Erstellt am: 10. 7. 2016 - 10:58 Uhr
Forderungen zur radikalen Reform der Zahnmedizin
"Das ist eine ganz schlimme Verallgemeinerung!", ist eine beliebte Kritik an ganz schlimmen Verallgemeinerungen. Selten lobt man Verallgemeinerungen, selten liest man: "Das ist wirklich eine sehr schöne und treffende Verallgemeinerung."
Mein zweiter Vorname ist leider nicht "Herausforderung", sondern André (wirklich!), dennoch möchte ich mich an einer Verallgemeinerung versuchen, die man wohl kaum als "schlimm" einstufen wird:
Niemand geht gerne zum Zahnarzt.
Es mag vereinzelt Patienten geben, die gleichgültig oder gänzlich sorglos zur Kontrolle schreiten, aber gerne, also gerne im Sinn von "Geil, morgen ist endlich mein Zahnarzt-Termin!" geht wohl niemand hin.
Wer geht schon zweimal im Jahr zur Kontrolle?
Eben.
Viel zu selten geht man hin. Meistens erst, wenn es weh tut. Dann muss man zum Zahnarzt, der auf den verspäteten Besuch nicht verständnisvoll, sondern natürlich mit Vorwürfen reagiert.
"Das nächste Mal bitte im Herbst wieder kommen. Zur Kontrolle. Und unbedingt alle zwei Wochen Mundhygiene machen. Un-be-dingt! Termin am besten gleich ausmachen. Geht es morgen bei Ihnen? Und nach der Mundhygiene machen wir am besten nächste Woche gleich wieder eine Kontrolle. Und die anderen sieben Löcher bohre ich Ihnen bei weiteren sieben Einzelterminen raus. Aber erst nächster Jahr. Und wehe, Sie kommen nicht. DANN FAULEN IHNEN AUCH NOCH DIE LETZTEN STUMPEN AUS IHREM DRECKSMAUL! VER-STANDEN? So. Das wären dann 150 Euro für die Spritze, 200 Euro für die Füllung und 500 Euro einfach so. Von der SVA bekommen Sie siebzig Cent zurück, abzüglich Selbstbehalt zahlen Sie also nur noch knapp hundert Euro drauf. Außerdem: Öfter Putzen. Gründlicher Putzen! Anders Putzen! Dreimal täglich Zahnseide. Stündlich Mundspülungen! Mit der TEUREN Mundspülung! Gibt es draußen bei der Assistentin. Kaufbefehl! Und jetzt Tschüss mit Ü und Ciao mit AU!"
So sind Zahnärzte.
Sollten das Zahnärzte gelesen haben: War nur Satire, hihi!
Aber stimmt ja.
Original Linzer Worte
Seit Jahrhunderten fürchten die Leut sich vom Zahnarzt, und zwar völlig zurecht! Aber würden diese Teufel in weiß auch nur einmal daran denken, ihre Praktiken zu ändern? Ich meine: Wirklich ändern, so richtig radikal?
Nein, sie bieten vielleicht Hypnosen und Füllungen mit minus 20 Prozent Krebsrisiko an, aber das ändert an meinem Userverhalten genau nix.
Ich brauch kein Lounge FM im Wartezimmer und keine uneinlösbaren Beschwichtigungen vor der Wurzelbehandlung. Ich will eine grundlegende Reform der Zahnmedizin!
Im Sitzen behandelt werden!
Es ist demütigend, sabbernd vor dem Zahnarzt zu liegen. Soll ER sich doch verrenken, wenn er sonst nicht gscheit in meinen Mund sieht.
Lob!
Wenn ich mit schimmligem Gebiss daherkomme, will ich dafür Dank und Lob. Warum soll ich mich immer dafür schimpfen lassen, dass der gierige Zahnarzt prächtig verdient an meiner schwach ausgeprägten Eigenverantwortung?
Drei Zahnärzte pro Praxis!
Pro Kontrolle sollen drei Zahnärzte dreimal hintereinander ohne Absprache mein Maul analysieren. Nur, wenn sich alle drei einig sind, dass an einer Stelle gebohrt werden muss, findet der Eingriff auch tatsächlich statt.
Weil ich sag mal so: Wer noch nie den Eindruck hatte, dass sein Zahnarzt zwischendurch mal aus reiner Raffgier ein Loch erfindet, werfe den ersten Zahnstein!
Andere Gerüche!
Gibt es denn keine Desinfektionsmittel, die nicht nach Desinfektionsmitteln riechen? "Hier riecht es nach Zahnarzt", muss man sagen und jeder kennt sich aus. Wäre es nicht schöner. wenn es beim Zahnarzt zum Beispiel nach Weihnachtskeksen duften würde? Gerne auch aufgrund von
Catering!
Vor dem Zahnarztbesuch isst man nichts, weil man Mundgeruch vermeiden will und der Appetit von der Aufregung erstickt wird. Gleich nach der Behandlung bekommt man aber immer Hunger. Leider hat man wie immer vergessen, dass man dann stundenlang nicht speisen darf.
Warum also kein kaltes Buffet im Wartezimmer anbieten? Würde die Stimmung bestimmt heben. Die Essensreste kann der Zahnarzt ja dann vor der Behandlung gschwind mit seinen Profitools rausballern.
Ehrlichkeit!
"Ist gleich vorbei, wird nicht wehtun."
In den allermeisten Fällen eine dreiste Lüge. Unerwarteter Schmerz ist doppelt schlimm. Psychologisch wäre es viel klüger, der Zahnarzt würde nicht unter-, sondern übertreiben.
"Die nächsten zehn Minuten werden die schlimmsten ihres Lebens. Selbst die Spritze wird Ihnen epochale Schmerzen verursachen. Wenn Sie diesen Eingriff überleben, werden ich mit Ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit gehen. Sind Sie bereit? Dann werden Sie jetzt gleich hautnah erfahren, was man in unserem Gewerbe unter HÖLLENQUALEN versteht!"
Sowas will ich hören!
Dann wäre man angenehm überrascht über die vergleichsweise milde Folter.
Forschung vorantreiben!
Es muss doch mittlerweile möglich sein, eine Art künstlichen Zahnschmelz zu erfinden, der von all den Schadstoffen, die mir doch so gut schmecken, unzerstörbar ist.
Wir fliegen bald zum Mars, haben automatische Fensterheber erfunden und können Mäuse klonen. Und da ist es unmöglich, einen funktionierende Zahnschutzschicht mit Abperl-Funktion und Shine-Effect zu produzieren, nach deren Aplikation man NIE WIEDER putzen, geschweige denn zum Zahnarzt muss?
Glaub ich nicht! Gibt es bestimmt schon und wird von irgendwelchen Lobbyisten verhindert.
Schalldichte Türen!
Wo ist das Problem? Schaffen Allgemeinmediziner doch auch. Doch bei vielen Zahnärzten hört man durch Altbau-Flügeltüren das irre Wimmern und flehende Greinen der anderen Patienten, wenn ihnen die faulen Beißer gezogen werden.
Mundspreizer
Nach spätestens fünfzehn Minuten wird es schmerzhaft, die Goschn unnatürlich weit aufzureißen. Gibt es denn noch immer keine Vorrichtung, die man einfach zwischen die Backenzähne spannt und dem Patienten so das "Ganz weit aufmachen bitte" erleichtert? Oder gibt es sowas eh, halt nur für gstopfte Privatpatienten!?
P.S.:
Wer mir jetzt seinen Zahnarzt empfehlen will, weil der "total geduldig und einfühlsam" ist, möge davon Abstand nehmen. Ich bin mit meiner Zahnärztin vergleichsweise sehr zufrieden! Mit meinen Zeilen heische ich nicht aus akuter Unzufriedenheit nach Tipps, sondern will vielmehr im Handumdrehen eine Branche revolutionieren, die meinen visionären Blick von außen augenscheinlich dringend benötigt!