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21. 6. 2016 - 13:35

Abschluss muss sein - oder doch nicht?

Gerade ist Hochbetrieb an den Unis. Es werden Diplomarbeiten, Bachelorarbeiten und Dissertationen geschrieben. Aber wofür eigentlich?

Von Veronika Fillitz

Die Uni Wien an einem ganz normalen Vormittag im Juni. Es ist viel los, hier wird ja ernsthaft studiert, man will fertig werden. Einen Abschluss machen.

Jarne aus Norwegen etwa studiert Jus und möchte später Anwalt werden - ein abgeschlossenen Studium ist für ihn das Um und Auf. Auch Annemarie möchte abschließen, sie will später einmal als Psychologin in Lebenskrisen helfen. Peter sieht die Sache lockerer, für ein glückliches Leben braucht’s keinen Studienabschluss.

Uni Wien Hof

Universität Wien/ Barbara Mair

Eine gewisse Konsequenz

Ein paar Meter weiter: der Stand des Karriereservice der Uni Wien. Hier werden etwa Jobs vermittelt und an der großen Karriere gebastelt. Und hier hält man einen Abschluss - wenig überraschend - für sehr wichtig: weil man bei einem Studium lerne, komplexe Dinge zu vereinfachen und sich vor allem das selbstständige Lernen aneigne. Und ein Abschluss zeuge auch von einer gewissen Konsequenz, meint Bernhard Wundsam, der Leiter des Karriereservice.

In vielen Berufsfeldern ist der Abschluss eben die Basis und Grundvoraussetzung für den Job: bei AnwältInnen - wie Jarne einer werden will -, aber auch bei ÄrztInnen und für AHS-LehrerInnen. Halbwissen reicht da nicht. Auch bei einem der größten Wirtschaftsprüfer, bei Deloitte, kommt man in viele Bereiche nur mit einem abgeschlossenen Studium.

Früher war das anders, sagt Gundi Wentner; sie ist Partnerin bei Deloitte. Früher hat auch eine abgeschlossene Handelsakademie gereicht, aber das ist schon einige Jahre her. Mittlerweile ist ein Studienabschluss auch für WirtschaftsprüferInnen oder SteuerberaterInnen Voraussetzung. Weil die Materie komplizierter geworden sei, so Wentner.

Viele Arbeitsplätze haben sich verändert, viele Jobs sind digitalisiert. Aber gerade in der digitalen Welt sieht man die Angelegenheit lockerer.
Beim Telekommunikationskonzern A1 etwa. Personalchefin Sabine Bothe legt Wert auf Know-How und Potential. Egal, wo das herkommt. Auch StudienabbrecherInnen bekommen eine Chance. Aber sie haben es auf den ersten Blick schwerer, meint die Personalerin. Das seien eben die CVs, wo man denkt: Ach, hättest du mal was zu Ende gebracht. Aber auf den zweiten Blick finden sich dann vielleicht Zusatzqualifikationen, vielleicht hat die Bewerberin ein Start-Up gegründet und war damit schon im Berufsleben erfolgreich.

Und die klassischen Tekkies oder Hacker haben sich ihr Können oft selbst beigebracht, also keinen Doktor in Programmieren.

Akademikerquote

Trotzdem: die Akademikerquote bleibt eine Größenordnung, die für den Wirtschaftsstandort bedeutend ist.
Auch bei A1 werden Graduates gesucht und gerne eingestellt - man legt auf eine Mischung im Unternehmen Wert.
Und für Gundi Wentner, Partnerin bei Deloitte, ist die Akademikerquote eine wichtige Benchmarkt und Größenordnung für die internationale Wettbewerbsfähigkeit. "Die Akademikerquote ist kein Fetisch", meint sie und verweist auf die Statistik: die Arbeitslosigkeit unter AkademikerInnen ist in Österreich sehr niedrig. Aber mehr als die Hälfte der Menschen, die keinen Job haben, haben nur einen Pflichtschulabschluss.