Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Karaoke mit den Chili Peppers"

Christoph Sepin

Pixel, Post-Punk, Psychedelia und sonstige Ableger der Popkultur

18. 6. 2016 - 10:30

Karaoke mit den Chili Peppers

Die Red Hot Chili Peppers werden zum viralen Karaokehit und veröffentlichen mit "The Getaway" ihr elftes Album.

Weiterhören

Mehr Musikgeschichten auf

Es war eine der besten Marketingaktionen, die den Red Hot Chili Peppers einfallen hat können, falls es überhaupt als solche geplant war: Das Carpool Karaoke mit James Corden, auf Youtube hochgeladen am Montag, mittlerweile bei über elf Millionen Views. Corden, der mit seiner "Late Late Show" die wirklich schwere Herausforderung hat, der Late Night-Ausnahmeerscheinung Craig Ferguson zu folgen, hat mit seinen Autokaraokesessions zumindest viral den größten Erfolg. In Erinnerung bleibt da vor allem Adeles Performance im Carpool vor ein paar Monaten.

Die Chili Peppers präsentieren sich so sympathisch, interessant und erfrischend in dem 15-minütigen Video, dass man sich als großer Fan der frühen Jahre der Band, als jemand, der irgendwie nach "Californication" vom Weg abgekommen ist, denkt: Achja, stimmt, die könnt ich mir auch wieder mal anhören. Wie praktisch, dass mit "The Getaway" gestern das brandneue, elfte Studioalbum der Band erschienen ist.

Einmal ein bisschen neu anfangen

"Es ist der Beginn einer neue Ära. Und das macht mich echt glücklich", sagt Flea über die Musik auf "The Getaway". Von Langzeitproduzent Rick Rubin hat man mal eine Pause genommen, dafür produziert Danger Mouse das Album. Und am Mischpult durfte sogar Radioheads Nigel Godrich Platz nehmen. Damit entsteht ein Sound, der leicht von der klassischen Chili-Formel abweicht. Weniger Pausen, weniger Ruhe, weniger Feedbackkratzen des Verstärkers im Hintergrund und Finger, die langsam über Basssaiten streichen. Dafür ein bisschen mehr Noise. Aber nur ein bisschen, denn ein Chili Peppers-Album bleibt "The Getaway" trotzdem.

Red Hot Chili Peppers

Steve Keros

Der Release ist auch das zweite Album, auf dem John Frusciante-Nachfolger Josh Klinghoffer die Gitarre übernehmen darf. Was laut Flea diesmal auch richtig gut funktioniert hat: "Als er vor fünf Jahren in die Band gekommen ist, haben wir als allererstes gleich mal ein Album aufgenommen. Und wir haben da nicht wirklich eine Chance gehabt, ihn als Person kennenzulernen und eine Sprache mit ihm zu entwickeln, ohne zu sprechen - eine musikalische Sprache also. Nachdem wir jetzt fünf Jahre mit ihm verbracht und dieses Album gemacht haben, ist er richtig in sein Element gekommen. Er ist so eine wundervolle kreative Kraft. Und am Ende haben wir dann etwas Großartiges gemacht."

Klinghoffers eigener Sound ist auch tatsächlich zu hören auf "The Getaway". Das ist keine einfache Imitation der Frusciante- oder Dave Navarro-Gitarre, sondern sein ganz eigenes Ding. Was das Album maßgeblich beeinflusst.

Routinierte Weirdness

Red Hot Chili Peppers - The Getaway Albumcover

Red Hot Chili Peppers

"The Getaway" von den Red Hot Chili Peppers ist auf Warner Bros. erschienen.

Was die Red Hot Chili Peppers immer schon ausgezeichnet hat, ist, dass die Band trotz all der Mainstreamtauglichkeit immer auch ein bisschen "weird" ist. Dieser eigene Mix aus Funk- und California-Rock, die omnipräsenten Basslines von Flea, die Verses, die oft gar keine sind, die Refrains, die das noch weniger sein wollen. Und der ganz einzigartige Gesang von Anthony Kiedis, dessen Gesicht man richtig vor sich sieht, wenn man seine Stimme hört.

Das alles gibt es auf "The Getaway" auch durchwegs zu finden, nur sind die Chili Peppers über die Jahre zu einer Band geworden, die lieber mal auf Nummer sicher geht. Die sich damit zufrieden gibt, eine Referenz auf sich selbst zu sein, anstatt den eigenen Sound wirklich zu revolutionieren. Trotz der "neuen Ära", die mithilfe neuer Produzenten entstehen soll.

Wenn man "Dark Necessities" als die große Single des Albums sieht und das dann mit früheren Singleauskopplungen der Band vergleicht - "Give It Away", "Aeroplane", "Otherside" und ja, sogar "Dani California", dann fehlt da eindeutig ein gewisser Esprit. Der sich auf "The Getaway" auch nicht so leicht finden lässt.

Einen richtigen Lichtblick gibt es mit Track 3 zu finden: "We Turn Red" startet stark und energetisch und Kiedis tobt sich in seinen lyrischen Spielereien aus: "We got large and we got small. We got a swimming pool and a cannon ball." Zuviel Risiko will man dann aber doch nicht eingehen und so fehlt der letzte Push, die letzte Inspiration, damit jetzt doch was richtig Einzigartiges zu machen. Ähnliches passiert auf "Goodbye Angels", zumindest Josh Klinghoffer darf darauf aber im schönen Gitarren-Bass-Duett-Outro mit Flea seinen ganz eigenen Sound demonstrieren.

Sonst noch schön am Album: Das Intro von "Detroit", der Songtitel "Go Robot", die Backing Vocals von Anna Waronker auf "The Getaway" (sowas sollten die Chili Peppers sowieso viel öfter machen), das Piano von Gaststar Elton John auf "Sick Love" und die Textzeile: "Yes I told her that, I'm the older cat. Can I scratch your back all day, I would not have it any other way."