Erstellt am: 9. 7. 2016 - 17:29 Uhr
The daily Blumenau. EM-Journal '16-73, 09-07-16.
The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.
Das ist ein Eintrag ins EM-Journal '16, da ist die Klick-Übersicht.
Das war das erste, kleine Semifinale zwischen Portugal und Wales, das das zweite, große von Deutschland und Frankreich.
Das ist der Reality Check der Euro-Preview und das ist die Analyse des Erfolgs des demokratischen Europa.
Das waren die Viertelfinals: Polen gegen Portugal, dann Wales - Belgien und das Drama von Deutschland gegen Italien und Frankreich - Island
Das war die grundsätzliche System-Analyse nach dem Achtelfinale, das die Einschätzung der Auswirkungen des aktuellen Nationalismus.
Das waren die Achtelfinals: Schweiz - Polen. dann Wales - Nordirland und schließlich Kroatien gegen Portugal, der Sieg von Frankreich gegen Irland weiters Deutschland vs Slowakei und Ungarn - Beglien sowie schließlich Italien vs Spanien und England - Island
Das war das Aus von Österreich in Runde 3 und das die selbstkritische Schuldfrage.
Das war der Rasierklingen-Tanz von Österreich gegen Portugal, so sieht es in der Nachlese aus. Das war Österreich vs Ungarn und das ist die Analyse dazu.
Das ist die Bilanz der Vorunde.
Das war Runde 3 in der Frankreich-Gruppe A, das in der England/Wales-Gruppe B, der Deutschland-Gruppe C. der Spanien-Gruppe D und der Belgien/Italien-Gruppe E.
Das war die zweite Runde mit Rumänien vs. Schweiz sowie Frankreich - Albanien weiters Russland gg. Slowakei und England - Wales sowie Ukraine - Nordirland und Deutschland vs. Polen. Dann war Schweden gegen Italien sowie Tschechien gegen Kroatien und Spanien vs. Türkei
Weitere Erstrunden-Spiele: Frankreich vs. Rumänien sowie Albanien - Schweiz und aus der der Gruppe B Wales vs. Slowakei und England - Russland. So gingen Polen gegen Nordirland und Deutschland - Ukraine. Und das war Türkei - Kroatien und Spanien - Tschechien.
Und dann noch Irland vs. Schweden und Belgien - Italien plus dann noch Portugal - Island.
Offizielles gibt's auf uefa.com und das ist die Info-Site von sport.orf.at.
#emjournal16 #fußballjournal16
Klassische Abrundungen und weniger erwartete Erkenntnisse einer Europameisterschaft, in der sich nicht alles an die Erwartungen hielt.
1) Zuerst was klassisches: das All-Star-Team
Hennessey im Tor.
Barzagli, Bonucci und Chiellini als Dreier-Abwehr.
Pogba und Renato Sanches im zentralen Mittelfeld davor.
Die offensiven Aufgaben teilen sich Griezmann und Payet, Nani und Cristiano Ronaldo sowie Gareth Bale.
Coach ist Antonio Conte, der einzige, der selbst aus diesem Schmieranski-Team etwas machen könnte.
Andere Möglichkeiten umfassen die deutsche Innenverteidigung, mehr Teilnehmer aus dem französischen, portugiesischen oder Mittelfeld, Joe Allen, Özil, den islandischen Kapitän, Giaccherini oder Giroud.
Aber als Statement passt das schon so. Warum Hennessey? Weil er mehr als jeder andere Tormann das Aufbauspiel seiner Mannschaft mitdefiniert hat.
2) Dann eine Ableitung: warum nicht wie sonst der Nationalismus, sondern der dröhnende Populismus zur Schande gereichte.
Alle Verbände, die zum Hals hin voll mit nationalistischen Vorhaben angereist waren, durften früh wieder heim. England gab der Brexit den letzten Stupser in Richtung Blamage.
Der paneuropäische Populismus hingegen wucherte dass es eine Art hatte. Sein schlimmster Vertreter war die isländische "Huh!"-Choreografie, ein Attacken-Anstimmer, der aktuell in identitären Kreisen gut abgeht und über die gehypten Isländer den Weg in den gesellschaftlichen Mainstream gefunden hat. Damit lassen sich Gegner jeder Art fesch wegdrücken, ganz nonverbal und gänzlich unargumentiert; jeder künftige Mob kann sich dann bequem auf die - auch noch sehr praktisch nordische, blond-blauäugige - populäre Lässigkeit dieser Anstachelungs-Maschine zurückgreifen. Das ist eine angewandte, dramatisch dröhnende Lektion in Populismus, die auf ein Nichts reduzierte "einfache Antwort" auf die komplexen Fragen des modernen Lebens.
Zum beliebtesten Innenfeind (bei einer Euro ist der Außenfeind ja von vornherein draußen) mauserte sich - wieder einmal - Cristiano Ronaldo. Der beste Kicker aus Europa ist sonst durch die immer gutaussehende, aber letztlich dann zum vorzeitigen Scheitern verurteilte Mannschaft vor spezieller Häme geschützt, weil man sich bisher sicher sein konnte, dass das Schicksal ihn auch ohne ihr Zutun beuteln würde. Das war diesmal anders: Portugal spielte gleichzeitig attraktiv und zweckmäßig, der Star ordnete sich unter, gab aber sein spezielles Quantum, was alles zusammen für den Finaleinzug reichte. CR7 kann also heuer wirklich gewinnen; das stößt seinen zahllosen Neidern/Feinden so sauer auf, dass sich die Schleusen öffneten und allerorten offener Hass ausgeschüttet wurde.
Ronaldo ist der Beste, an Spielkunst und Körper, an skills und Looks. Allerdings schmeichelt sich niemals und irgendwo ein, zieht sein Ding, seine Ideologie durch- Er ist der lebende und drastische Gegensatz zu den Volkstribunen, die ihre Ansichten nach den Vorgaben der Demoskopie wechseln, den Populisten ohne Scham und Stand, den aktuellen Lieblingen des Boulevards. Ronaldo repräsentiert das alte demokratische Europa, das seine Kraft aus dem Glauben an seine Werte schöpft.
3) Wieder was Banales: wer ist der beste junge Spieler, wer der MVP?
Der most valuable player des Turniers steht oft und gerne schon vor dem Finale fest (wie etwa Forlan oder Iniesta/Xavi); oder kann es sich leisten es zu verlieren (wie Messi). Diesmal kann es nur der Sieger sein: Antoine Griezmann oder Cristiano Ronaldo. Egal ob er im Finale was ganz Großes bewegt oder nicht. Dritter ist jedenfalls Bale.
Paul Pogba war zuletzt best Young Player. Diesmal wird es Renato Sanches sein. Mir haben auch Bartosz Kapustka, der polnische Linskaußen und Joshua Kimmich gut gefallen.
4) Was für die Fußball-Zukunft: Raumkontrolle schlägt Ballbesitz
Scheiß auf die Statistik, ja, eh, immer.
Manchmal erzählt sie ihre Geschichten aber unfreiwillig. Etwa die der "angekommenen Pässe": da führen etwa zehn Deutsche vor 15 Spaniern. Diese Bestenliste erzählt mehr über einen Fetisch der Vergangenheit als über die Gegenwart.
Wenn diese Euro eine wichtige Tendenz zeigte (okay, aufgriff und verstärkte) dann die vom Ende der reinen Ballbesitz-Fixiertheit. Die alte spanische Schule muss ins Museum. Die Gegenwart wird von strategisch herausragend inszenierten Teams wie Italien oder Portugal beherrscht, die Zukunft gehört den Großen, die die Raumkontrolle als zweiten gleichberechtigten Modus in ihr Spiel aufnehmen. Das DFB-Team hat im Spiel gegen Italien bereits aufgezeigt, wie das gehen kann, Frankreich deutet bereits Interesse an. Für taktisch gut bewanderte und philosophisch sattelfeste sogenannte "Kleine" ist das eine Chance auf Nebenrollen-Oscars (siehe auch unter Wales), für das alte Spanien und übliche Verdächtige ohne innovatives Gespür (England) wird's doppelt schwer.
5) ... und dann noch der Austro-Aspekt...
Damit habe ich die größte underachiever der Euro auch bereits gewürdigt. Platz 4 (hinter Belgien) in diesem Ranking belegte Österreich. Das ist noch eine gesonderte Untersuchung wert. Mit den Gründen Nervosität, Formschwächen, zuviel Fokus auf einen Teamgeist (der dann womöglich auch noch bröselte) und ein bissl Vercoaching ist es nicht abgetan. Die WM-Qualifikationsgegner Irland und vor allem Wales haben mehr von dem, was die Österreicher für ihre Features hielten, vorgezeigt (besserer Zusammenhalt, bessere Überwindung von Drucksituationen, besser Formkurven...), und auch Serbien ist als U20-Weltmeister des Vorjahres gut gerüstet.
Was bisher als verzeihlich oder lässlich galt, weil der informierte Teil der Öffentlichkeit so froh darüber war, dass es wenigstens einen Plan A und einen Plan A1 gab (doppelt so viel wie in der nichtigen Zwergerl-Ära aller Koller-Vorgänger), ist schon wieder der Stand von gestern. Die Euro hat die Anforderungen nach oben geschraubt, wird Koller und das Team unter Zugzwang setzen. Eine schnellstmögliche Erhöhung der Variationsbreite, eine sofortige Erweiterung der Spielansätze hin zur strategische Flexibilität, wie sie auch Mittelklasse-Teams wie eben Irland ausgezeichnet hatte, das ist der neue Standard. Holprig interpretierte Versuche wie die der Österreicher im Island-Spiel reichen künftig nur noch für Topf 5. Das ist die schlechte Nachricht.
Die gute Nachricht ist die, dass die teilweise wahnwitzigen Zuschreibungen und Erwartungen, wir sind in Österreich, wieder auf Null gesunken sind. Und der ÖFB sich wieder gegen den populistischen Defätismus der Krankls und der anderen alten Seilschaftler und Nixzustandebringer behaupten wird müssen. Und gegen die lief man ab 2012 ja zur Höchstform auf.