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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

11. 6. 2016 - 20:50

The daily Blumenau. EM-Journal '16-23, 11-06-16.

Gibt es da eine Erklärung? Wieso bricht England nach einer Top-Halbzeit in sich zusammen und gewährt Russland so noch ein Remis?

The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.

Das ist ein Eintrag ins EM-Journal '16. Hier steht alles übers ÖFB-Team

Das war Frankreich vs Rumänien gestern abend. Heute gab es schon Albanien - Schweiz und aus der Gruppe B schon Wales vs Slowakei.

Die Gegner in Gruppe F sind Island und Ungarn sowie Portugal.

Außerdem: die Gruppe A mit Frankreich, Albanien und Rumänien sowie der Schweiz. Gruppe B mit England, Wales, Russland und der Slowakei. Die Gruppe C mit Weltmeister Deutschland, Polen, der Ukraine und Nordirland. Und dann noch Gruppe D mit Titelverteidiger Spanien, Türkei und Kroatien und Tschechien sowie Gruppe E mit Belgien, Italien, Schweden und Irland.

Die Klick-Übersicht übers Turnier.

Alles über die Trikotfarben - wie vieles Nutzvolles und Offizielles auf uefo.com/uefaeuro zu finden. Hier schreibt der ÖFB, da die Previews und Analysen bei abseits.at und das ist die Info-Site von sport.orf.at.

#ENGRUS #fußballjournal16 #emjournal16

Eigentlich unglaublich: Nach einer 1. Halbzeit, in der sie den Gegner in Grund und Boden spielten, lässt sich England durch Stillstand-Fußball in Halbzeit 2 die Butter noch vom Brot nehmen und eine schwere gefühlte Niederlage erleidet.

Eigentlich noch unglaublicher: Nach einer 1. Halbzeit, in der sie mental nicht auf dem Platz waren, reichen Russland die Rückumstellung auf die Bestformation und ein taktischer move von Slutsky, den ich noch nicht kapiert habe, um sich noch ein Remis zu erkämpfen.
Das war final ein 2-2-4-2 mit den Außenverteidigern als Flügel, Shatov und Shirokov hinter zwei Stümern und nur mehr vier Defensiven. Und eine weite Flanke hat dann das 1:1 gebracht, auch weil ein echter Kopfballspieler noch vorne drin war.

Heute Abend ist die erste Mannschaft, die sich schon meisterlich präsentiert hat, tief ins Nirgendwo gestürzt. Schlimmer Knacks fürs englische Selbstbewusstsein. Russland hingegen war schon klinisch tot, zappelt aber jetzt wieder mit den anderen Fischen im Teich.

Der Grund für den Niedergang in Halbzeit 2? Dass die Peak-Performance von Halbzeit 1 nicht nur nicht wiederholt werden konnte, sondern schon im Ansatz nicht mehr angestrebt wurde. Sowohl die Außenverteidiger als auch die beiden Achter/Zehner Alli und Rooney waren keine Unterstützung mehr für die vorderen drei, die auf sich allein gestellt wirkten.
Und, schlimmer noch: Mit dieser Weigerung das Tempo zu gehen, ermöglichte England dem Gegner erst sich wieder aufzurichten. Bei entsprechender Fortsetzung des Drucks wäre Russland nicht einmal ansatzweise zurück ins Spiel gekommen.

Als Hodgson das knappe 1:0 auch noch absichern wollte und nicht auf die neue Achse Glushakov-Shirokov reagierte, die Russland völlig neu gewichtete, war man dem Schicksal ausgeliefert. Und das hält immer wieder Last-Minute-Goals bereit.

Der Nebeneffekt: Die Gruppe B ist jetzt schon so offen, wie es im Vorfeld kaum jemand erwartet hatte.

PS: weil ich's schon wieder höre - schuld an allem sei die überlange englische Saison. Ja, und wieso gilt das immer nur als Ausrede für die Engländer und nicht für all die anderen Teams, die auch mit vielen Premier-League-Spielern antreten? Eben. So einfach kann man sich's nicht machen...

Stehversuch und glückliche Führung und...

In Halbzeit 2 hat England das Tempo komplett rausgenommen, liefert Stehversuche, überlässt Russland Spielanteile, die auch Selbstvertrauen bringen. Und schließlich auch echte Chancen: Smolov schießt in der 63. knapper vorbei, als es bei allen englischen Szenen in Halbzeit 1 der Fall war. Die Russen machen nichts anders, es ist die englische Schwäche ab der 46. Minute, die das Match zu drehen droht.
England ist dabei, sich selber zu schlagen: kein Druck mehr, keine Flankenpower, keine Kombinationen quer durchs Mittelfeld, keine Quer- und Längs-Läufe mehr, die Außenverteidiger rücken nicht mehr nach, Alli und Rooney ordnen sich neben Dier ein, da geht gar nichts. England steht.

Der doppelte Stangenschuss in Minute 71 (der von Rooney hätte auch gegolten) als Weckruf?
Ja und nein. Dier erlöst sein Team mit einem direkt verwandelten und haltbaren Freistoß (73.), aber da war nichts aus dem Spiel heraus, das England in Halbzeit 2 völlig aus den Augen verloren hat.

Kurz danach bewegt sich was, Kanes Körpertäuschung ruckelt zumindest mich hoch, dann (77.) kommen zwei Wechsel. Der erste repariert einen Irrtum: 15 Shirokov kommt für 13 Golovin, das bedeutet auch ein wenig mehr Offensive. Und 8 Glushakov für 5 Neustädter - das war das eigentlich erwartete zentrale Duo. Dazwischen wird auch 18 Wilshere für 10 Rooney eingetauscht -> Kapitän ist jetzt Cahill. Alles Positionswechsel, die trotzdem Bewegung ins Spiel bringen.

In Minute 87 bringt Hodgson 4 Milner für 7 Sterling, um abzusichern (obwohl Milner links außen bleibt), also doch kein Vardy heute.
Und kurz davor hat Slutsky 11 Mamaev für 10 Smolov gebracht und wieder auf zwei Sechser zurückgestellt, so, als müsste er auch was absichern.

Obwohl: Es zahlt sich aus. Der nach einem Standard vorne geblieben Kapitän Berezutski kriegt einen Kopfball und lupft ihn ins lange Eck. Ausgleich in der 92. Minute.

Halbzeit-Fazit

Es ist ein bissl der Spielverlauf, den man fürs Eröffnungsspiel erwartet hatte: Ein Top-Favorit tut sich gegen einen klar Unterlegenen schwer.

England ist die erste Mannschaft, die echte Überlegenheit erzielen kann, nicht nur gefühlte wie Frankreich oder eine schmale wie Wales oder gar die Schweiz. England ist echt besser, deutlich, klar.

Das hat mit dem Matchplan zu tun, der einem auch sehr gut gerüsteten, aber personell einfach nicht so gut bestalltem Gegner keine Luft lässt. Mit dem 4-1-4-1 drückt Hodgson die russische Abwehr dermaßen in die Seile, dass weder von ihr noch aus dem defensiven Mittelfeld Aufbauarbeit kommen kann. Russland ist auf Zufalls-Attacken nach englischen Fehlern angewiesen; und die passieren kaum.

Dabei hat Slutsky, durchaus schlau, ein Konzept hingestellt, das gegen das erwartete 4-3-3 von England gar nicht schlecht ausgesehen hätte: viel Flügelspiel, Einbindung der Außenverteidiger... - das kann er sich aber alles aufmalen.

Auch in Halbzeit 2 wird sich das nicht bessern - gegen dieses englische Team ist jede russische Idee machtlos. England kann sich jetzt nur noch selber schlagen, etwa indem man weiterhin kein Tor schießt und hinten was zulässt.

Und auch das Spiel birgt jede Menge Überraschungen

England beginnt wie der Wirbelwird, die Offensive fuhrwerkt durch den russischen Strafraum. Wenn die Außenverteidiger mitgehen, sind bis zu 7 Anspielstationen aktiv, das ist enorm. In den ersten Minuten präsentiert sich Alli als der Chef, nicht Rooney.

Russland versucht die Viererkette und die zwei Sechse stabil zu halten, davor haben die vier Offensiven viele Freiheiten: Kokorin und Smolov etwa beginnen auf der "falschen" Seite, vielleicht bleibt das so, eher wird viel rochiert werden. Und ja, es sind drei russische Stürmer auf dem Platz: alle drei, die sie im Kader haben. Mehr russische Offensive geht also nicht. Gutes Pressing!

Die breite Offensiv-Front der Engländer hat den Vorteil, dass sie über beide Seiten gleich stark sind, Walker-Lallana werden ebenso wie Rose-Sterling von Alli und Rooney zu Dreiecken ergänzt. Das sieht sehr gut aus, exzellentes Direktpass-Spiel.

Als hätte Slutsky das geahnt, sind die Russen gut drauf eingestellt, ziehen die Flügelspieler immer wieder in die Defensive zurück, stellen so nicht nur sechs, sondern acht Akteure gegen die sieben potentiellen Angreifer und erwehren sich so noch.

Übrigens: Smolov (links) und Kokorin (rechts) bleiben stabil auf ihren Seiten, dafür rochieren Ignashevich und Berezutski in der Innenverteidigung andauernd, wechseln sich (gänzlich ohne Gegnerorientierung) ständig ab. Und Shatov hilft Dzyuba beim ersten Anpressen, da stehen die Russen dann 4-4-2.

Die ersten Überraschungen sind schon vor dem Spiel passiert

Beide können nur gewinnen, beide können nur verlieren.

Russland traut niemand wirklich etwas zu, also wird jeder kleine Erfolg etwas bedeuten. Andererseits: Wenn der Ausrichter von 2018 sich blamiert, dann weint nicht nur Putin. Der Druck, der von daheim kommt, von den vielen Menschen, denen patriotische Verblendung die Sicht auf die Dinge verstellt, ist enorm.

England hat ein umgebautes, junges Team - von dem niemand erwartet, dass hier endlich etwas kommt, das an 1966 andockt. Andererseits hat die Fußball-Welt England kollektiv als Co-Favorit auf dem Zettel. Und trotz anderer Beteuerungen würde eine schlechte Performance die Erfinder des Fußballs wieder einmal bremsen

Beide stellen höchst überraschend auf. Roy Hodgson hat nur einen zentral-defensiven Mittelfeldspieler in seiner Formation - wo in den Testspielen immer drei waren. Stattdessen spielen mit Rooney und Alli zentral auf den Halbpositionen vor Dier. Mit Lallana und Raheem Sterling an den Flügeln und Mittelstürmer Harry Kane sind das fünf ausgesprochen offensiv orientierte Akteure - da springt jemand enorm über seinen Schatten und stellt alle Erkenntnisse der Vorbereitung aufs Spiel.

Das doppelt überraschende: Auch die Russen riskieren total, stellen drei echte Stürmer auf den Platz, also alles, was sie im Kader haben. Auch damit war nicht zu rechnen. Dass Shirokov und Glushakov u.a. durch den von Putin höchstselbst frisch eingebürgerter Roman Neustädter ersetzt werden, ist die personell noch größere Schlagzeile.

England spielt in Weiß mit 1 Hart; 2 Walker, 5 Cahill, 6 Smalling, 3 Rose; 17 Dier; 8 Lallana, 20 Alli, 10 Rooney, 7 Sterling; 9 Kane.
Das ist eine ungewöhnlich offensive Aufstellung, letztlich ein 4-1-4-1, Jamie Vardy wird von der Bank kommen.

Russland spielt in Rot mit 1 Akinfeev; 3 Smolnikov, 4 Ignashevich, 14 Vasili Berezutski (Kapitän), 21 Shchennikov; 5 Neustädter, 13 Golovin; 10 Smolov, 17 Shatov, 9 Kokorin; 22 Dzyuba. Auch das ist ungewöhnlich, letztlich ein 4-3-3 bzw 4-2-1-3. Und Neustädter-Golovin statt Shirokov-Glushakov, das ist eine Sensation.

England kommt ja ganz ohne Legionäre aus, der einzige bei Russland, Neustädter, spielt jedoch.

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England (Roy Hodgson): 1 Joe Hart (Manchester City), 13 Fraser Forster (Southampton), 23 Tom Heaton (Burnley); 2 Kyle Walker, 3 Danny Rose (Tottenham Hotspur), 12 Nathaniel Clyne (Liverpool), 5 Gary Cahill (Chelsea), 6 Chris Smalling (Manchester United), 16 John Stones (Everton), 21 Ryan Bertrand (Southampton); 19 Ross Barkley (Everton), 17 Eric Dier, 20 Dele Alli (Tottenham Hotspur), 7 Raheem Sterling (Manchester City), 14 Jordan Henderson, 4 James Milner, 8 Adam Lallana (Liverpool), 18 Jack Wilshere (Arsenal), 11 Jamie Vardy (Leicester City), 9 Harry Kane (Tottenham Hotspur), 15 Daniel Sturridge (Liverpool), 10 Wayne Rooney, 22 Marcus Rashford (Manchester United).

Abruf: Danny Drinkwater (Leicester City), Andros Townsend (Newcastle United), Fabian Delph (Manchester City)

Verletzt: Jack Butland (Stoke); Alex Oxlade-Chamberlain, Theo Walcott, Danny Welbeck (Arsenal).

Considered: Robert Green (QPR), John Ruddy (Norwich); Leighton Baines, Phil Jagielka (Everton), Kieran Gibbs, Calum Chambers (Arsenal), Phil Jones, Luke Shaw, Michael Carrick (Manchester United), Jonjo Shelvey (Newcastle), Tom Cleverley (Everton), Ryan Mason (Tottenham Hotspur), Jesse Lingard (Manchester United), Charlie Austin (Southampton), Danny Ings (Liverpool).

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Russland (Leonid Slutsky): 1 Igor Akinfeev (CSKA Moskva), 12 Yuri Lodygin (Zenit St. Petersburg), 16 Guilherme Alvim Marinato (Lokomotiv Moskva); 3 Igor Smolnikov (Zenit St. Petersburg), 2 Roman Shishkin (Lokomotiv Moskva), 6 Aleksei Berezutski, 14 Vasili Berezutski, 4 Sergei Ignashevich, 21 Georgi Schennikov (CSKA Moskva), 5 Roman Neustädter (Schalke/DEU); 8 Denis Glushakov (Spartak Moskva), 15 Roman Shirokov, 13 Aleksandr Golovin (CSKA Moskva), 7 Artur Yusupov (Zenit St. Petersburg), 11 Pavel Mamaev, 20 Dmitri Torbinski (Krasnodar), 23 Dmitri Kombarov (Spartak Moskva), 18 Oleg Ivanov (Terek Grozny), 18 Aleksandr Samedov (Lokomotiv Moskva), 17 Oleg Shatov (Zenit St. Petersburg); 22 Artem Dzyuba, 9 Aleksandr Kokorin (Zenit St. Petersburg), 10 Fedor Smolov (Krasnodar).

Verletzt: Igor Denisov (Dynamo Moskva), Alan Dzagoev (CSKA Moskva), Yuri Zhirkov (Zenit St. Petersburg), Oleg Kuzmin (Rubin Kazan ), Denis Cheryshev (FC Valencia/SPA).

Considered: Vladimir Granat, Sergei Parshivlyuk (Spartak Moskva), Ivan Novoseltsev (FC Rostov), Nikita Chernov (CSKA Moskva), Aleksei Miranchuk, Maksim Grigorjev, Dmitri Tarasov (Lokomotiv Moskva), Aleksandr Kerzhakov (FC Zürich/SUI), Aleksei Ionov (Dynamo Moskva), Viktor Faizulin (Zenit St. Petersburg), Magomed Ozdoyev und Maksim Kanunnikov (Rubin Kazan).