Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Alle Jahre wieder: Colours Of Ostrava Festival"

Susi Ondrušová

Preview / Review

15. 7. 2016 - 12:58

Alle Jahre wieder: Colours Of Ostrava Festival

Der Auftakt des viertägigen Festivals mit Slowdive, Tame Impala und M83.

FM4 Festivalradio

Die besten Open-Air-Konzerte, die schönsten Live-Gigs. So schaut dein Musiksommer aus.

Wer statt Flug- und Kornfeldern lieber ein Festival mit Stahl und Asphalt hat und auch die Nahversorgung einer knapp 300.000 Einwohner_innen umfassenden Stadt nicht missen will, ist hier richtig.

Colours Of Ostrava

„Ostrava lebt“ ist das Motto der drittgrößten Stadt in Tschechien, das erzählt mir die Dame am busy Ticketschalter, als ich ihr - meinem unfreiwilligen Anekdoten-Opfer - erzähle, dass wir so spät dran sind für die erste Wunsch-Band, weil wir für eine eigentlich 3-stündige Autofahrt staubedingt sechs Stunden gebraucht haben.

Die Stimmung am ersten Festivaltag ist immer aufgeregt und aufregend. Vor allem für die, die Programmzeiten nicht lesen können und glauben, man erwischt nun vielleicht, hoffentlich die letzten Minuten von Tame Impala, nur um rauszufinden, dass die Band der Stunde überhaupt erst anfangen wird, als wir uns mit einem Getränk gewappnet in die Reihe mit der bestmöglichen Chance auf gute Akustik und Sicht platzieren.

Matyas Theuer/Colours Of Ostrava

Matyas Theuer/Colours Of Ostrava

Das nenn ich Timing. Das ist aber schon das einzige, was meine müden Reisebegleiter freut. Nach den ersten zwei Songs von Tame Impala fangen meine Freunde an sich an Negativ-Kommentaren zu überbieten. „Like a shite version of Flaming Lips“ ist noch das harmloseste. Also das tun, was man als Fan tun muss: Sie in die Wüste schicken und den Kampf in die vordere Tanz-Zone wagen. Nein, man lässt sich das Konzert nicht mit Theorien vermiesen, ob Kevin Parker ausschaut wie der Bassist aus Spinal Tap. Ab der Konfetti-Kanone im groovy Mittelteil von „Let It Happen“ haben sie mich schon überzeugt.

Matyas Theuer/Colours Of Ostrava

Die Wüste, in die meine Festivalbegleiter während dem Set von Tame Impala abwandern, ist übrigens das Areal der Witkowitzer Eisenwerke. Hochöfen und die „Eisengießerei-Kokerei“ wurden vor 14 Jahren zum nationalen Kulturdenkmal erklärt. 16 Bühnen gibt es hier, die während des Festivals bespielt werden, sechs davon Open Air. Die durchschnittlich 40.000 Besucherinnen können sich über 100 Acts anschauen. Nationale und internationale. Der Festivalname soll auf die „Buntheit“ des musikalischen Programms hinweisen. Neben heimischen Bands, kommen die internationalen Gäste aus aller Welt. Ob aus dem Kongo, Island, Polen oder eben Australien.

Matyas Theuer/Colours Of Ostrava

Während ich mit Schal, Winterhaube und zwei Pullovern vor der Bühne stehe, tänzelt ein barfüßiger Kevin Parker auf der Hauptbühne und erfreut sich an den ersten Reihen, die ihm seine Songtexte laut entgegensingen. Er hat schon mal eines richtig gemacht, was viele Bands im Festivalsommer-Fieber vergessen: den richtigen Ortsnamen bei seiner Begrüßung erwähnt! Ich bin der festen Überzeugung: Hätte er ein „Ahoj“ statt „Hello“ dazugesagt, hätte er am Merchstand alles ausverkauft, was die Band mitgebracht hat. So etwas wird hier immer besonders geschätzt.

In seinem Versuch beim ersten Auftritt seiner Band in Tschechien alles gut zu machen, hat er sich bei der neuen kurzen Länderbezeichung (Czechia) allerdings versprochen und etwas kläglich Ähnliches wie Tschetch(n)ia gesagt. „Oh nooo! We got the wrong intel!“ und die Menge grölt und klatscht. Warten auf den nächsten Konfetti Kanonen Einschlag. Im Publikum – welch glücklicher Zufall – platziere ich mich neben einer Traube australischer Expats, mit denen man weiterschwärmen kann über diesen gelungenen Auftritt und dass Austria und Australia auch nur zwei Buchstaben trennt.

Jaroslav Holaň/Colours of Ostrava

Rachel Goswell von Slowdive. Am 25.Oktober kommt sie mit ihrem "Seitenprojekt" Minor Victories in die Ottakringer Brauerei nach Wien.

Musikalisches Kontrastprogramm bietet dann der Auftritt von Slowdive. Um mich an meiner Festivalbegleitung zu rächen, beschließe ich, dass jedes Lied gleich klingt und wundere mich laut, warum die Setlist so einfallslos ist und aus nur einem Lied besteht. Die wohlwollenden Gitarren lassen mich allerdings verstummen. Ein Auftritt zum Sich-fallen-lassen. Nur nicht in eine der zahlreichen Regenpfützen, die sich hier am Gelände im Laufe des verregneten Vormittages angesammelt haben.

Jaroslav Holaň/Colours of Ostrava

Dance like nobody's watching ist dann beim Auftritt von M83 angesagt. Musikalische sexyness mit Saxophon. Anthony Gonzalez versteckt sich mit seinem vermummten Hoodie hinter seinen Synths während sein Kollege an der Gitarre als Animator dient und den Laufsteg der Hauptbühne nutzt um den Takt zum Klatschen anzugeben.

Man kann sich schon mal auf ein herrliches Rave-Fest freuen, wenn M83 dann auf dem FM4 Frequency Festival auftreten. Eine Festivalbesucherin erklärt mir nach dem Konzert, dass sie das Festival wegen der kollektiven Euphorie-Erfahrung besucht. Wegen der Sehnsucht nach etwas Neuem und Aufregendem. Auch diesen Satz kann ich mit einer Umarmung unterschreiben.

Colours Of Ostrava

M83 werden im August auf dem FM4 Frequency Festival auftreten.