Erstellt am: 28. 6. 2016 - 17:07 Uhr
The daily Blumenau. EM-Journal '16-62, 28-06-16.
The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.
Das ist ein Eintrag ins EM-Journal '16, da ist die Klick-Übersicht.
Das waren die Achtelfinals: Schweiz - Polen. dann Wales - Nordirland und schließlich Kroatien gegen Portugal.
Tag 2 brachte den Sieg von Frankreich gegen Irland weiters Deutschland vs Slowakei und Ungarn - Beglien
Tag 3 dann Italien vs Spanien und Engand - Island
Das war das Aus von Österreich in Runde 3. Das war der Rasierklingen-Tanz von Österreich gegen Portugal, so sieht es in der Nachlese aus. Das war Österreich vs Ungarn und das ist die Analyse dazu.
Das war Runde 3 in der Frankreich-Gruppe A, das in der England/Wales-Gruppe B, das in der Deutschland-Gruppe C in der Spanien-Gruppe D und der Belgien/Italien-Gruppe E.
Das war die zweite Runde mit Rumänien vs. Schweiz sowie Frankreich - Albanien weiters Russland gg. Slowakei und England - Wales sowie Ukraine - Nordirland und Deutschland vs. Polen. Dann war Schweden gegen Italien sowie Tschechien gegen Kroatien und Spanien vs. Türkei
Weitere Erstrunden-Spiele: Frankreich vs. Rumänien sowie Albanien - Schweiz und aus der der Gruppe B Wales vs. Slowakei und England - Russland. So gingen Polen gegen Nordirland und Deutschland - Ukraine. Und das war Türkei - Kroatien und Spanien - Tschechien.
Und dann noch Irland vs. Schweden und Belgien - Italien plus dann noch Portugal - Island.
Offizielles gibt's auf uefa.com und das ist die Info-Site von sport.orf.at.
#emjournal16 #fußballjournal16
Nationalisten aller europäischen Länder vereinigt euch! Vor allem darin, frühzeitig auszuscheiden bei einer Euro, die die Versuche einer Instrumentalisierung gnadenlos abperlen lässt, rein sportlich.
Bei all den aufgelegten Schlagzeilen-Parallelen, die der gesellschaftspolitische Auszug der Briten aus Europa mit dem sportlichen Abschied der englischen Fußball-Nationalmannschaft gestern Abend hatte: so richtig verblödeln sollte man den Zusammenhang nicht. Denn natürlich hat der Brexit jeden britischen Menschen, der noch bei Sinnen ist, auf dem falschen Fuß erwischt und verunsichert, egal ob EU-Befürworter oder EU-Gegner, die jetzt erst die Konsequenzen verstehen, oder gar die junge Generation, die einer gestohlenen Zukunft entgegenblickt. Und also auch das englische Team-Camp erreicht und für die paar Prozent an Distraktion gesorgt hat, die nötig waren, um ums Verrecken nicht mehr ins Match zurückkommen zu können.
Überhaupt sieht es schlecht aus für Nationalmannschaften, deren Nation aktuell hauptsächlich damit beschäftigt ist, sich hyperpatriotisch aufzublasen und den Sport als wesentliche Unterabteilung der staatlich verordneten Propaganda begreift. Russland und die Ukraine, die Türkei und Ungarn sowie Kroatien - allesamt draußen, teilweise mit Bomben und Granaten, wie es im Sportjournalisten-Jargon so fröhlich heißt. Einzig Polen ist noch im Bewerb - und dort war man in den letzten Tagen und Wochen plötzlich sehr europäisch engagiert und damit beschäftigt, die Opferrolle gegen ein böses britisches Regime einzunehmen, das eine Million polnische Installateure ausweisen will.
APA/AFP/BERTRAND LANGLOIS
Ich meine, es ist kein Zufall, dass das Team aus Island (grandios weitergekommen) mit seiner Fan-Kurve eine durchaus rustikale, aber freudvolle und niemanden ausschließende Choreographie durchführt, während die Mannschaft aus Ungarn (elend abgestunken) mit seiner Kurve betroffenen Gesichts und trutziges Geistes die Nationalhymne singt, Hand aufs Herz. Das mag zwar die Auftragslage des Orban-Regimes gewesen sein, weil es sich aber in seiner Symbolik auf die verordnete Grenzzaun-Mentalität des Landes zurückzieht, ist der verstörende Effekt hoch. Und spricht dort, wo Island das Herz der ganzen Welt erreicht, maximal andere Nationalisten an. Klar, auch das liegt im Wollen der Orban-Regierung - die übrigens mehr Einfluss auf die gesamte Gestaltung des Euro-Auftritts genommen hat, als man annehmen möchte. Im Unterschied zu Polen etwa.
Generalstabsmäßig geplant war auch der Auftritt des russischen Teams. Präsident Putin hatte einige Tage vor der Euro höchstpersönlich und medienwirksam einen Spieler eingebürgert, den einzigen, der außerhalb der eigenen, russischen Liga überhaupt einberufen wurde; noch dazu einen Russland-Deutschen. Ein eindeutig politischer Akt, der ordentlich nach hinten losging. Wegen des medialen Tamtams musste der gekaperte Roman Neustädter dann auch auflaufen, das russische Spiel verlor dadurch endgültig seine ohnehin fragile Balance. Letztlich hat es also Putin verkackt, so wie Boris Johnson und Nigel Farage für England.
Oder Präsident Erdogan für die Türkei. Die Nationalmannschaft seines Landes bewegt sich seit einigen Jahren fahrig und krisenanfällig, trotz den Zutuns von Imperator Fatih Terim (einem legendären Coach). Als man sich als bester Gruppen-Dritter etwas glücklich vorschnell für die Euro qualifizierte, wurde dieser kleine Etappenerfolg von der halbstaatlichen Propaganda derart aufgeblasen, dass sich daraus ein Hype entwickelte, der das Team als Geheimfavorit in Position rückte. Was für propagandistische Ablenkungs-Zwecke und zur Stärkung einer nationalen Moral instrumentalisiert wurde, verselbstständigte sich zu einem recht profanen Totem. Vom Glauben an eine irreale eigene Stärke fehlgeleitet stürzte die türkische Mannschaft zweimal brutal ab.
Gar nicht in die Gänge kam der propagandistische Auftrag, den Teile der Regierung dem ukrainischen Verband mitgegeben hatten. Zuerst wurde festgelegt, dass kein Legionär aus der (stärkeren) Liga des russischen Feindes zum Kader gehören sollte. Nach öffentlichem Druck, diese sinnlose, rein symbolpolitische Selbstschwächung doch hintan zu halten, fiel der Verband wieder um: Teamleitung und Mannschaft zeigten danach, dass die Beeinträchtigung durch den politischen Einfluss ihr Turnier nachhaltig beschädigte.
APA/AFP/KENZO TRIBOUILLARD
Nicht so sehr am Nationalismus, sondern an einem seiner Weggefährten, der Korruption durch schnellaufsteigende politische Günstlinge, scheiterte die Mannschaft aus Kroatien. Ante Čačić, ihr Coach, ist ein durchschnittlicher Trainer aus Zagreb, der für den Teamchef-Posten keine sportlichen Nachweise brauchte, weil er ein guter Freund des mächtigen Zdravko Mamić ist. Mamić ist Präsident beim einzigen Spitzenklub des Landes, Dinamo Zagreb, operiert dort wie ein mittelalterlicher Fürst, schneidet an alles Transfers mit, hat weitreichende Verbindungen in den Staatsapparat und die protofaschistische Ustascha-Bewegung und hat die strukturelle Korruption (früher auch im Verbund mit den nationalistischen Hooligans, des Bad Blue Boys) auf einen Höhepunkt getrieben. Mamić ist zudem Vizepräsident des kroatischen Verbands und zieht auch dort die Fäden - die Installierung des wegen fortgesetzter faschistischer Propaganda als Spieler langfristig gesperrten Ustascha-Aktivisten Josip Simunic als Assistenz-Coach der Nationalmannschaft ist auch auf seinem Mist gewachsen.
Es waren übrigens die Bad Blue Boys, die gemeinsam mit ihren Erzfeinden, der Torcida aus Split, die Stör-Aktionen im Tschechien-Spiel begingen: sie sind mittlerweile radikale Mamic-Gegner und sehen für ihren Protest gegen einen durch und durch korrupten Verband keine andere mögliche Form des Protests.
Čačić ist politisch genehm und führt das aus, was seinen Strippenziehern Gewinn bringt (die vielen jungen Dinamo Zagreb-Spieler im Kader etwa, deren Transfererlöse direkt in Mamić' Taschen wandern) - guter Coach ist er keiner. Dies wissend, stellte der Gegner im Achtelfinale, Portugals Fernando Santos, die Kroaten vor eine taktisch nur schwer bzw. von einem echten Fachmann aufzulösende Aufgabe. Čačić fuchtelte das gesamte Spiel mit seinen Zetteln, Ideen hatte er aber keine. Die Folge: Kroatien kam (wie gestern auch Spanien dank genialer italienischer Strategie) nicht ins Spiel hinein und verlor.
Es ist also die dem Nationalismus innewohnende Korruption, die nicht wirklich gute, sondern politisch genehme Leute auf wichtige Positionen setzt, schuld am Out der Kroaten. Wiewohl das kein Alleinstellungsmerkmal der Nationalen ist, sondern auch im österreichischen Tagesgeschäft gang und gäbe, ganz egal ob im staatlichen oder privatwirtschaftlichen Bereich - Interessen gibt es überall abzusichern und durchzusetzen, Ante Čačić ist allgegenwärtig...
Also: aus lauter im Namen des Nationalismus verursachten Fehlgriffen haben sich mittlerweile sämtliche Teams, die entsprechende Untertöne mitgetragen haben (oder es mussten), verabschiedet: drei (mit den Visegrád-Kollegen aus Tschechien vier, also 50% der Ausgeschiedenen) schon in der Gruppenphase, drei andere im Achtelfinale. Wer das für einen Zufall halten mag, soll daran glauben. Ich konstatiere, dass der Fußball jene, die ihn allzu offensichtlich missbrauchen wollen ohne auf die banalsten gruppendynamischen Reflexe Rücksicht zu nehmen, abstraft.