Standort: fm4.ORF.at / Meldung: " Aufmerksamkeit für identitäre Störaktion"

Claus Pirschner

Politik im weitesten Sinne, Queer/Gender/Diversity, Sport und Sonstiges.

10. 6. 2016 - 17:08

Aufmerksamkeit für identitäre Störaktion

Das Video zur Störaktion in Klagenfurt ist 50.000 Mal innerhalb eines Tages gesehen worden.

Zehn Aktivisten der rechtsextremen Identitären haben gestern eine Vorlesung an der Uni in Klagenfurt gestört. Teilweise verkleidet haben sie eine Steinigung inszeniert und über Megafon einen Zuwanderungsstopp und die Selbsterhaltung des Volkes gefordert.

Nach wenigen Minuten war die Aktion vorbei. Die Identitären sind erst abgezogen, als ein Student per Handy die Polizei verständigt hat. Als sich Rektor Oliver Vitouch einem Identitären in den Weg gestellt hat, um seinen Namen zu erfahren, hat ihn dieser mit der Faust in den Magen geschlagen. Der Rektor wurde nicht verletzt. Sein Fazit:"Ich wollte die Identität des Identitären feststellen, das war ihm aber offenbar nicht so recht."

Störaktion der Identitären an der Uni Klagenfurt

Youtube/Matthias Koechl

Solche Störaktionen häufen sich in den letzten Monaten in Österreich. Sie erreichen eine hohe mediale Aufmerksamkeit, zumindest einen beachtlichen Impact in den sozialen Medien. Das auf Youtube vom grünen Nationalrat Matthias Köchl gepostete Video schauen sich innerhalb eines Tages an die 50.000 UserInnen an. Die Aktion führt zu vielen Protestreaktionen, vor allem aus der Politik.

Das Amateurvideo der Störaktion erreicht innerhalb eines Tages wesentlich mehr Menschen als die meisten "Eigenproduktionen" der Identitären im Netz. Der (sozial-) mediale Verstärkungseffekt der Identitären lässt sie jedenfalls größer erscheinen. Politologe Reinhard Heinisch schätzt 100 bis 200 AktivistInnen in Österreich.

Aufmerksamkeitsstrategie der elitären Identitären

Politologe Heinsich

Heinisch

Politologe Reinhard Heinisch

Haben die Rechtsaußen-AktivistInnen diesen Ablauf der Aufmerksamkeitssteigerung strategisch zu ihren Gunsten so einkalkuliert?
Der hohe Social-Media-Impact bewirke jedenfalls, dass die Identitären ihre Zielgruppe erreichen, sagt der Politologe und Rechtsextremismus-Experte Reinhard Heinisch: "Leute, die politisch etwas zynisch sind, nicht interessiert sind, die vielleicht auch sonst mit rechtem Gedankengut wenig am Hut haben, aber die das ganze irgendwie cool, schräg, interessant, anders finden."

Die Identitären haben aus Heinischs Perspektive mit Rechtspopulismus wenig zu tun. Die Aktivisten stammen selber häufig aus der oberen Mittelschicht, aus oberen Schichten, beziehungsweise aus höher gebildeten Schichten. Sie hätten ein Selbstverständnis als eine Art Speerspitze, also als Elite, die sich gegen andere Eliten stellt: "Sie suchen genau diese Punke auf, wo sie maximal auffallen. Sie gehen auf der Universität vor. Das ist eigentlich ein Interelite-Diskurs. Das heißt, die Gegner - die Studenten und Rektoren, sind auch Eliten."

Notwendig, dagegen zu halten

Jede Reaktion auf solche Aktionen nütze auch dem Bekanntwerden von identitären Positionen, bestätigt der grüne Nationalratsabgeordnete Karl Öllinger, Betreiber der Website stopptdierechten.at, kürzlich im FM4 Interview: "Gleichzeitig ist es unabdingbar und notwendig, da entschieden dagegen zu halten. Erstens, weil diese Aktionen, vor allem die Aktionen der letzten Monate, immer deutlich eine latente bis offene Gewaltbereitschaft der Identitären erkennen lassen, und: Sie etablieren sich auch als ein Faktor neben der FPÖ, in der FPÖ, und da braucht es eigentlich sehr entschiedene Antworten, die alle Ebenen umfassen müssen, von der politischen Antwort bis natürlich zur repressiven Antwort." Der Staat, so Öllinger, sei gefordert, entschiedener gegen Identitäre vorzugehen.