Erstellt am: 13. 6. 2016 - 19:14 Uhr
Rechtsextreme Demonstration: Kritik an Polizei
Am Samstagnachmittag fand am Wiener Gürtel zwischen Stadthalle und Westbahnhof eine rechtsextreme Demonstration und Gegendemonstration statt. Kollege Martin Pieper hat berichtet.
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Bernhard Weidinger vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes im FM4 Reality Check zum Vorgehen der Wiener Polizei.
Auf Seiten der Gegendemonstranten gab es sieben Festnahmen, ein Rechtsextremer sei nach dem Verbotsgesetz angezeigt worden und nach Ausschreitungen, bei denen 13 Personen verletzt wurden, steht die Polizei nun in der Kritik, weil die Beamten nach Blockaden massiv Pfefferspray eingesetzt haben.
"Berechtigter Einsatz von Pfefferspray"
"Willkürlich", berichten Augenzeugen, "Berechtigt", sagt Thomas Keiblinger, der Pressesprecher der Wiener Polizei: "Es hat mehrfach die Aufforderung an die Gegendemonstranten gegeben, Platz zu machen und den Abstand wieder zu vergrößern. Als man diesen Aufforderungen nicht nachgekommen ist, als Angriffe auf die Beamten gesetzt worden sind, ist dann vom Pfefferspray Gebrauch gemacht worden."
Laut Keiblinger ist der Einsatz von Pfefferspray bei passivem Widerstand gesetzlich gedeckt. Aber nicht nur wegen dieser Vorgehensweise wird die Polizei nun kritisiert.
Denn am Samstag Abend, lange nach dem Ende der angemeldeten Hauptdemonstration am Wiener Gürtel, sind rund 150 Rechtsextreme in Anwesenheit der Polizei laut schreiend mit Bengalischen Feuern durch die Wiener Josefstadt marschiert. Diese Demonstration war nicht angekündigt und wurde dennoch nicht von der Polizei aufgelöst. Warum?
"Die gesetzliche Grundlage reicht nicht aus, die Versammlung aufzulösen, nur weil sie nicht angemeldet wurde", so Keiblinger, "hier gibt es keine gesetzlich Grundlage, vor allem bei so kleinen Versammlungen. Hier habe ich keine Verkehrsbehinderung, hier habe ich keine Gefährdung. Es wurden keine Gewalttaten gesetzt, im Gegensatz zu vorher."
"Interessante Lesart des Demonstrationsstrafrechts"
Diese wohlwollende Auslegung der Gesetzgebung sieht der Kriminalsoziologe Reinhard Kreissl sehr kritisch: "Das ist eine interessante Lesart des Demonstrationsstrafrechts. Wenn das keine Demonstration ist, dann weiß ich nicht, wann diese Regelung zum Einsatz kommen soll. Gut, man kann immer argumentieren, dass man damit Schlimmeres oder Eskalation verhindern will. Das ist durchaus ein legitimes Argument, aber angesichts der Art und Weise, wie gegen linke Demonstranten vorgegangen wird, scheint mir das doch eine sehr freundliche Interpretation der Ereignisse."
Reinhard Kreissl war bei dem rechtsextremen Aufmarsch in der Josefstadt nicht zugegen, allerdings hat er sich am Nachmittag die Demonstration am Wiener Gürtel angeschaut. Seiner Meinung nach war der Einsatz von Pfefferspray "verfrüht und willkürlich" und auch die Verhaltensweise der Polizei gegenüber den Gegendemonstranten ist für ihn nicht sehr professionell:
"Wenn man so in die Gesichter der Polizisten geschaut hat und wie sie so am Rande agierten - zum Beispiel wenn sie in ihren Polizeiwagen steigen und dann mit 60 Stundenkilometer drauffahren gegen eine Kette von Gegendemonstranten und ganz kurz vorher nur abbremsen und da so eine Erschreckungsstrategie fahren und dann auch noch die Tür aufmachen und mit den Stiefeln auf Demonstranten treten, was ich da so beobachtet hab am Rande, dann gibt mir das doch zu denken, ob die Polizei innerlich und von ihrer Haltung richtig darauf vorbereitet ist, solche Einsätze auch professionell durchzuführen."