal Air Force vorbehalten war.
Als engster Verbündeter der USA wird Großbritannien denn auch das erste Land sein, an das eine noch nicht näher bekannte Anzahl der F-35 Lightning ausgeliefert werden wird. Das von Lockheed Martin seit 2001 entwickelte Fluggerät soll nicht nur die riesige Flotte der veralteten F-16, sondern gleich drei weitere Standardjets der US Air Force ersetzen. Die F-35 wird nämlich in drei Versionen ausgeliefert, die unterschiedlicher nicht sein könnten.
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"Folgen Sie dem EADS-Konzept"
Lockheed Martin folgte dabei einem Konzept, das vom europäischen EADS-Konzern entwickelt wurde. Der Eurofighter war immer schon für alle möglichen Zwecke adaptierbar und kann sowohl als Jagdbomber wie auch zur reinen Luftraumüberwachung wie in Österreich eingesetzt werden. Für Letzteres ist die F-35 als reines Kriegsgerät kaum geeignet, denn für Aufgaben wie das Abdrängen verirrter ziviler Flieger oder die Durchführung von Patrouillenflügen ist der Jet in jeder Hinsicht überdimensioniert.
Die Version F-35A erfüllt im Wesentlichen alle Aufgaben, die bis jetzt den F-16 zufielen, von mehr als 2.000 dieser Jets aus frühen Produktionszeiten wurde dіe Hälfte von der US Air Force inzwischen außer Dienst gestellt oder verschrottet, 500 später produzierte Exemplare wurden vorläufig eingemottet. Diese F-16 werden generalüberholt und voraussichtlich an entferntere Verbündete verkauft, die nicht mit den neuesten Hi-Tech-Jets beliefert werden, bzw. diese gar nicht brauchen können. Für die im 21. Jahrhundert übliche, asymmetrische Kriegsführung gegen Aufständische und Rebellen, die über keine Luftwaffe verfügen, taugen die F-16 nämlich noch allemal.
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Das "Joint Strike Fighter"-Programm
Alle drei Versionen sind aus dem "Joint Strike Fighter"-Programm hervorgegangen, den Auftrag hatte Lockheed Martin bereits 2001 erhalten. Ziel des Programms war es, einen Kampfjet zu entwickeln, auf dessen Basis drei Versionen mit drei sehr unterschiedlichen Funktionalitäten gebaut werden können. Dafür holte man die britische BAE Systems und Northrop Grumman mit an Bord sowie Pratt and Whitney für die Turbinen, von den ursprünglich am Projekt beteiligten elf Staaten blieben am Ende neun. Der Erstflug eines Protoyps fand bereits 2006 statt, die erste vertikale Landung ging im März 2010 auf einer Grundfläche von nur 90 Quadratmetern sozusagen über die Bühne, ein Jahr später landete ein F-35B-Prototyp auf dem Flugzeugträger USS Wasp.
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Vom Verschwinden der Luftkämpfe
Ebensogut dokumentiert ist die riesige Flotte der F-16, von der Hunderte Exemplare rund um die Welt noch lange im Einsatz bleiben werden.
Dabei ist die Version F-35B gar nicht für den Einsatz auf See gedacht, denn dafür wurde die F-35C konstruiert, die mit Fanghaken und Schleppseil von Flugzeugträgern starten und dort auch wieder landen kann. Die einstmals wichtigen Luftkampffähigkeiten sind schon deshalb in den Hintergrund gerückt, weil es seit dem Zweiten Weltkrieg so gut wie keine Luftkämpfe mehr gab. Die F-16 wiederum stammen aus der Zeit vor dem Zusammenbruch des Warschauer Pakts, sie wurden also für eine Bedrohung angeschafft, die seit 1989 nicht mehr existiert. Nun wird diese Riesenflotte systematisch demontiert, 176 F-16 wurden weiterverkauft, weiter 77 sollen in der Pilotenausbildung eingesetzt werden.
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3.000 Stück sind angepeilt
In den Militärbudgets der letzten 15 Jahre hatten unbemannte Flieger die Lufthoheit errungen. Auch EU-weit wurden ausschließlich Drohnen in Dienst gestellt.
Die Ausbildung an den alten F-16 findet freilich nur noch auf dem Boden statt, denn mit der sogenannten "Airworthyness" ist es nun bald vorbei. Auch Belgien, die Niederlande und Singapur haben bis zu zwei Drittel ihrer F-16 außer Dienst gestellt, ein Teil dieser Flieger tut bereits seit Jahren in Chile und Thailand seinen Dienst. Zur Amortisierung der horrenden Entwicklungskosten, für die es - wie in Militärkreisen üblich - keine absoluten Zahlen gibt, müssen um die 3.000 F-35 abgesetzt werden, schätzen Analysten. Das ist eine stolze Zahl von Kampfjets, für die natürlich Triebwerke zugeliefert werden müssen. Der Auftrag für die erste Tranche im Wert von zwei Milliarden Dollar ging an die britischen Turbinenbauer Pratt and Whitney.
Kampfpreis 80 Millionen Dollar pro Jet
Auch die vom Pentagon zuletzt vergebenen Aufträge zeigen dieselbe Linie. Geld gab es vor allem für Sensortechnologien und die damit bestückten Drohnen.
Wie Anfang Juli bekannt wurde, sollen 100 Triebwerke ab 2017 geliefert werden, um die weiteren Tranchen ist ein großes Gerangel ausgebrochen: Wie alle Komponenten in der Luftfahrtindustrie kosten auch die Triebwerke Unsummen an Geld. Hinter so üppig dimensionierten Aufträgen sind auch andere Rüstungskonzerne her, General Dynamics hat mit seinem neuentwickelten ADVENT-Verfahren ("Adaptive Versatile Engine Technology") bereits 2015 als möglicher Folgelieferant aufgezeigt. Laut eigenen Angaben konnten mit dem ADVENT-Verfahren die bis dato höchste Kompression und Turbinenentemperatur erreicht werden, bei Lockheed Martin ist man über den Wettbewerb sehr erfreut.
Die dadurch erwartete Kostensenkung soll nämlich den Anschaffungspreis für den neuen Universaljet auf 80 Millionen Dollar pro Stück drücken, was immer noch gut 72 Millionen Euro entspricht. Die Reichweite pro Tank bei voller Bombenlast soll dann 600 nautische Meilen betragen, das sind umgerechnet 1.111 Kilometer. Werden stattdessen Zusatztanks montiert, sind nnatürlich wesentlich höhere Reichweiten zu erzielen. Ob ein solcher Endpreis zu erzielen ist, steht inѕofern in den Sternen, weil der Preis von der verkauften Stückzahl abhängt, auf die sich die enormen Entwicklungskosten verteilen.
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Der Eurofighter von EADS schlägt bei 600 ausgelieferten Exemplaren derzeit mit 126 Millionen Euro zu Buche, ist also fast doppelt so teuer, wie die 72 Mio von Lockheed Martin für die F-35. Der zweite, große Konkurrent ist die McDonnell Douglas F-18 Super Hornet, die mit 110 Millionen Euro allerdings ebenfalls deutlich teurer ist. Dieser bereits seit 1978 entwickelte Kampfjet verkauft sich ansonsten auch weiterhin sehr gut, erst im Februar bestellte die US Navy weitere 64 Stück der Super Hornet.
Die Konkurrenz der Eurofighter und F-18 Super Hornets wird es angesichts des Kampfpreises für die F-35 in Zukunft schwer haben, genügend Jets abzusetzen.
Ausblick auf kommende Schwachstellen
Die 3.000 F-35, die abgesetzt werden sollen, entsprechen einer riesigen Flotte aus allen je gebauten F-16 und Eurofighter zusammen. Ob derart viele Jets angesichts der immer stärker ausgeprägten asymmetrischen Kriegsführung in allen Konflikten rund um die Welt überhaupt noch gebraucht werden, ist nämlich ebenso ungewiss, wie verborgene Schwachstellen der F-35. Die muss es bei einem so komplexen Projekt einfach geben und angesichts der begrenzten Anzahl von Flugstunden ist über die Schwachpunkte des neuen Jets eben noch sehr wenig bekannt. Bis jetzt wurde genau eine identifiziert, die allerdings für Leben oder Tod des Piloten entscheidend ist. Wer weniger als 65 Kilo wiegt, sollte die Maschine lieber nicht fliegen, da Leichtgewichten beim Ausstieg mit dem Schleudersitz ein Genickbruch droht.
Was die "conditio humana" sagt
Beim Tod von Menschen kommt schlussendlich die vielzitierte "conditio humana" - die Natur des Menschen - ins böse Zusammenspiel von Politik und Militär, Krieg und Frieden, Toten und Überlebenden. Die "conditio humana" sagt schlicht: Ein neues Kriegsgerät wird in Dienst gestellt, um möglichst viele Menschen effizient und kostengünstig umzubringen. Gründe, diese Technologie zu bewundern, gibt es deswegen nicht.