Erstellt am: 15. 6. 2016 - 14:30 Uhr

The daily Blumenau. EM-Journal '16-34, 15-06-16.

Russland mit oder ohne Hooligans auf dem Weg heim? Hoffentlich: wieder nur ein paar Minütchen Fußballspiel können gute Slowaken nicht knacken.

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So, diesmal hat die russische Unverfrorenheit sich einfach 80 (diesmal eh nur 75) Minuten lang einfach nur Ideen und lustlos mittreiben zu lassen und erst danach die Gande aufzubringen sich überhaupt auch am Spiel zu beteiligen, nicht aufgegangen. Gegen England hat es zum Ausgleich gereicht, hier nur noch zum Anschluss. Ein Zwei-Tore-Vorsprung ist o eben nicht zu holen. Ich meine: zurecht. Der russische Ansatz, und nachdem es das zweite mal in Folge so war, würde ich meinen, das ist kein Zufall, sondern Absicht - schließlich folgte jedes mal direkt vorher eine Umstellung durch Slutsky - ist schlicht widerlich. Der russische Fatalismus in allen Ehren, aber das geht einfach nicht.

Die Slowakei war vor allem individuell und auch von seinen Spielideen her cdem Gegner deutlich überlegen Und einen Matchplan hatten sie sowieso. Alles Grundvoraussetzungen für ein Spiel, das diesen Namen auch verdient. Was gegen Wales schon zu erahnen war, manifestierte sich heute: die Slowakei bleibt hier im Rennen.

Russland kommt erst am allerletzten Drücker mit einer Idee daher.

Der dritte russische Wechsel (76.) wirkt auf den ersten Blick schwachsinnig: 15 Shirokov (der eigentliche Kapitän und Chef im zentralen Mittelfeld) kommt für Au0ßenstürmer 9 Kokorin. Vielleicht ist das aber wieder so ein schlauer Slutsky-move wie seine Umstellung in den letzten Minuten gegen England.

Russland jetzt mit einem 4-1-4-1, und enormen Druck. Glushakov und Mamaev wechseln sich als Sechser ab, Shirokov ist vorne zentral fast schon neben Dzyuba, Shatov jetzt linker Flügel, Smolov rechter. Und wie gegen England wacht das Team erst in den allerletzten Minuten auf. Und schafft in Minute 80 den Anschlußtreffer zum 1:2 durch ein Glushakov-Kopftor nach Shatov-Cross von links nach gutem Überzahlspiel.

Warum zum Teufel geht das nicht schon von Beginn an oder zumindest ab Minute 46? Was ist das für ein Plan nur fünfzehn Minuten lang wirklich fußballspielen zu wollen? Kann man's mir erklären, bitte? Und: wie soll irgendjemand Respekt vor dieser Mannschaft haben, die sich einfach komplett verweigert und dann gegen Ende quasi gnadenhalber auch mitwirkt? Ich finde das ist ein unverschämter Ansatz, den sich niemand leisten sollen/können dürfte.

Russland gibt sich auf

Slutsky bringt zur 2. Halbzeit 8 Glushakov und 11 Mamaev für Neustädter/Golovin im defensiven Mittelfeld. Nicht bös' sein, aber das sind Alibi-Wechsel, die vielleicht das Zentrum druckvoller machen, aber die Offensiv-Probleme nicht lösen wird. Hiddinks Pausenvorschlag (Samedov für den Flügel, Smolov ins Zentrum ziehen) wäre deutlich effektiver gewesen.

Und es folgt, was zu erwarten stand: Russland gibt sich (mäßig guter Tausch hin, Ausgangslage her) einfach auf. Wozu anstrengen? Man hat ein gutes Leben in der heimischen Liga, zur WM 2018 werden die meisten wieder nominiert werden, weil nix nachkommt - es gibt für diese Mannschaft einfach gar keinen Anreiz eine Idee zu entwickeln. Noch dazu: wenn sie ausscheiden, wird die Putin-Propaganda eine Verschwörungs-Theorie entwickeln, die sie von jeder Verantwortung freispielt. Letztlich ist diese Mannschaft das Produkt eines autokratischen Systems, das sich in seiner Großmannssucht selbst genügt.

Dass es wieder einmal der etwa 50jährige Kapitän Berezutski ist, der so etwas wie einen spieleröffnenden Pass spielt ist, sagt schon alles aus.

Die Slowkaei wechselt dann (67.) mit 11 Nemec einen echten Stürmer für Tofu-Angreifer 8 Duda, der sich ziemlich aufgerieben hat. Und dann darf auch 18 Dusan Svento wieder - er ersetzt 7 Weiss, und wird links deutlich vorsichtiger spielen. In der 80. kommt 21 Duris für 20 Mak, eher ein Offensivtausch.

Halbzeit-Fazit:

Inhaltlich bewegt hat sich nach dem ersten Spiel nur die Slowakei. Das, was Russland anders macht, passiert nur als Reaktion auf das was die Slowakei unternimmt. Von selber tun sie nix; diesmal wirken sie nicht mehr wie auf Droge, aber immer noch völlig uninspiriert, ohne jegliche Spielidee und auch ohne Matchplan.

Die Slowaken hingegen hatten eine Idee, eine durchaus riskante zwar, aber eine Idee eben: nicht so offensiv wie erwartet daherkommen, die Russen rauslocken, mitspielen lassen, und sie dann übertölpeln, mit höherer Präsenz und höherer individueller Klasse.
Das ist die vorsichtigere Version der 1-Halbzeit-Überrollens der Engländer, hat aber - wegen höher Effizienz - einen Zwei-Tore-Vorsprung gebracht.

Im ersten Spiel haben sich die Russen schon nach einem quasi unterlegenen 0:0 quasi aufgegeben - zwei echte Tore holen sie nicht mehr. Es sei denn, Slutsky unternimmt sofort etwas und bringt eine Idee mit ins Spiel. Seine Kicker werden das nicht (allein) können.

Letztlich greift Jan Kozaks Matchplan aber doch

Das Tor erzielt dann aber doch die bessere Mannschaft: nach einem Riesenpass v on hinten (Hamsik auf der Sechser-Position) trickst sich Vladimir Weiss frei und (32.) den Ball von links ins rechte Eck zum 0:1.

Jetzt verstärken die Slowaken ihre bisherige Anlage: ab der Mittellinie auf Angriffe und Fehler warten. Ich meine, dass sie das bis dato übertrieben haben und das zu unnötig hohem Selbstbewusstsein der Russen geführt hat. Etwas mehr Druck und Nachdruck, etwas mehr England hätte das russische Spiel gebremst und sie schon jetzt in eine Vor-Resignation treiben können. Das ist nicht passiert, also ist Russland noch im Spiel.

Außerdem fluktuiert das Personal jetzt: Pečovský; verlässt seine Position und geht oft vor in die erste Pressing-Linie, dann ersetzt Mak im Abtausch Duda vornedrin und Hamsik tut sowieso was er will; und das ist meistens sinnvoll.

Nichtsdestotrotz: das Kalkül von Kozak ist aufgegangen; die vorsichtigere Anlage hat die Russen rausgelockt, was Räume für schnelle weite Bälle in die Spitzen gab. Und die Führung stärkt den Matchplan natürlich.

Und evoziert das 2. Tor, knapp vor der Halbzeit. Hamsik nimmt einen Standard-Ball und nagelt ihn von links ins rechte Kreuzeck, sensationelles Tor.

Die seltsame slowakische Zurückhaltung lädt Russen ins Spiel ein

Erster russischer Check - Kokorin kommt wieder über rechts, Smolov über links, sonst wie gehabt, im strengen 4-2-3-1 samt dem unerfahrenem Zentrum Neustädter-Golovin.

Erster slowakischer Check: Duda agiert fast neben Hamsik vornedrin - wobei, der Chef geht auch schon einmal auf die Sechser-Position. Es sieht trotzdem wie ein 4-2-4 aus, mit keiner klar erkennbaren Spitze - man kann es auch ein 4-2-4-0 nennen... Gerade einmal beim nicht gerade übertrieben hohen Pressing ist Duda der erste. Und Lufthoheit werden sie mit ihm keine erringen können.

Ansonsten sind die Slowaken zwar schnell die dominante Mannschaft, lassen aber - klugerweise - Russland mitspielen, fordern sie und zwingen sie so zu Fehlern, die dann mit schnellen Passes in die Spitze ausgenützt werden. Das russische Spiel entspricht der Hiddinkschen Analyse der ideenlosen Spielanlage.

Overall ist der verhaltene slowakische Ansatz aber nicht so nachvollziehbar: wenig Pressing, man zieht sich weit zurück und will nicht so recht in die Verantwortung kommen. Quasi die Gegenthese zum England-.Spiel, als die Russen reingedrängt wurden (und sich willig fügten). Die Freiheiten, die sie von Kozaks Team erhalten, nutzen sie zu schnellen Abschlüssen (Smolov verschießt da nur knapp) oder zu ihrem einzigen /echten /move - das ist der Vorstoß über rechts und die Flanke auf Dzyuba.

Was vor den Spiel zu erzählen ist...

Im Auftakt-Match zur zweiten Runde wird sich Russland zunächst einmal sportlich bewähren müssen; und das gegen den nächsten schweren Gegner in einer schweren Gruppe. Denn die Slowakei hat sich im ersten Spiel durchaus gut dargestellt. Das Team um Marek hamsik muss aber dringend gewinnen um im Turnier zu bleiben.

Ich würde davon ausgehen, dass Slutsky Russland wieder hinten reinstellt, als Motto eher Inaktivität ausgibt und wieder auf Konterchancen, oder ein finales Wunder hofft, und überhaupt auch mit einem 0.0 zufrieden wäre.

Im übrigen sagt Ex-Russland-Trainer Gus Hiddink gerade im ARD, dass die Mannschaft aktuell keine gute Spielidee zur Gestaltung hat. Und er bestätigt dann auch am konkreten Beispiel von Akinfeev das russische Grundproblem: weil wegen des hohen Gehalt-Niveaus in der russischen Liga niemand Ansporn hat ins Ausland zu gehen (wo man was lernen und besser werden kann) stagniert der russische Fußball.

Ich wäre davon ausgegangen, dass Jan Kozak einiges riskiert, weil er sicher gesehen hat, dass die Russen durchaus zu überrollen sind und sich dann wohl ganz wehrlos ergeben. Das tut er aber nicht: er krempelt sein Team an drei Stellen um und nimmt den einzigen echten Stürmer raus, ersetzt ihn durch Duda, der zuletzt rechts in Mittelfeld gespielt hat. Kozak setzt trotz Duris, Nemec und Sestak einen offensiven Mittelfeldspieler in die Sturmspitze - Keine Ahnung wie da der Matchplan aussehen soll, die ersten Minuten werden das zeigen.

Russand, in vollrot: 1 Akinfeev; 3 Smolnikov, 4 Ignashevich, 14 (K) Vasili Berezutski, 21 Shchennikov; 5 Neustädter, 13 Golovin; 9 Kokorin, 17 Shatov, 10 Smolov; 22 Dzyuba.

Das ist das personell genau selber 4-2-3-1 wie im 1. Match. Und das ist überraschend, weil Russland am Schluß mit 15 Shirokov, 8 Glushakov und auch 11 Mamaev im Mittelfeld deutlich druckvoller daherkam. Die einzige Aufstellungsfrage wird sein ob Smolov und Kokorin wieder quasi auf den falschen Seien spielen werden.

Ganz in weiß, die Slowakei: 23 Kozáčik; 2 Pekarik, 3 (K) Škrtel, 4 Ďurica, 15 Hubočan; 19 Kucka/Kuco, 22 Pečovský; 20 Mak, 17 Hamšík, 7 Weiss; 8 Duda.

Hubocan ersetzt 18 Svento als Linksverteidiger, Pečovský sielt statt 13 Hrošovský in der Mittelfeldzentrale neben Kuco. Neu rein kommt 8 Ondrej Duda, eigentlich ein Flügel. Weil aber 21 Ďuriš fehlt, wird er wohl ganz vorne spielen - oder Hamsik agiert als falscher Neuner. In jedem Fall ist das eine überraschende Aufstellung