Erstellt am: 15. 6. 2016 - 15:42 Uhr
Kopf hoch!
Ich bin im Stadion von Varna aufgewachsen. Mein Großvater, ein ehemaliger Fußballer und späterer Funktionär von Spartak Varna nahm mich zu jedem Fußballspiel mit. Ich verstand wenig von Fußball, aber jedes Spiel war wie ein Fest für mich. Mein Opa kaufte uns zwei Zeitungstrichter gefüllt mit Sonnenblumenkernen und wir aßen sie während des Spiels. Großvater änderte sich immer sehr, wenn wir im Stadion waren: Normalerweise war er ein ruhiger und leiser Mensch. Im Stadion aber fing er an zu schreien, sein Gesicht wurde rot und die Worte, die er manchmal dem Schiedsrichter an den Kopf warf, sind weder für ein Kind, noch für eine Radiosendung angemessen.
Dadurch habe ich verstanden, dass Fußball Menschen wirklich verändern kann. Wenn Spartak ein Spiel gewann, war Opa unglaublich glücklich. Er kaufte mir immer einen Eis und nannte mich ein "tolles Kind, ein würdiger Nachfolger". Ich wollte vor Stolz platzen! Es war aber hart, wenn Spartak mal verlor. Opas Gesicht wurde wie versteinert und er suchte nach einem Grund, mich zu bestrafen. Als ich einmal nach einem verlorenen Spiel meckerte, dass mir heiß sei, sagte mein Opa: “Was für eine verweichlichte Generation! Die können ja nicht mal die Sonne aushalten! Eine Klimaanlagengeneration ist das!”

CC BY-SA 3.0 Rnaz10 via Wikicommons
Ich wollte auch ein Fußballer werden. Mit meinem Opa schaute ich mir die Siege der Bulgaren bei der Fußball-WM 1994 an. Die Fußballer von damals erschienen uns unglaublich sympathisch: der dumme Stoitschkov, der kahle Letschkov , Nasko Sirakov, der einen Ohrring mit einem Kreuz trug und Trifon Ivanov (möge er in Friede ruhen) mit seinem Gesicht eines Kannibalen. Ich wollte wie diese Fußballer sein - von allen geliebt. Bald nach der WM 1994 starb mein Opa. Er musste nicht mitansehen, wie diese bulgarische Fußballnationalmannschaft immer schlechter wurde. Und aus mit ist kein Fußballer geworden.
Ich habe seit kurzem angefangen, die österreichische Fußballnationalmannschaft zu unterstützen. Ich fand es toll, dass Migrantenkinder wie Alaba und Arnautovic die Idole der jungen Österreicher sind. Ich sah mir neulich auch eine ORF Doku über den Fußballer Dragovic an, der egal wo er spielt, immer seine Oma und seinen Opa mitbringt. Da musste ich wieder an meinen Opa denken.
Vor einer Woche hat Bulgarien gegen Japan 2:7 verloren. Deshalb: Kopf hoch Österreich! Noch ist das letzte Spiel nicht gespielt!