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Clemens Fantur

The street is the mother of all media.

29. 6. 2016 - 14:52

Von der Wiederherstellung der Stille und Unruhe

Eine FM4 Soundpark Session zusammen mit dem Wiener Popfest sowie Schmieds Puls, White Miles und Austrian Apparel.

FM4 Soundpark Session Popfest Spezial

Am 26. Juli ab ca. 19 Uhr in der FM4 Homebase

Lange ist es ja nicht mehr hin bis zur siebten Ausgabe des Popfests am Wiener Karlsplatz, wo zwischen 28. und 31. Juli wieder beinahe 60 heimische Bands bei freiem Eintritt zu sehen und hören sein werden. Und wie schon in den vergangenen Jahren lud der FM4 Soundpark auch heuer wieder vorab drei Bands aus dem Lineup zu uns in das Wiener Funkhaus, damit diese vor einem kleinen Publikum eine exklusive Aufnahme-Session einspielen konnten. Diesmal bei uns zu Gast: Die FM4 Amadeus Award Gewinner Schmieds Puls, das Tiroler Duo White Miles und Austrian Apparel.

Schmieds Puls

Als erste Band des gestrigen Abends betraten die FM4 Amadeus Award Gewinner Schmieds Puls rund um Sängerin Mira Lu Kovac das wunderschöne Studio2 im Wiener Funkhaus, um mit ihrem bewusst sperrigen Opener „How many days has Fabruary“ die aufgeladene Stille und Erwartungshaltung im Raum zu durchbrechen. Mira Lu Kovaz weiß nämlich genau, wie es sich anfühlt, vor einem sitzenden und deshalb weit aufmerksameren Publikum zu spielen und wie diese Situation die Rezeption der Musik verändert – auf beiden Seiten. Denn selbst einer so erfahrenen Musikerin wie ihr war die natürliche Anspannung anzusehen, die eine Aufnahme vor Publikum mit sich bringt.

Doch genau diese Extremsituation wussten Schmieds Puls bei ihrer Aufnahme für sich zu nutzen, als sie nach dem Erklingen des letzten gesungenen Tons einfach Stille im Studio herrschen ließen. Völlige Ruhe. Das Publikum ahnungslos, ob der Song nun weiter geht oder nicht. Klatschen oder nicht? Alle im Raum im Bann dieser absoluten Stille, die niemand stören möchte, die Augen gerichtet auf Sängerin Mira Lu Kovacs, die selbst mit geschlossenen Augen und völlig regungslos vor ihrem Mikrofon stand, Inne hielt und in dieses ruhige Vakuum hinein hörte. So paradox es klingen mag, aber es schien, als würde diese Still immer weiter zunehmen, fast schmerzhaft. Hielt sie 30 Sekunden? Oder gar 2 Minuten? Schwer zu sagen. Bevor das Studio in diesem Stille-Vakuum zu implodieren drohte, beendete Mira Lu Kovacs die Stille mit einem dankbaren, wissenden aber auch schelmischen Lächeln, denn sie wusste ganz genau, was sie dem Publikum und allen Anwesenden im Studio aussetzte. Dann Applaus. Ein Applaus, der nach diesem Experiment noch lauter schien als sonst. Kein Video, keine Aufnahme dieser Welt wird dieses Gefühl im Studio2 vermitteln können.

White Miles

Schlagzeug und Gitarre. Klingt nach wenig. Aber eben nur hier, wenn es geschrieben steht. Denn wenn sich das Tiroler Duo White Miles den beiden Instrumenten annimmt, klingt es ungefähr so, als würde eine fünfköpfige Band mit allen Amps dieser Welt auf der Bühne bzw. im Studio stehen. Drummer Lofi hängt sich so sehr in sein Schlagwerk, dass er nicht nur bereits nach Song Nummer Zwei schon völlig schweiß-überströmt bei der Studio-Aufnahme spielte, sondern auch, dass man sich Sorgen um das Schlagzeug selbst machen möchte, ob es denn diese Recording-Session heil überstehen werde. An machen Zuhörern im Publikum und deren Augen konnte man ablesen, dass sie wohl noch nie so nahe an einem Schlagzeug gesessen sind, als dieses so energiegeladen bedient wurde. Großartig.

Und gleichzeitig Medina an der Gitarre. Man könnte jetzt die Metapher „Wirbelsturm“ strapazieren, wenn man möchte. Zu aufgelegt wäre das. Aber wenn man Sängerin und Gitarristin Medina dabei beobachtete, wie sie elektronisch verstärkt und aufgeladen von einer Seite des Studio zur anderen fegte, so, als wäre es die natürlichste Sache der Welt, kommt man nicht darum herum, an eben diesen Wirbelsturm zu denken. Verletzt wurde niemand.

White Miles beweisen bei ihrer Aufnahme die (Achtung schon wieder) viel strapazierte Binsenweisheit, dass Weniger oft wirklich Mehr zu sein scheint und man mit dem aufs Wesentlichste reduzierte Setup meist mehr erreichen kann, als mit einem aufgeblasenen Apparat. Großartig.

Austrian Apparel

Annkathie Koi, Popfest-Kuratorin und die Sängerin der White Miles

FM4 / Alex Wagner

Popfest-Kuratorin Ankathi Koi mit Sängerin Medina.

Der letzten und dritten Akt des Abend war der elektronischen Musik bestimmt, wollte es sich diese FM4 Soundpark Popfest Session doch zur Aufgabe machen, möglichst viele Facetten des kommenden Festivals an diesem Abend abzubilden.

Sebastian und Dominik von Austrian Apparel sind Clubs und somit tanzendes Publikum gewohnt. Vor einen sitzenden Publikum zu spielen ist für sie Neuland und somit eine echte Herausforderung. Jedoch hatte man den Anschein, als würde ihnen die Tatsache vor einem bestuhlten Saal zu spielen, nicht das Geringste anhaben. Ob Club oder Studio, da machen Austrian Aparell keinen Unterschied, wenn sie die unzähligen analogen Synths, Drummaschinen, Sequenzer und Effektgeräte bespielen, die vor ihnen aufgetürmt stehen.

Und als die ersten satten und subbassbefüllten 808-Kicks in das Studio2 drückten, war es egal, ob man stehend oder sitzend dem Set des Duos zuhörte. Auf beide Weisen wurde man mitgenommen. Zurück aus dieser verspielten und facettenreichen Instrumental-Welt wurde man mit letzten Stück von Austrian Apparel, als Derek Robert ans Mikrophon trat, um mit ihnen den letzten Song des Abends zu spielen.

On Air

Ausgestrahlt wird die FM4 Soundpark Session Popfest Spezial am 26. Juli ab ca. 19 h in der FM4 Homebase. Die Videos und MP3 der Session gibt dann an dieser Stelle.

ORF III

Die Höhepunkte der Session werden am 27. Juli ab 23.45 Uhr auf ORF III ausgestrahlt.