Erstellt am: 9. 6. 2016 - 18:48 Uhr
Anreisefragen und Festivalchallenges
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Es sieht schön aus, es ist warm, es riecht gut, es geht zum Nova Rock, dem Festival ohne Geld und mit Wanda, Garbage und dem Highway to Hell. Hier werden in den nächsten drei Tagen alle FreundInnen der "Hartwurst"-Musik (Christian Holzmann, im Vertrauen) unter Staubwolken und Gewitterhimmel sich nasstanzen, zu geisterbeschwörenden Galgenvögeln, weggeworfenen geschminkten Stones-Riffs, halsbrecherischen Präszisionsstunts, der österreischen Band der Stunde und der österreischischen Band der Witz-Postmoderne.
Radio FM4 / Daniel Kupka
Wir reisen an und stets werden bei der Anreise die Fragen, die die Welt bewegen, angerissen ... und die sind überraschend unbewegend.
Warum ist die Anwort auf die unmittelbar nach den Konzerten unerlässliche Umfrage ("Und wie wars?") seit Jahren immer nur "Geil". "Geil" und dann auch nochmal "Geil", die äußerstmögliche Variante "Obergeil". Ist das nicht schnarchig? Vergessen, den Euphorie- Thesaurus einzupacken, oder wie? Eh klar, dass niemand mit den Worten "sehr erbaulich und überaus kurzweilig" aus dem Moshpit kriecht, aber was ist denn aus dem guten alten "Super" geworden? Wir würden uns auch über "Prima", "Knorke", "Schnafte", "Spitze" freuen, auch sehr über das Tiroler "hetzig" oder "bärig" und über das überaus charmante oberösterreichische "Voiguat" - vom "Wöd" und "leiwand" der WienerInnen nicht zu reden. Mal sehen, ob sich heuer da etwas Neues tut. Ausnahme ist hier Wanda - dass hier nur alle "Amore" und "Bussi" schreien, will ich nicht bemängeln.
Alice Cooper und Twisted Sister sind da, und Chefin Irmi Wutscher frönt ihrem alten Hobby: Darüber zu sinnieren, wie die optische Effeminierung der Ultramänner parallel zu ihrer inhaltlichen Schwanzverehrung zunimmt. Hier herrscht ausnahmsweise Trauer, dass Steel Panther nicht da sind, wenn auch nicht bei mir.
Die ersten Bandfotos haben wir auch bereits
Stundenlange Diskussionen darüber, in welcher historischen Phase sich Metalmusiker als Priester, Teufel, Schlangenbeschwörer, Päpste, Engel, Eleven, Nurejew, Bauarbeiter, Frauenmörder oder eben Frauen verkleideten, wie die Homoerotik in diesem nicht eben genderfreundlichen Genre die allerfröhlichsten Urstände feierte, wie Alice Cooper das mit seinem selbstgewählten Frauenvornamen (und das, obwohl er horror- konform sowohl Vincent als auch Damon heißt), dem Guillotinen-Stunt und seiner angefrorenen Python um den Hals mitbegründet, wie Twisted Sister sich bemühten, noch mehr "twisted" als Mötley Crew zu sein und was das alles mit der Faser Elasthan/Spandex zu tun hat.
Darüber wird noch mehr zu reden sein, wenn möglich in EAV Zitaten.
Junker der Provinz! Nein, ich schreibe nicht (auch wenn es für unsere kleine Truppe auf dem Weg zum Nova Rock zutreffen mag) "mit meinem Nobel Hobel glüh ich auf der Autostrada" (wegen Navi Problemen verirren wir uns noch in Simmering und sind nicht nach "zweimal kurz aufs Gas", "dada")… Ja, auch die EAV ist da und anders als bei meinen Würde-Bedenken beim Ambros-Konzert oder der Abseitigkeit der Hoff'schen Schießbudenfigur, ist heuer alles in Ordnung. Die EAV hat den Slot, den sie verdient, Headliner nach der Band der Stunde, und wenn sie es geschickt machen, singen 50.000 Leute ihre Lieder vom Mumienkeiler und Kerkermeister, von Pinguin und klanem Siziliana, vom Massa und Liebe, Tod und Teufel wortwörtlich mit – keine Band der 80er Jahre hatte auf die Generation der Jetzt-30+ derartig viele zitierfähige Oneliner losgelassen. Sagt man im FM4 Team auf dem Gelände "Zärtliche Erregung", gibt es immer jemanden, die/der "fährt ihm ins Gebein" antworten kann.
Wir wollten uns eigentlich nur in EAV Zitaten verständigen, und ich sage euch, das geht. Das sei die erste hier aufgerufene Challenge, versucht es, ich vertraue euch, und keinen Plärrer!
Radio FM4 / Daniel Kupka
Die zweite Challenge betrifft die Regenbekleidung. Beim traditionellen Wankewetter des Nova Rock ist diese sowieso unerlässlich - als wir ankommen schüttet es gerade wieder mal Schusterbuben. Weil es so herrlich hässliche Regenbekleidung gibt, kann diese bei Rockestivals gut auch als Uncoolheits-Markierung dienen – was sich inmitten der Teufelshörner und Bluthemden als lustiger kleiner privater Wettbewerb andenken lässt: Wer sieht in Regenschutz am unmetalligsten aus? In meinem Fall werfe ich eine Plastikhaut aus dem Secondhand Shop mit Aufdruck vom Wirtschaftsbund ("die unternehmerische Kraft") um 5 Euro in den Kampf und nehme die Herausforderung an.
Und ausgerufen sei noch ein Wettbewerb: Wer hat das Band-T-Shirt von der unmetalligsten Band, die es auch noch nicht mehr gibt? Ich werfe ein T Shirt der Band Freakwater in den Ring, die vergangener und unmetalliger nicht sein könnten – das gilt es zu toppen. Es gelten nur Band T-Shirts, keine mit relativierendem oder liederlichem Sprüchewerk, Beatles-Merchandize vom H&M oder ähnliches wird selbstverständlich nur belächelt.
So und jetzt noch schnell zum Supermarkt, Vitamintabletten gekauft: Ein kleiner Reflex aus der Zeit, wo unter echten MetallerInnen noch der Käse im Cheeseburger als vegetarische Ernährungsergänzung gelten musste. Die Gefahr, an Skorbut oder Beri Beri zu erkranken, ist in derart zivilisationsnahem Gelände auch dann höchst unwahrscheinlich, wenn man sich drei Tage nur von Dosenerbsen und spanischen Zigaretten ernähren würde. Die eisenharten Pionierzeiten sind freilich längst gegangen – heute kommt der Härtling von Welt längst mit Gojibeerenmüsli und Spinat-Chilli-Smoothie aufs Gelände, hat selenhaltige Pflegeprodukte und naturidentes Lippenbalsam eingepackt. Dieser Verweichlichung der heutigen Jugend möchte ich ein "wehret den Anfängen" entgegenwerfen und kaufe dennoch hasenfüßig ein Magnesium/-Calcium Brausepillen-Röhrchen mit Orangengeschmack.
Das muss reichen.