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Trishes

Beats, Breaks und Tribe Vibes - oder auch: HipHop, Soul und staubige Vinyl-Schätze.

23. 6. 2016 - 18:08

"I got problems bigger than these boys"

Inmitten seines Gospel-Rap Mixtapes 'Coloring Book' findet HipHop-Hoffnungsträger Chance The Rapper noch 5 Minuten Zeit, um den Majorlabels an der Seite von Lil Wayne und 2 Chainz gut gelaunt den Mittelfinger zu zeigen - der FM4 HipHop-Lesekreis liest mit.

Die Zeit ist klar auf seiner Seite: Während die traditionelle Industrie auf technologische Weiterentwicklungen des Musikkonsums immer nur reagiert, zumal mit einigen Schrecksekungen, hat Chance The Rapper die Zeichen der Zeit erkannt. Er verschenkt seine Mixtapes über Plattformen wie DatPiff, und lässt sich dabei von aktuellen Trends nichts dreinreden. Während die großen Labels vor einigen Jahren kräftig in die Verbreitung des Soundtracks zu kollektiver Depression und Selbstzerstörung einer ganzen Generation junger Afroamerikaner investierte und Künstler wie Chief Keef auch schnell wieder fallenließ, schärfte Chancelor Bennett auf dem Durchbruchs-Mixtape Acid Rap sein Profil als lebensbejahender Rapper.

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Chance The Rapper

Das weitreichende positive Feedback darauf ließ die großen Labels in Scharen bei ihm anklopfen - aber Chance The Rapper hatte an einem Vertrag kein Interesse. So wird er auch anhand seines neuen Mixtapes Coloring Book als "erster richtig unabhängiger Künstler" bezeichnet, wobei die Behandlung als Apple Music Exclusives für andere Beobachter auch nur eine neue Art von Deal darstellt. Ganz so exklusiv war das aber ohnehin nicht, denn auch das neue Mixtape ist wie gehabt auf DatPiff zu finden.

Als wäre Chance von der Ultralight Beam erleuchtet worden, ist Coloring Book stark in der Klangfarbe Gospel gehalten - Klaviere und Chöre überall. Andererseits könnte man anhand von Kanyes Geschichte auch zurecht annehmen, dass er sich da eher Chances Vision zueigen gemacht hat. Er darf jedenfalls am Intro auch mitcroonen, wie sich die Gästeliste des Mixtapes überhaupt sehr prominent liest: Future, Young Thug, Justin Bieber, T-Pain, Jeremih oder auch D.R.A.M. sind da mit dabei. Und am Barbecue-Hit No Problem dürfen auch die Toxic Twins des Rap mitmachen: Lil Wayne & 2 Chainz alias Collegroove.

Der Song ist so etwas wie ein lächelnd gezeigter Mittelfinger an die Majorlabels, aber auch eine Warnung, sich Chance The Rapper nicht in den Weg zu stellen:

If one more label try to stop me
It's gon' be some dreadhead n*ggas in ya lobby

In 2 Chainz' Vers gewinnt eindeutig der Dadaismus, mit merkwürdigen aber auch denkwürdigen Zeilen wie diesen:

Aye, aye, captain
I'm high, captain

Nicht zu vergessen auch Lil Wayne's Einwand, dass seine Probleme sowieso die größten wären. Der FM4 HipHop-Lesekreis mit Natalie Brunner, Mahdi Rahimi und meiner Wenigkeit hat sich noch genauer mit No Problem auseinandergesetzt:

FM4 HipHop Lesekreis: Chance The Rapper ft. Lil Wayne & 2 Chainz - No Problem