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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

1. 7. 2016 - 20:12

The daily Blumenau. EM-Journal '16-65, 01-07-16.

Zwei erwartete Überraschungsteams bieten ein Viertelfinal-Duell voller Überraschungen. Aufgewühltes Wales bezwingt Belgien, die high potentials ohne Turnier-Witz.

The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.

Das ist ein Eintrag ins EM-Journal '16, da ist die Klick-Übersicht.

Viertelfinale 1 mit Polen gegen Portugal

Das waren die Achtelfinals: Schweiz - Polen. dann Wales - Nordirland und schließlich Kroatien gegen Portugal.
Tag 2 brachte den Sieg von Frankreich gegen Irland weiters Deutschland vs Slowakei und Ungarn - Beglien
Tag 3 dann Italien vs Spanien und Engand - Island

Das war das Aus von Österreich in Runde 3. Das war der Rasierklingen-Tanz von Österreich gegen Portugal, so sieht es in der Nachlese aus. Das war Österreich vs Ungarn und das ist die Analyse dazu.

Das war Runde 3 in der Frankreich-Gruppe A, das in der England/Wales-Gruppe B, das in der Deutschland-Gruppe C in der Spanien-Gruppe D und der Belgien/Italien-Gruppe E.

Das war die zweite Runde mit Rumänien vs. Schweiz sowie Frankreich - Albanien weiters Russland gg. Slowakei und England - Wales sowie Ukraine - Nordirland und Deutschland vs. Polen. Dann war Schweden gegen Italien sowie Tschechien gegen Kroatien und Spanien vs. Türkei

Weitere Erstrunden-Spiele: Frankreich vs. Rumänien sowie Albanien - Schweiz und aus der der Gruppe B Wales vs. Slowakei und England - Russland. So gingen Polen gegen Nordirland und Deutschland - Ukraine. Und das war Türkei - Kroatien und Spanien - Tschechien.
Und dann noch Irland vs. Schweden und Belgien - Italien plus dann noch Portugal - Island.

Offizielles gibt's auf uefa.com und das ist die Info-Site von sport.orf.at.

#WALBEL #emjournal16 #fußballjournal16

Ein Spiel, in dem wenig war wie erwartet.

Zuerst einmal der Gewinner: Wales hatte man viel, aber dann doch nicht so viel zugetraut. Eigentlich dachte ich, sie wären schon am Limit. Und dass sie nur einen gro0ßen Trick draufhaben, nach einem Rückstand in gro0ße Probleme kommen werden. War dann genau nicht so. Dann die Tatsache, dass es auch ohne Bale geht, der heute recht blass blieb. Und der Fakt, dass sich Coleman nicht nur speziell die angeschlagene belgische Verteidigung vorgenommen hatten, sondern auch Zeit hatten einen besonders verunsichernden Corner-Trick einzustudieren.

Dann der Verlierer. Der hat mehr Potential als das was bisher sichtbar wurde. Dachten wir alle. Und haben vielleicht einfach nicht recht. Vielleicht ist das, was Belgien hier oder vor zwei Jahren in Brasilien zeigte, eh auch schon das Ende ihrer Fahnenstange. Da ist vielleicht doch deutlich zu wenig Team da, zu viel Mittelklasse-Stardom.
Natürlich haben heute die massiven Personalprobleme in der Abwehr mitentschieden: alle drei Tore lagen genau in diesem Schlagschatten. Aber es fehlte auch der Rest des Teams, der das wettmacht; es fehlte am Kitt-Gefühl bei den Leistungsträgern.
Dabei begann es gut: man machte willig sein Spiel, versäumte es aber nach der Führung nachzusetzen, und fand von da an nicht mehr in die Spur.

Dazu kommt ein nicht gänzlich nachvollziehbarer Tausch von Wilmots, der den Sarg-, pardon, den Sprengnagel Fellaini reinbrachte, und Vorsicht signalisierte, wo vielleicht eher die Variante angesagt gewesen wäre, die Belgien dann in der letzten Viertelstunde spielte. Da war's dann aber schon zu spät.

Belgien droht, wenn sich nicht bald was dreht im Inneren dieser hochbegabten Mannschaft, das nächste Portugal zu werden: high potentials ohne Turnier-Witz. Naja, das bisherige Portugal zumindest...

Belgische Fehlplanungen und walisische Gegenschläge

Marc Wilmots probiert es noch einmal. 14 Dries Mertens kommt (75) für den kleinen Lukaku, ein rechter Flügel für einen linken Verteidiger, das heißt wohl einiges...

Wilmots hat tatsächlich auf eine Dreier-Abwehr umgestellt, spielt jetzt 3-2-4-1, also Hollywood. Mertens ist auf die linke Seite gegangen, De Bruyne bleibt rechts, Fellaini spielt neben Hazard im Zentrum, und wartet wie Lukaku auf die langen Bälle.

Wales tauscht zweimal In Position (9 King für Ledley, 18 Vokes für Robson-Kanu), ehe die letzten zehn Minuten beginnen. Und in der 84. ersetzt 22 Batshuayi dann den älteren Lukaku in der vordersten Spitze.

Nützt alles nix: Sam Vokes versenkt einen weiteren Rechtscross von Gunter gegen den gerade verwarnten Alderweireld zum 3:1. Das ist das Halbfinale für Wales; und das Aus für Belgien

Die 20 schlimmen Minuten von Fellaini

Es geht weiter mit der Verblüffung: Wilmots reagiert mit einem defensiven (!) move, bringt 8 Fellaini für Carrasco, stellt auf ein 4-3-3 mit drei zentralen Mittelfeldspielern um: Fellaini steht neben Witsel, Nainggolan ist derr vorderste. zudem geht De Bruyne auf die verwaiste rechte Seite. Das ist das vorsichtige konservative Belgien, normalerweise das, das eine Führung absichern soll...

Interessanterweise holen sie trotzdem die Spielhoheit (und drei Chancen in 5 Minuten) - liegt aber wohl auch an er bewussten walisischen Passivität. Offenbar ist es dieses System der bewussten Stabilisierung , das den Belgiern die Selbstsicherheit gibt, das Spiel auch zu machen.

Und mitten hinein in diese Phase kommt der Gegenstoß, Ramseys Assist nach Bale-Pass, der Dreher von Robson-Kanu und die Denkrutscher der belgischen Verteidigung (Meunier und Denayer inklusive des dafür abgestellten Fellaini) und bringt das 2:1 (55.). So hatte sich das Marc Wilmots eben genau nicht vorgestellt. Noch dazu holt sich Fellaini dann seine Matchsperre fürs nächste Spiel ab; alles geht schief.

Andersrum, für Wales, klappt alles: man muss das Spiel nicht machen, kommt aber trotzdem zu Chancen, schnell mit langen Passes herausgespielt und verwertet sie dann auch. Und man hat die Standards, vor allem den Trick beim Corner, der jetzt jedesmal für belgische Panik sorgt. Und kann danach das gut paketierte Gegenstoß-Spiel aufziehen; selbst wenn heute Bale und Allen/Ledley ein wenig auslassen und zu viel an Ramsey hängenbleibt.

Belgien ist deutlich zu stark mit seinen personellen Problemen beschäftigt: Meunier etwa, bis dato ein Pluspunkt, ist auf seiner rechten Seite nur Passagier, Hazard merkt man die leichte Verletzung an, De Bruyne kommt auch in diesem Match nicht so richtig rein in die Euro, Fellaini ist seit seiner Einwechslung ein Unsicherheitsfaktor. Er scheitert knapp mit einem Kopfball (74.) und beendet somit die schlimmsten 20 Minuten seiner Team-Karriere. Es wird an Witsel und Nainggolan liegen das Spiel noch zu drehen.

Überraschtes Halbzeit-Fazit

Eigentlich war es ungewöhnlich, dass Belgien sich ermannte die Spielgestaltung zu übernehmen; man hätte es auch auf einen Stehversuch ankommen lassen und Wales in die Verantwortung zwingen Können.
Dann gelang es - im Gegensatz zum Italien-Spiel etwa - die guten Chancen früh zu einem Torerfolg umzusetzen.
Dann waren die Leader durchaus überrascht wie stark die sofortige Gegenwehr der Waliser war, die ihren kleinen Schock schnell (auch wegen der unten erwähnten Kalkulation) wegzustecken verstanden.
Dann ging das schnell auf, es war auch ein Tor direkt nach einer vergebenen Großchance, das 1:1.
Und danach versinken beide Teams überraschenderweise nicht in Belauerung, sondern setzen nach und liefern einander das, womit im Vorfeld nur Naivlinge (die die hohe Anzahl der Tore missverstanden hatten) rechneten: einen offenen Schlagabtausch.

Wenn das so weitergeht ist noch einiges an Unerwartetem möglich.

Eigentlich lief es für Belgien, dann kam Wales aber zurück

Es regnet wie Sau.
Belgien, das wie erwartet auftritt, kriegt den ersten schwarzen Peter in Form von Ballbesitz und Spielaufbau, nimmt die Aufgabe aber an und kommt ganz gut damit zurecht; wie immer agieren sie da bedächtig.
Wales probiert es ebenfalls mit vergleichsweise konstruktivem Aufbau, schnell und vertikal über die Seiten, steht dabei fast schon in einem 5-2-3, weil Ramsey rechts und Bale links Robson-Kanu weit vorne flankieren.

Mit einer Triple-Chance in Minute 7 markieren die Belgien schon ihr Terrain - und so ist die schnelle Führung sowohl mit Ansage passiert als auch gerechtfertigt: Nainggolan zieht einen dicken Weitschuss ab (12.). Wales reagiert mit Druck, vor allem (wieder) über die Seiten, eröffnet damit aber Belgien jede Menge an Chancen; die zwei frühen gelben Karten gegen Chester und Davies belegen die Auswirkungen. Bale powert zwar was das Zeug hält, irgendwie merkt man Wales aber den leichten Schock über den Rückstand an: so war das nicht geplant. Der Aufwand, den sie jetzt, für die nächsten mehr als 79 Minuten betreiben müssen ist doppelt so hoch wie in der Kalkulation. Das heißt: je länger es auf den Ausgleich zu warten gilt, desto schneller schwinden die Kräfte. Es läuft also alles für Belgien.

Allerdings überwinden sich die Waliser in jeder Hinsicht: sie bauen ein schnelles offensiv ausgerichtetes Pass-Spiel auf. Bale und vor allem Ramsey drängen in Richtung Grundlinie und versuchen von dort den tödlichen Rückpass. Taylor scheitert in Minute 26 noch an Courtois, vier Minuten später gelingt Ashley Williams dann (mittels eines Paket-Tricks) ein Kopftor nach einem Corner. 1:1, Kalkulation erfüllt.

Danach raffen sich die Belgier wieder auf, holen sich ihre Spielanteile wieder zurück und sorgen jetzt für einen offenen Schlagabtausch, der hoffentlich bis zum Pausenpfiff anhält.

Die notwendigen Vorbemerkungen

Entscheidend wird wohl sein, wie Belgien gegen Wales mit seinen schlimmen Ausfällen zurechtkommt.

Neben den üblichen Verdächtigen (von denen noch Deutschland, Frankreich, Italien und Portugal übrig sind, England und Spanien waren auch noch auf der Rechnung) war es immer Belgien, wenn es darum ging den offiziellen Geheimfavoriten zu nennen. Und die beiden anderen, halbwegs seriösen Nominierungen betrafen Kroatien und Gareth Bales Wales.

Zwei davon haben gehalten und spielen heute einen Semifinales aus. Und während bei Wales alles normal ist, steht Belgien aktuell Kopf.

Fassen wir es doch einmal zusammen: zuerst fällt der Kapitän aus, Vincent Kompany, Chef bei Man City, Abwehrorganisator. Dann die Nachricht, dass auch Nicolas Lombaerts von Zenit St. Petersburg wegen Verletzung nicht teilnehmen kann. Es wird also auf die Notversion hinauslaufen, mit Alderweireld und Vermaelen von Tottenham. Weil sich auch noch deren Back-Ups, nämlich Bjorn Engels und Dedryck Boyata verletzen, ist Teamchef Marc Wilmots gezwungen Innenverteidiger Nr 7 und 8 zu nominieren, Jason Denayer und den Debutanten Christian Kabasele. Und jetzt wird einer davon spielen - denn nun fällt vor dem Viertelfinale auch noch Vermaelen verletzt aus.
Nicht genug damit: auch linksverteidiger Vertonghen kann nicht auflaufen - der ist gesperrt, für ihn kommt der junge Bruder von Stürmer Romelu, nämlich Jordan Lukaku. Weil auch die Besetzung des Rechtsverteidigers ein erst hier bei der Euro halbwegs aufgegangenen Notplan ist (Meunier hat sich vor Ciman gespielt), tritt jetzt eine Abwehr an, die ihre Tauglichkeit erst belegen muss. Nur Toby Alderweireld (der eigentlich für rechts vorgesehen war, jetzt aber die Chefrolle innen übernehmen muss) war geplant, der Rest wird gruppentaktisch improvisiert werden müssen.

Belgien ist also einigermaßen mit seinen Personal-Problemen beschäftigt - das kann aber helfen vom bislang noch holprigen Gesamteindruck abzulenken Nicht so sehr die Öffentlichkeit, sondern sich selber. Die Verluste könnten auch ein sehr enges Zusammenrücken bewirken.

Gegner Wales versucht mit seiner offensivstmöglichen Aufstellung genau in die erwartete Schwachstelle hineinzustechen.

Taktisch werden sich die beiden Teams womöglich neutralisieren: ihre Spielanlagen sind eher reaktiv angelegt; beide Teams leben davon eine andere, eher spielbetonende Mannschaft anzuknocken und auszuspielen. Selber nehmen sie immer nur zeitweise das Heft des Handels in die Hand, für Phasen von bis zu maximal 5 bis 8 Minuten. Einen Vorsprung nützen beide Teams gerne zu einem extrem cleveren Umschalt/Gegenstoß-Spiel.

Wales spielt in rot-weiß mit 1 Hennessey: 2 Gunter, 5 Chester, 6 Ashley Williams (K), 4 Ben Davies, 3 Taylor; 7 Allen, 16 Ledley; 10 Ramsey, 11 Bale, 9 Robson-Kanu.
Das ist die Gala-Besetzung, die das 5-2-2-1 ermöglicht.
Auf der Bank: 18 Vokes, 14 Erwards und 20 Jonathan Williams.

Belgien spielt wieder in weiß mit der Flagge als Brustband, diesmal aber mit schwarzen Hosen: 1 Courtois; 16 Meunier, 2 Alderweireld, 15 Denayer, 21 Jordan Lukaku; 4 Nainggolan, 6 Witsel; 11 Carrasco, 7 De Bruyne, 10 Eden Hazard (K), 9 Romelu Lukaku.
Das ist trotz viel neuem Personals wieder das sehr offensiv-orientierte 4-2-3-1, auch mit dem zuletzt angeschlagenen Kapitän Eden Hazard.
Verletzt ist also 3 Vermaelen, gesperrt 5 Vertonghen, draußen auch der nicht fitte 19 Dembélé und Edel-Joker 14 Dries Mertens. Zudem: 8 Fellaini, 23 Ciman, 17 Origi 22 Batshuayi oder 20 Benteke.

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Wales (Chris Coleman): 1 Wayne Hennessey (Crystal Palace), 21 Danny Ward (Liverpool), 12 Owain Fon Williams (Inverness/SCO); 2 Chris Gunter (Reading), 4 Ben Davies (Tottenham), 5 James Chester (West Bromwich),3 Neil Taylor, 6 Ashley Williams (Swansea City), 15 Ashley "Jazz" Richards (Fulham), 19 James Collins (West Ham); 7 Joe Allen (Liverpool), 14 Dave Edwards (Wolverhampton), 22 David Vaughan (Nottingham Forest), 17 David Cotterill (Birmingham), 13 George Williams (Fulham), 8 Andy King (Leicester), 16 Joe Ledley, 20 Jonathan Williams (Crystal Palace), 10 Aaron Ramsey (Arsenal); 11 Gareth Bale (Real Madrid/SPA), 9 Hal Robson-Kanu (Reading), 18 Sam Vokes (Burnley), 23 Simon Church (Nottingham Forest).

Belgien (Marc Wilmots): 1 Thibaut Courtois (Chelsea/ENG), 12 Simon Mignolet (Liverpool/ENG), 13 Jean-François Gillet (Mechelen); 2 Toby Alderweireld, 5 Jan Vertonghen (Tottenham/ENG), 3 Thomas Vermaelen (Barcelona/SPA), 16 Thomas Meunier (Club Brugge), 23 Laurent Ciman (Montreal Impact/CAN), 15 Jason Grégory Denayer (Galatasaray/TUR-Machenster City/ENG), 18 Christian Kabasele (KRC Genk - Watford/ENG), 21 Jordan Lukaku (KV Oostende); 8 Marouane Fellaini (Manchester United/ENG), 4 Radja Nainggolan (AS Roma/ITA), 6 Axel Witsel (Zenit St. Petersburg/RUS), 19 Moussa Dembélé (Tottenham/ENG), 7 Kevin De Bruyne (Manchester City/ENG), 10 Eden Hazard (Chelsea/ENG), 11 Yannick Carrasco (Atletico Madrid/SPA), 14 Dries Mertens (Napoli/ITA); 20 Christian Benteke, 17 Divock Origi (Liverpool/ENG), 9 Romelu Lukaku (Everton/ENG), 22 Michy Batshuayi (Olympique Marseille/FRA).