Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "The daily Blumenau. EM-Journal '16-64, 30-06-16."

Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

30. 6. 2016 - 20:23

The daily Blumenau. EM-Journal '16-64, 30-06-16.

Und jetzt die Viertelfinals... Das unportugiesische Portugal nutzt die Gunst der Stunde, Polen bleibt zu passiv.

The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.

Das ist ein Eintrag ins EM-Journal '16, da ist die Klick-Übersicht.

Das waren die Achtelfinals: Schweiz - Polen. dann Wales - Nordirland und schließlich Kroatien gegen Portugal.
Tag 2 brachte den Sieg von Frankreich gegen Irland weiters Deutschland vs Slowakei und Ungarn - Beglien
Tag 3 dann Italien vs Spanien und Engand - Island

Das war das Aus von Österreich in Runde 3. Das war der Rasierklingen-Tanz von Österreich gegen Portugal, so sieht es in der Nachlese aus. Das war Österreich vs Ungarn und das ist die Analyse dazu.

Das war Runde 3 in der Frankreich-Gruppe A, das in der England/Wales-Gruppe B, das in der Deutschland-Gruppe C in der Spanien-Gruppe D und der Belgien/Italien-Gruppe E.

Das war die zweite Runde mit Rumänien vs. Schweiz sowie Frankreich - Albanien weiters Russland gg. Slowakei und England - Wales sowie Ukraine - Nordirland und Deutschland vs. Polen. Dann war Schweden gegen Italien sowie Tschechien gegen Kroatien und Spanien vs. Türkei

Weitere Erstrunden-Spiele: Frankreich vs. Rumänien sowie Albanien - Schweiz und aus der der Gruppe B Wales vs. Slowakei und England - Russland. So gingen Polen gegen Nordirland und Deutschland - Ukraine. Und das war Türkei - Kroatien und Spanien - Tschechien.
Und dann noch Irland vs. Schweden und Belgien - Italien plus dann noch Portugal - Island.

Offizielles gibt's auf uefa.com und das ist die Info-Site von sport.orf.at.

#POLPOR #emjournal16 #fußballjournal16

Die Euro bleibt im Muster. Es ist noch keine Mannschaft wirklich unverdient aus dem Turnier gegangen. So wie dann eben auch heute: die besseren kommen weiter, die reaktiveren, unwilligeren müssen abreisen.

Für Polen war schon das Viertelfinale eigentlich mehr als das Team eigentlich verdient. Da würde ich neben den anderen sieben Teilnehmern auch Spanien, Kroatien und England schon noch vor ihnen sehen. Das Potential für eine noch bessere Zukunft ist durchaus vorhanden: wenn jetzt noch fünf bis zehn Kaderspieler ins Ausland wechseln und sich dort dann gezielt verbessern, ist 2018 bei der WM dann eine Wiederholung (und dort bedeutet das erreichen des Viertelfinales ja wirklich etwas) drin. Denn dann hätte die Mannschaft auch die Klasse, sich in den entscheidenden Momenten ihrer Verantwortung zu stellen.

In etwa so wie es Portugal derzeit tut. Die schaffen es heuer in keiner Sekunde zum Zauberfußball vergangener Turniere, sondern müssen rackern, ackern, fighten wie ein unterbegabter Außenseiter. Irgendwie haben sie sich aber in diese Rolle hineingebissen: gegen Ungarn, dann in ihrem Meisterstück gegen Kroatien und heute in der blassen Wiederholung. Fernando Santos drängt seine Künstler in ein rigides taktisches Konzept, in dem er ihnen zwar von der Raumordnung viele Freiheiten lässt, sie aber in ihrem Zugang beschneidet, ihnen das überkandidelt-riskante verboten hat. Das ist zwar das, wofür die meisten Portugal lieben, es ist aber auch der Hauptgrund für das vielfach zu frühe Ausscheiden aus Turnieren.
Diesmal zäumt Portugal das Pferd von hinten auf. Es wäre ein arger Treppenwitz, wenn ihnen just diese quasi unportugiesische Einstellung den Erfolg bringen würde.

Dass mit Polen die letzte Nation ausscheidet, die aktuell von einer nationalistischen Regierung geführt wird, bestätigt den Trend.

Elferschiessen...

Fabianski und Rui Patricio auf der Torlinie und je fünf Schützen. Polen hat gegen die Schweiz alles getroffen; aber der Gegner weiß wie und wohin.

CR7 beginnt und will die Stange vermeiden.
Tut er: links, sicher, getäuscht, 0:1
Lewandowksi folgt dem Kapitäns-Kollegen. Täuscht an, flach rechts, sicher. 1:1
Renato Sanches kommt. Hoch, links, toll! 1:2
Milik. Täuscht, links, flach, 2:2.
Moutinho ist der nächste. Sicher, getäuscht, flach links gerollt, 2:3
Glik detto, halbhoch, links, getäuscht, 3:3.
Nani, täuscht und hebt den Ball ins rechte Kreuzeck, 3:4.
Kuba kommt. Zögert und schlenzt den Ball halbhoch ins rechte Eck. Aber dort ist Rui Patricio und fischt den Ball aus der Ecke.
Es liegt also an Quaresma. Sicher, hoch in die Mitte. 3:5 Portugal ist im Semifinale, Quaresma weint vor Freude.

Die irgendwie doch absichtliche Verlängerung

Die dritte Verlängerung im Turnier, bereits die zweite für Polen; und auch für Portugal. Absicht also.

Polen steht wieder im 4-4-2, felsenfest, solid. Wieviel will Portugal riskieren? Mehr als die überlassene Überlegenheit in den ersten 15 Minuten der Verlängerung nicht.
Nach 5 Minuten ersetzt Santos William Carvalho durch 13 Danilo Pereira, das macht insofern Sinn, als William im Halbfinale gesperrt ist und sich Danilo einspielen soll. Nawalka kopiert den move und ersetzt zwei Minuten später Mączyński durch 6 Jodłowiec.

Es bleibt beim Eindruck, der bereits das gesamte Spiel über gegeben ist: Portugal hat das Spiel im Überblick riskiert aber keine 100% und hat wie schon in vielen bisherigen Spielen ein Problem mit seiner Chancenauswertung, Polen ist tendenziell reaktiv, blassblau, nur in seltenen Momenten durchzuckt eine Leidenschaft das Spiel und schafft kleine Momente. Der Punktesieg von Portugal liegt klar vor uns, allein ist das im Fußball zu wenig.

Halbzeit 2 und ein hochwertig inszeniertes Belauern

Das ganze Spiel über ist schon auf/augenfällig, dass bei Portugal wieder die offensiven 5, also das gesamte Mittefeld vor William, permanent ihre Positionen tauschen, ganz natürlich die Seiten und auch die Stellungen wechseln, und so völlig unausrechenbar werden. Wenn dann ab Minute 60 oder 70 Quaresma dazukommt, dann wird diese Wirbelei irrlichternd.

Portugal beginnt Halbzeit 2 druckvoll und als Spielgestalter. Polen stellt sich auf seine klassische Rollenprosa (kühl abwarten und dann zuschlagen) ein. Beiden gemeinsam ist, dass sie wohl nur ganz wenige Chancen zulassen bzw bekommen werden und es allein von der Effizienz abhängen wird wer weiterkommt.

Es bleibt beim seltsamen Auf und Ab dieses Spielverlaufs: immer wieder zieht sich Portugal dann fast pressinglos hinter die Mittellinie zurück, lockt Polen so aus der Reserve, riskiert schnell Vorstöße um ins Umschaltspiel zu kommen. Fünf Minuten später imitiert man das spanische Kurzpaßspiel über dutzende Stationen; diese steten Tempo- und Philosophiewechsel sind dazu geeignet den Gegner permanent zu beschäftigen, keine Muster aufkommen zu lassen; sofern sie absichtlich sind. Auf der anderen Seite entwickeln die kurzen polnischen Kontroll-Phasen entwickeln eine hohe Präsenz und wirken entschlossen.

In Minute 74 kommt 8 Joao Moutinho für 23 Adrien, und das ändert zweierlei: zum einen geht Renato auf die linke Seite, zum anderen wird die enorme Variabilität jetzt eingeschränkter praktiziert - Moutinho spielt eine Art Quarterback knapp vor William. Und erst in der 80. kommt 20 Quaresma für Joao Mario und wird jetzt die echte Wühlmaus auf der rechten Seite geben. Er bleibt dort, und Renato bleibt links. Bei Polen ersetzt 21 Kapustka den heute sehr guten Kollegen Grosicki auf der linken Seite (82.).

Nach den Wechseln spielt letztlich nur noch Portugal (und hat den Matchball, den CR7 nur als Luftloch nimmt). Bis hin zur Verlängerung
.
Der portugiesische Zwischenspurt

Nach 25 Minuten kommt Portugal besser ins Spiel; und wieder ist CR7 der Anführer. Zuerst das Elferfoul an ihm (30.), und dann, drei Minuten später das 1:1 durch seinen potentiellen Nachfolger als Superstar seiner Heimat: Renato Sanches setzt sich im Doppelpaß mit Nani in eine gute Schußposition und nützt sie. Und das Match hat den Spielstand, den es verdient. Und Renato spielt sich damit in eine Leader-Position, die sowohl ihm als auch seiner Mannschaft merklich gut tut.

Die Weißen kriegen in dieser Phase hingegen keinen Fuß mehr in die Tür, scheitern schon beim vorletzten Pass.

In Halbzeit 2 beginnt das Spiel wieder bei Null.

Die polnische Anfangsphase

Das Spiel beginnt mit 1:0. Obwohl Portugal von Beginn an fast alle Kräfte auf ihre rechte Seite konzentrieren, kommt von dort der Cross von Grosicki in den Rückraum und findet nach eineinhalb Minuten den schlauen Fuß von Lewandowski. Ein Start, der das Match öffnet und alle eventuellen Pläne über den Haufen wirft.

Portugals 4-4-2 sieht heute so aus: William ist ein echter Sechser, Renato spielt leicht halbrechts vor ihm, Joao Mario rechts und Adrien links, als Pärchen-Angebot an die jeweiligen Außenverteidiger, Rochaden inklusive. Es ist also wieder das Sporting-Mittelfeld plus Renato. Nani hält sich heute sehr vorrangig im rechten Bereich auf, CR7 hängt vorne links drin. Ronaldo ist es auch, der versucht Ruhe ins Kombinations-Spiel zu bringen um so Portugal in eine gezielte Offensive zu kriegen.

Polen zieht Milik nach dem Tor sofort enorm weit hinter Lewandowski zurück. Man erwartet den Gegner jetzt wie im Gruppeölspiel Deutschland mit zwei satten Viererketten und der Option auf gefährliche Konter (bei Balleroberung sofort die beiden Vorderen bedienen und Krychowiaks Läufe mitbedenken).

Portugal hat bereits jetzt (also nach 15 Minuten) gefühlt mehr Offensive-Aktionen als in der regulären Spielzeit gegen Kroatien. Die Polen setzen nach kurzer Zeit des Abwartens (sie haben wohl eher mit verhaltenen Portugiesen gerechnet) ihre körperliche Überlegenheit dagegen; und schaffen es auch sich mit erstklassigen Direkt-Kombinationen im Powerplay vorm gegnerischen Strafraum einzurichten. Sieht alles sehr sicher aus.

Was es vor dem Spiel noch zu sagen gibt

Ab jetzt ist (Achtung - Stehsatz-Gefahr!) alles möglich.
Und eigentlich müsste Portugal jetzt die Chance beim Schopf ergreifen - jetzt wo keiner mehr wirklich etwas von ihnen erwartet, ist der Druck auf die Ronaldo-Generation vielleicht nicht mehr so hoch.

Ja, Portugal ist von der Klasse, den individuellen Qualitäten und der bisher gezeigten taktischen Klasse eine Liga über Polen zu stellen. Aber: Adam Nawalkas Team hatte bis dato eine vorbildlich-schonende Euro mit logischen Siegen, einem achtbar erkämpften Remis gegen den Top-Favoriten und eine gar nicht so gefährdete Vorstellung in der ersten K.O.-Runde. Portugal hingegen ging bereits durch vier Himmel samt Höllen, wurde von der Öffentlichkeit verdammt und geliebt, mit vernichtenden und verzückten Worten bedacht. Und dieser Amoklauf Emotionshaushalt ist irgendwann ausgereizt. Das ist es, was am ehesten gegen Portugal spricht. Gegen Polen spricht, dass eigentlich nichts für Polen spricht: fürs Top 8-Level sind alle Qualitäten bereits überreizt. Und dass Fernando Santos in jeden Fall zuzutrauen ist, dass er sich auch für diesen Gegner etwas ganz spezielles ausgedacht hat, wie das Gift, mit dem er Kroatien lähmen konnte.

Polen spielt in weiß weiter mit 22 Fabiański; 20 Piszczek, 15 Glik, 2 Pazdan, 3 Jędrzejczyk; 16 Kuba Błaszczykowski, 10 Krychowiak, 5 Mączyński, 11 Grosicki; 7 Milik, 9 (K) Lewandowski.
Das ist das seit Anbeginn an zementierte 4-4-1-1.
Noch verletzt ist Tormann Szczęsny, auf der Wechselliste stehen: 6 Jodłowiec, 17 Peszko, 19 Zieliński und vor allem das Supertalent 21 Bartosz Kapustka.

Portugal spielt in rot mit 1 Rui Patricio; 21 Cédric Soares, 3 Pepe, 4 José Fonte, 19 Eliseu; 10 João Mário, 14 William Carvalho, 16 Renato Sanches, 23 Adrien Silva; 17 Nani, 7 (K) Cristiano Ronaldo.
Portugal bleibt im sehr speziell arrangierten 4-4-2. Eliseu ersetzt 5 Raphael Guerreiro als Linksverteidiger, Renato Sanchez kommt statt 15 André Gomes ins Mittelfeld - beide sind verletzt.
Von der Bank kommt sicher 20 Ricardo Quaresma und, außerdem sind 6 Ricardo Carvalho, 8 João Moutinho, 9 Éder, 11 Vieirinha, 13 Danilo Pereira und 18 Rafa Silva nur Ersatz.

---

Polen (Adam Nawałka): 22 Łukasz Fabiański (Swansea/ENG), 1 Wojciech Szczęsny (Roma/ITA), 12 Artur Boruc (Bournemouth/ ENG); 20 Łukasz Piszczek (Borussia Dortmund/DEU), 4 Thiago Cionek (Palermo/ITA), 15 Kamil Glik (Torino/ITA), 2 Michał Pazdan, 3 Artur Jędrzejczyk (Legia Warszawa), 18 Bartosz Salamon (Cagliari/ITA), 14 Jakub Wawrzyniak (Lechia Gdańsk); 16 Jakub 'Kuba' Błaszczykowski (Fiorentina/ITA), 11 Kamil Grosicki (Rennes/FRA), 6 Tomasz Jodłowiec (Legia Warszawa), 21 Bartosz Kapustka (Cracovia), 10 Grzegorz Krychowiak (Sevilla/SPA), 8 Karol Linetty (Lech Poznań), 5 Krzysztof Mączyński (Wisła Kraków), 17 Sławomir Peszko (Lechia Gdańsk), 23 Filip Starzyński (Zagłębie Lubin), 19 Piotr Zieliński (Empoli/ITA), 7 Arkadiusz Milik (Ajax Amsterdam/NED), 9 Robert Lewandowski (Bayern München/D), 13 Mariusz Stępiński (Ruch Chorzów).

---

Portugal (Fernando Santos): 1 Rui Patrício (Sporting), 12 Anthony Lopes (Olympique Lyon/FRA), 22 Eduardo (Dínamo Zagreb/CRO), 11 Vieirinha (VfL Wolfsburg/ D), 21 Cédric Soares, 4 José Fonte (Southampton/ ENG), 3 Pepe (Real Madrid/SPA), 6 Ricardo Carvalho (Monaco/FRA), 2 Bruno Alves (Fenerbahçe/ TUR), 19 Eliseu (Benfica), 5 Raphaël Guerreiro (Lorient/FRA), 14 William Carvalho, 23 Adrien Silva, 10 João Mário (Sporting), 13 Danilo Pereira (Porto), 8 João Moutinho (Monaco/ FRA), 16 Renato Sanches (Benfica), 15 André Gomes (Valencia/SPA), 18 Rafa Silva (Braga), 20 Ricardo Quaresma (Beşiktaş/TUR), 17 Nani (Fenerbahçe/ TUR), 7 Cristiano Ronaldo (Real Madrid/SPA), 9 Éderzito António Macedo Lopes = Éder (Swansea/ENG-Lille/FRA).