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Christian Holzmann

Snap your fingers, snap your neck.

6. 7. 2016 - 10:41

40 Jahre Melancholie

Am Anfang war es Gothic und später kam der Pop hinzu. Das House of Pain verneigt sich vor den ganz großen The Cure.

40 Jahre gibt es The Cure nun schon und ich müsste lügen, würde ich behaupten, dass mich das nicht ein wenig erschreckt. Will man ganz genau sein, sind es ja eh nur 38 Jahre, nannte sich die 1976 von Robert Smith (Voc., Git.), Michael Dempsey (Bass), Laurence Tolhurst (Schlagzeug) und Porl Thompson (Git.) gegründete Band doch erst Malice und später Easy Cure, um sich 1978 dann endgültig in The Cure umzubenennen.

House Of Pain
    Cover von The Cure - Concert

    Fiction Records

    Man muss schon auch ein wenig aufpassen, dass man nicht anfängt melancholisch herumzusülzen ob der langen Zeit, die einen bestimmte Musiker und Bands schon durchs Leben begleiten. The Cures Livealbum "Concert" (1984) war quasi sowas wie mein Einstieg in das, was man jetzt mal recht salopp unter Gothic zusammenfassen kann, auch wenn es darüber die unterschiedlichsten Definitionen gibt.

    Mich brachte das in meinem musikalischen Forscherdrang jedenfalls auf andere Bands wie u.a. Joy Division, Bauhaus, The Sisters Of Mercy oder Siouxsie & The Banshees. The Cure waren es, die mein Interesse erst so richtig weckten und außer in der legendären "Ö3 Musicbox" gab es solche Musik ansonsten gar nicht zu hören. Wer mit "80er Jahren" also affige neongrüne Pluderhosen, Schulterpolster und Wham assoziiert (stimmt leider auch), dem seien diese Bands hiermit wärmstens ans Herz gelegt.

    Cover von The Cure - Pornography

    Fiction Records

    Die düsteren Anfänge

    War das Debüt "Three Imaginary Boys" (1979) teils noch etwas roh, produzierten The Cure mit den Alben "Seventeen Seconds" (1980) und "Faith" (1981) bereits zwei echte Meisterwerke und schon nach "Faith" meinte der gerade mal 21-jährige Robert Smith, schon alles gesagt zu haben. Dementsprechend düster fiel dann auch das 1982 erschienene vierte Album "Pornography" aus. Drogenexzesse und die extrem anstrengende Tour gipfelten dann auch in einer Schlägerei zwischen Smith und dem Bassisten Simon Gallup, der die Band daraufhin verließ. Mit The Cure war es zu dem Zeitpunkt zum ersten Mal dann eigentlich so gut wie vorbei und Robert Smith stieg zwischenzeitlich sogar als Gitarrist bei Siouxsie & The Banshees ein.

    The Cure

    Fiction Records

    Der Zenit Ende der Achtziger

    Zum Glück sollte er es sich anders überlegen und schielte mit den Alben "The Top" (1984) und "The Head On The Door" (1985) überraschend in Richtung Pop, ohne dabei allerdings irgendwie seicht zu werden. Die Melancholie blieb und Simon Gallup war in der Zwischenzeit wieder zu The Cure zurückgekehrt.

    Cover von The Cure - Kiss Me, Kiss Me, Kiss Me

    Fiction Records

    Mit "Kiss Me, Kiss Me, Kiss Me" (1987) konnten The Cure erstmals großen Erfolg in den USA verbuchen und dieses Album liefert sich unter den Fans bis heute quasi einen Wettstreit mit dem 1989 erschienenen "Disintegration". Auch wenn später noch der eine oder andere Hit daher kam, mit diesen beiden Alben war die Band auf dem Zenit ihres Schaffens und sie gelten bis heute als ihre ultimativ besten, wobei "Kiss Me, Kiss Me, Kiss Me" durch die gesamte stilistische Vielfalt besticht und "Disintegration" ob seiner Düsterheit die Fans der ersten Jahre wieder mit der Band versöhnte. Als kurz darauf Schlagzeuger/Keyboarder Laurence Tolhurst aus der Band geworfen wurde, verblieb Robert Smith als letztes Gründungsmitglied in der Band. Personalrochaden sollten ab da zu einer regelrechten Tradition werden wie die regelmäßigen Ankündigungen von Smith über das Ende von The Cure.

    Die eher langweiligen 90er mit großem Hit

    Die Abstände zwischen den Alben wurden größer, The Cure waren in der Zwischenzeit zu einer Band gewachsen, die ohne Probleme große Hallen oder gar Stadien bespielen konnte. Smith meinte einmal in einem Interview, er möchte mit The Cure sowas wie die Pink Floyd der 90er werden, was wahrscheinlich weniger seiner Unbescheidenheit, als vielmehr seinem britischen Humor geschuldet ist. Die beiden Cure-Alben aus diesem Jahrzehnt wussten allerdings nicht so recht zu überzeugen. "Wish" war ok, die frohe Hitsingle "Friday I'm In Love" ging in meinen Ohren gar nicht und "Wild Mood Swing" ging völlig unter. Zumindest im Studio schien bei The Cure eher die Luft raus zu sein.

    Cover von The Cure - Bloodflowers

    Fiction Records

    Comeback im neuen Jahrtausend

    Umso mehr überraschte dann wieder das ziemlich dunkle Album "Bloodflowers" im Jahr 2000, mit dem sie an "Disintegration" anknüpften. Danach sollte laut Robert Smith nun aber wirklich Schluss sein, was sowieso wieder niemand wirklich glaubte. Vor allem deshalb nicht, weil die Band einen Plattenvertrag beim Label von Ross Robinson unterschrieb. Erstaunlich war das auf den ersten Blick deshalb, weil der Mann zu dem Zeitpunkt mehr für seine "unkonventionellen" Produktionsmethoden mit Bands wie Machine Head, Korn, Sepultura und Slipknot bekannt war. Limp Bizkit hatte er zwar auch mitverbrochen, aber Ausrutscher können passieren. Was unter den Fittichen von Herrn Robinson dann mit dem schlicht "The Cure" betitelten Album entstand, ist noch erstaunlicher, denn es ist wohl eines der intensivsten Alben ihrer gesamten Karriere. Mit welchen Methoden Robinson das erreicht hat, will man jetzt lieber nicht wissen, nachdem Simon Gallup laut eigener Aussage ihm nach der Produktion des Albums "gerne die Zähne eingeschlagen hätte".

    2008 folgte dann "4:13 Dream", das bis dato letzte Album von The Cure. Ein Album, das zwar ok war, die emotionale Intensität des Vorgängers aber vermissen ließ. Laut Smith wurden für das Album nur die poppigsten Stücke ausgewählt, die eher düsteren würden vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht werden. Unantastbar sind The Cure wie eh und je. Man darf jedenfalls hoffen, dass von ihnen mindestens noch ein Album kommen wird. Vielleicht sogar mehr, die Abstände dazwischen werden sich aber sehr wahrscheinlich weiter steigern. Ein Schelm, wer Tool dabei denkt, die übrigens auch hörbar von The Cure inspiriert wurden. Überhaupt würde die Liste von Bands, die The Cure als starken Einfluss nennen, von den Deftones über Mogwai usw. usf. den Rahmen dieser Seite wohl sprengen.

    The Cure

    The Cure im FM4 House of Pain

    Zu 100% sicher ist allerdings, dass The Cure am 26. Oktober in der Wiener Marx Halle auftreten werden. Ein Pflichttermin, denn live hat diese Band auch in Zeiten nicht ganz so gelungener Alben immer überzeugt und geizt dabei auch nie mit Spielzeit. Für ein Konzert sollte man am besten auch heute noch so um die drei(!) Stunden einplanen und rechtzeitig da sein. Supportbands gibt es eher selten.

    Dass The Cure eine musikalische Audienz in Wien geben werden, ist allein schon Grund genug, dass Christian Fuchs und Paul Kraker ihre Stapel an CDs und Schallplatten mit Songperlen und Raritäten ins Funkhaus schleppen werden, um dem Lebenswerk von Robert Smith & Co im House of Pain am 6. Juli ab 22 Uhr die Ehre zu erweisen. Viele für das House of Pain wichtige Bands wie z.B. die Deftones und Mogwai nennen The Cure als wichtigen Einfluss und auch uns hat sie in vieler Hinsicht beeinflusst. Nicht immer mag man sich einig sein, ob nun diese oder jene Band für gut befunden wird oder nicht, was auch gut so ist. Auf The Cure können wir uns alle einigen.

    Danke für 40 Jahre Melancholie, Mr. Smith.