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Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

11. 6. 2016 - 13:28

Schauspiel und Spiel

Der Tiroler Künstler Georg Hobmeier hat sich vom technikbegeisterten Performer zum enthusiastischen Gamedesigner gewandelt. Ein Porträt.

Spielemacher_innen

Die FM4 Spielkulturredaktion präsentiert in unregelmäßigen Abständen ausgewählte österreichische Gamedesigner_innen und ihre Werke.

Kunst- und kulturschaffende Menschen sind ja dann besonders interessant, wenn sie zwischen verschiedenen Gemeinschaften und Szenen wandeln können und sich dann und wann neu erfinden. Der aus Tirol stammende Georg Hobmeier ist einer von ihnen: Er hat sich vom Schauspielstudenten zum Indie-Performer zum Gamedesigner gewandelt. Im Laufe dieser rund zwanzig Jahre hat er entsprechend viele Erfahrungen gesammelt, unterschiedliche Menschen und Gemeinschaften kennengelernt und viele Recherche-Reisen angetreten.

Die Idee, die Georg Hobmeier schon seit seinen Jugendtagen begeistert, ist die Veränderung und Erweiterung des menschlichen Körpers durch Technologie. Die Ausweitung der Bewegung und Ästhetik des Körpers, das Verschmelzen von biologischen Individuen mit Hard- und Software. Das schlägt sich auch in vielen seiner Performancearbeiten wie etwa "Impulse" nieder.

Der augmentierte Künstler

Ein Geek im Theater ist nichts Alltägliches. Georg Hobmeier merkt schon während des Studiums, dass seine Mensch-Maschine-Interessen in der alternativen Performanceszene besser aufgehoben sind als auf den Bühnen der Hochkultur und traditionellen Off-Theaterszenen.

Georg Hobmeier

Robert Glashüttner

Hobmeiers Bühnenkarriere hat Ende der 90er Jahre begonnen und lief bis Anfang der 2010er Jahre. Es hätte noch länger so weitergehen können, doch irgendwann fühlte sich auch die thematisch freiere Performanceszene für ihn - vor allem in Bezug aufs Publikum - zu isoliert an.

Also wurde über den Tellerrand geblickt: Mitte der 2000er Jahre beginnt die Salzburger Künstlergruppe gold extra, dessen Mitglied Georg ist, erstmals an einem Computerspiel zu arbeiten: "Frontiers". Das war zu einer Zeit, als zugängliche Entwickler-Engines wie Unity noch nicht existiert haben und man sich im Wesentlichen nur zwischen Flash-Games in 2D und Mods von First-Person-Shootern entscheiden konnte. Darüber hinaus hatten Georg und gold extra mit dem Medium Computerspiel damals kaum Erfahrung - es war ein Sturz ins kalte Wasser, der aber schlussendlich von Erfolg gekrönt war. Das war der Beginn von Georg Hobmeiers neuer Karriere: die Entwicklung von Serious Games.

Eine Frau sieht auf einen Grenzzaun: Ausschnitt aus dem Computerspiel "Frontiers".

gold extra

"Frontiers"

Entscheidung fürs Spielemachen

Eine Weile hat Georg Hobmeier sowohl sein altes Theaterleben als auch seine neue Gamesentwickler-Leidenschaft verknüpft. Doch vor zirka drei Jahren gab es die Entscheidung fürs Spielemachen: 2014 gründet er mit einem Partner Tilmann Hars das Games-Studio Causa Creations und arbeitet fortan an mehreren kleineren Serious-Games-Projekten. Also Computerspiele, die etwas über unsere physische Welt erzählen bzw. erlebbar machen. Etwa, wie es sich anfühlt, ein armer Schuhverkäufer auf den Straßen Daressalams (Tansania) zu sein - in einem Spiel namens "Sole City".

Von der Dramaqueen zum Programmierflüsterer

Ausschnitt aus Georg Hobmeiers Notizbuch

Robert Glashüttner

Knapp zehn Spiele, etwa die interaktive Ostafrika-Reise "From Darkness" oder das Elektronikabfall-Game "Burn The Boards", sind mittlerweile unter der Leitung von Georg Hobmeier entstanden oder entstehen gerade. Es ist verblüffend, wie sehr eine Person quasi gleichzeitig an mehreren Projekten arbeiten kann - zumal Games-Entwicklung ja nichts Triviales ist. Aber Georg hat erstens ein fantastisches Notizbuch, wo alles mehr oder weniger übersichtlich eingetragen wird. Zweitens hat er sich eben vollends in sein neues Leben als Spielemacher geworfen und dabei auch viel über sich selbst gelernt:

"Theater hat eine ganz andere Konfliktkultur. Da geht man davon aus, dass die sehr offene Austragung von Konflikten Teil des künstlerischen Prozesses ist. Diese Krise und diese Katharsis werden auch in der Team-Kommunikation offen ausgelegt. Drama! Man schreit und beschuldigt sich, rauft sich dann aber doch zusammen. Am Anfang habe ich meine neuen Kollegen mit meiner Emotionalität ein bisschen gepiesackt. Und jetzt sagen die Leute, ich bin wesentlich ruhiger geworden. Ich glaube, ich habe mich ein bisschen zum Programmierflüsterer entwickelt."