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Todor Ovtcharov

Der Low-Life Experte

13. 7. 2016 - 13:30

Spielende Frisuren

Kuriose Frisuren haben bei der Euro 2016 eine wichtige Rolle gespielt. Das wirkt sich auch auf die Fans und den Frisörberuf aus.

Mit Akzent

Die unaussprechliche Welt des Todor Ovtcharov und sein satirischer Blick auf das Zeitgeschehen - jeden Mittwoch in FM4 Connected und als Podcast.

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Es gab mal eine Zeit, als Monarchen die Mode bestimmt haben. Wenn ihr euch die Bärte der österreichischen Beamten und Offiziere der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts anschaut, werdet ihr sehen, dass sie alle eine genaue Kopie von Kaiser Franz Josefs Bart sind.

Bis vor einigen Jahren wollten alle wie Hollywoodschauspieler aussehen. In den 90er Jahren zum Beispiel haben sich unglaublich viele Männer die Schädel wie Bruce Willis kahl geschoren. Heute bestimmen Fußballer das Aussehen junger Männer.

Ronaldo und Bale

APA/AFP/MARTIN BUREAU

Cristiano Ronaldo und Gareth Bale

Ich gebe zu, dass ich in den letzten 20 Jahren nicht beim Frisör war. Als ich mit meinen Eltern in Berlin lebte, hatten sie kein Geld für einen Frisör und meine Mutter schnitt meine Haare zu Hause. Danach haben mich meine Mitschüler gefragt, ob ich vielleicht nicht zufällig unter den Rasenmäher geraten war. Damals waren “The Prodigy” an der Spitze der Charts und ich behauptete, dass mein Haarschnitt von denen inspiriert sei.

Seitdem schneide ich mir die Haare immer daheim. Meine Mutter, mein Vater und mein Bruder hatten immer die Ehre mir die Haare zu schneiden. Mein Bruder zum Beispiel war mir wahrscheinlich einmal böse und wollte sich irgendwie an mir rächen. Er schnitt meine Haare so, dass ich danach monatelang wie ein Franziskanermönch ausgeschaut habe.

Ich bin vielleicht die Person in Europa, die am wenigstens auf ihre Haare schaut. Ich habe mir in Bulgarien eine Schneidemaschine gekauft und jetzt schneidet meine liebe M meine Haare. Die Maschine ist ganz schlecht und M zieht immer an meinen Haaren. Man hört meine Schreie sicher im gesamten Bezirk.

Ich denke darüber nach, als ich mir die Haarschnitte der Fußballspieler der Euro 2016 anschaue. Seit David Beckham haben sich die Fußballer in Stilikonen verwandelt. Ich glaube, dass es vielen von denen Leid tut, dass sie nicht zwei paar Häute haben, da ihre Tattoos kaum auf ihre Körper passen. Ich frage mich wie sie überhaupt Zeit zum Trainieren finden mit den ganz Frisör- und Tattookünstler-Terminen.

Ich habe manchmal den Eindruck, dass Cristiano Ronaldo seinen Haarschnitt jede Halbzeit ändert. Die heutigen Fußballer schauen mehr auf ihr Aussehen als ihre Freundinnen, die immerhin oft Supermodels sind. Die Fußballer sind jung, reich und schön. Sie brauchen nicht mal sprechen zu können. Ihre Beine, ihr Haarschnitt und ihre Tattoos reichen vollkommen aus.

In meinem Bezirk gibt es viele Frisörläden. Die Frisöre sind fast nur Männer und die meisten Jugendlichen aus dem 12. Bezirk ähneln sehr ihren Fußballidolen. Mit der Kreativität der Fußballer und ihrer Stylisten werden auch die Frisöre in Wien nicht arbeitslos. Von Wien bis nach Stockholm blüht der Frisörberuf auf.

Ich bin mir sicher, dass die Frisöre fleißig Fußball schauen, denn sie müssen ja bereit sein ihre Kunden mit dem neusten Trend zu versorgen. Die EM hat die Renaissance der blöden Frisuren gebracht. Bin gespannt, wie es bei der nächsten WM sein wird.