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Lukas Tagwerker

Beobachtungen beim Knüpfen des Teppichs, unter den ihr eure Ungereimtheiten kehrt.

7. 6. 2016 - 17:13

Rollenbilder und die Praxis des Vaterseins

Väter berichten über die größte Aufgabe im Leben. FM4 Auf Laut diskutiert Männlichkeiten im Wandel.

"Vaterliebe ist die Quelle männlicher Identität." schreibt der Psychologe Victor Chu. Sie verbindet Männer mit ihrer Ahnenreihe und ist dabei so mannigfaltig wie wandelbar.

Der neue Film von Martin Prinz und Andreas Pichler Von Männern und Vätern läuft auch demnächst als dok.film auf ORF2.

"Gemessen an den Frauen scheinen wir Männer im Versuch unsere Rolle neu zu definieren noch auf halber Strecke zu stecken", sagt der Autor und Filmemacher Martin Prinz.

In FM4 Auf Laut diskutiert Elisabeth Scharang mit ihm darüber, wie Männer ihre Rolle neu definieren, was sie von ihren Vätern gelernt haben und was mit ihnen passiert, wenn sie selbst Vater werden.

Es folgt eine Umfrage unter Papas aus dem FM4-Umfeld. Danke für die An- und Einsichten!

Die Fragen

Was war für dich das Überraschende an deinem Vater-Sein? Oder kann man sich aufs Vater-Sein vorbereiten?

Wie hat dich das Vater-Sein als Mann verändert? Wie deinen Blick auf die Welt und dein Verhältnis zu deinem Vater?

Warst Du/ bist Du in Karenz? (Ja? Warum? / Nein? Warum nicht?) Und wie steht deine Partnerin dazu?

Das und eventuell noch ein Gedanke zum gesellschaftlichen Wandel der Rollenbilder, beziehungsweise Theorie und Praxis.

Die Antworten

Andreas Schindler

Eine volle Windel

Andreas Schindler

Ich bin seit acht Monaten Vater einer Tochter. Da wir eine gefühlte Ewigkeit auf dieses Kind haben warten müssen, habe ich mich zwangsläufig immer wieder mit dem Thema Vater- bzw. Elternschaft auseinandersetzen müssen. Jedenfalls habe ich meine "neue Rolle" sehenden (wenn auch nichtsahnenden) Auges eingenommen. Und ja, einen Geburtsvorbereitungskurs habe ich auch absolviert.

Überraschend fand ich, feststellen zu müssen/können, dass dieser sehr kleine Mensch, dessen Vater ich jetzt bin, schon mit einer ganzen Reihe beobachtbarer Eigenheiten/Charakterzüge ausgestattet ist.

Man bekommt nicht "ein Kind", sondern einen ganz spezifischen Menschen an die Seite gestellt. Der wird zwar sicherlich von der Welt stark geprägt werden, aber Mensch mit Eigenwillen beziehungsweise -heiten ist er/sie schon von Geburt an. Mich fasziniert das. Ebenso wie all das gänzlich animalische Verhalten meiner Tochter, die ja noch keinen Funken Zivilisation in sich trägt und gerade auch deshalb sehr, sehr unterhaltsam ist. Überhaupt muss ich viel öfter lachen seit ich Vater bin. Auch das ist ein Gewinn.

"Der Mann" in mir hat sich insofern verändert, als "er" jetzt tatsächlich Beschützer sein darf. Diese Welt ist ja nicht ungefährlich, vor allem nicht, wenn man Säugling ist. Außerdem denke ich heute viel konkreter über Zukunft nach und will - ganz anders als bisher - einen groben Plan für die nächsten paar Jahre haben.

Zum Verhältnis zu meinem Vater kann ich nur sagen, dass es mich sehr anrührt zu sehen, wie sehr er sich über seine Enkeltochter freut. Ich wünsche mir jetzt schon, selber einmal Großvater sein zu dürfen. Das entwickelt sich zusehends zu (m)einer idée fixe.

Ich bin derzeit in Karenz (sieben Monate insgesamt). Für meine Partnerin und mich war das schon von vornherein ganz klar. Ich will dieses Kind ja kennenlernen. Das braucht - denke ich - schon auch gemeinsam verbrachte Zeit.

Anders als mein Vater (der praktisch sieben Tage die Woche 16 Stunden/Tag hat arbeiten müssen) habe ich das Privileg, Zeit mit meinem Kind verbringen zu können. Ein Luxus, auf den ich nicht verzichten wollen würde. Das sich das Rollenbild - zumindest innerhalb meines Erlebnishorizontes - verändert hat, lese ich beispielsweise aus der Erfahrung, dass mich so ziemlich jede(r) zu meiner Karenz beglückwünscht. Gleichzeitig sind auch viele überrascht, was mich vermuten lässt, dass nicht allzu viele Väter diese Option wahrnehmen.

Clemens Haipl

Clemens Haipl mit Kindern

Elsa Mährenbach

Das Überraschendste war, dass mein Leben nicht vorbei war - wie ich befürchtet hatte. Es wird nur ein bissl anders. Man ist nicht der erste Mensch, der ein Kind bekommt, beziehungsweise selber mal eines war.

Vorbereiten kann man sich nicht, weil jeder Mensch, also auch jedes Kind anders ist. Man weiß nicht, wer da auf einen zukommt. Ich habe zwei Buben und beide sind völlig unterschiedliche Charaktere.

Ich fühle mich manchmal mehr als früher ermächtigt, aufzuzeigen und mich zu wehren. Im Namen meiner Kinder. So nach dem Motto "verarscht's mich ruhig, aber sicher nicht mit meinen Buben". Die Welt....ich mach mir nicht so sehr Sorgen um mich selber, sondern um die Kinder. Was für einen Scheißhaufen hinterlassen wir da? Blödes Klischee: aber ja, ich verstehe meinen Vater jetzt wirklich besser.

Warst Du/ bist Du in Karenz? - Nein, war ich nicht. Leider muss ich an der Stelle über eine völlig vertrottelte Familienpolitik motzen: ich wäre nämlich gerne in Karenz gegangen. Bloß: Haushalt/ Kinderbetreuung habe ich sowieso immer und gerne gemacht (was dank meines Berufes möglich ist). Wäre ich in Karenz gegangen, wäre das nicht mehr und nicht weniger geworden, aber ich hätte weniger Geld gehabt.

Anstatt das gut zu finden, dass es Menschen gibt, die auch ohne Zwang das tun, was manche Politiker für richtig halten, hat der Gesetzgeber aber meiner Frau einige Monate ihrer Karenz gestrichen - was so vorgesehen ist, wenn der Mann die Karenz nicht in Anspruch nimmt. Aus welchen Gründen auch immer. Saublöde Regelung, tut mir leid. Meine Partnerin hat sich nicht gefreut, dass ihr die Karenz gekürzt wird, weil sie einen Mann hat, der sich auch ohne Karenz freiwillig um Windeln und Wäsche kümmert. Überraschung.

Ich war - bevor ich Vater geworden bin - deutlich naiver. Jetzt weiß ich: Stillen kann nur, wer Brüste hat. Kinder wollen in jungen Jahren eine Mutter. Nona, sie haben 9 Monate in ihr verbracht und nicht im Vater. Die Gesellschaft sollte überlegen, ob es wirklich so schlau ist, Frauen in Karriere und Beruf zu hetzen, wenn sie auch mal gerne Mutter sein möchten. DAS sollte mehr unterstützt werden.

Frauen, die Kinder bekommen und aufziehen, brauchen mehr Unterstützung. Und zwar nicht nur in Form staatlicher Betreuung der Kinder, sondern in Form finanzieller Unterstützung der Familien. Es kann doch nicht sein, dass man sein Kind in staatliche Obhut gibt, weil man es sich nicht leisten kann, zu Hause für das Baby da zu sein!

Das ist eine echte Hacken und nicht ganz unbedeutend für die Gesellschaft. Nicht nur Beruf und Karriere. Ohne Familien gibt's keine Menschen. Ganz simple Rechnung.

Zum Rollenbild Mann: es ist verdammt schwer, allen zeitgeistigen Anforderungen gerecht zu werden und gleichzeitig die zeitlosen Notwendigkeiten zu erfüllen.

Natürlich gehe ich gerne mit meinen Kindern spielen, spazieren und mache Baby-Yoga. Das interessiert aber weder Steuer noch Vermieter. Die wollen Kohle. Ganz klassisch. Steht eh in jedem Familienmagazin, aber es ist wirklich unmöglich, gleichzeitig hart und weich, einfühlsam und tough, oben und unten zu sein.

Soll jeder machen wie er will, aber bitte keine Vorschriften machen. Ich kann gut damit leben, dass ich bei uns sowohl die Nähmaschine als auch die Bohrmaschine bediene. Dafür weiß meine Frau, welche Kleidergröße die Kinder haben und was in den Frühstücksflocken wirklich drin ist.

Und: Buben spielen auch gerne mit Waffen und Autos, wenn es ihnen nicht vorgelebt wird. Als führerscheinloser Zivildiener wäre ich ein schlechtes Rollenvorbild. Es ist nicht alles anerzogen. Manche Dinge sind offenbar angeboren und haben mit dem Geschlecht zu tun. Ja, viele Mädchen im Kindergarten mögen rosa. Einfach so. Nicht alle, aber die meisten.

Und das Wichtigste zum Schluss: Erziehung wird völlig überbewertet. Das einzige was zählt, ist Vorbildwirkung. Kinder ahmen Verhalten nach, keine Anweisungen. Die Zukunft kann man nur verändern, wenn man sich selber verändert.

Markus Wagner-Lapierre

Markus Wagner-Lapierre

Wagner-Lapierre

Nachdem ich bereits relativ früh, im Alter von 23 Jahren zum ersten Mal Vater geworden bin, kam das alles relativ unerwartet und unvorbereitet. Ich denke im fortgeschrittenen Alter kann man sich gut darauf einstellen.

Die Wertigkeiten im Leben verändern sich grundlegend.
Das Verhältnis zu meinem Vater war immer gut.

Warst Du/ bist Du in Karenz? - Leider nein, war damals noch nicht so einfach möglich. Meine Partnerin hätte das begrüßt.

Mir war es immer wichtig, lieber weniger Geld zu verdienen und dafür mehr Zeit mit den Kids zu verbringen, gelungen ist mir das leider kaum. Karenz für Männer finde ich sehr positiv, sofern der Arbeitsplatz es erlaubt.

Martin Blumenau

Kann man sich aufs Vatersein vorbereiten?
Ja. Alle guten Ratschläge von allen gut anhören. Und dann nur auf einen einzigen achten: dass nämlich alle guten Ratschläge für die Fische sind, weil jedes Kind, jede Situation anders ist.

Hat mich das Vater-Sein als Mann verändert, hat es meinen Blick auf die Welt und meinen Vater geändert? Klar. Die Vaterschaft ändert deinen Lebens-Rhythmus, also auch deine Partnerschaft und dein soziales Verhalten; also schlicht alles. Meinen Vater seh‘ ich ein wenig klarer; und ich erkenne vor allem mehr von ihm in mir.

Zur Karenz: Da haben sich die gesetzlichen Bedingungen kurz nach meiner Väter-Teilzeit schon wieder verändert. Soll heißen: wir würden’s diesmal wieder anders machen und versuchen die optimale Balance zwischen Qualitätszeit und dramatischem Einkommensverlust zu finden.

Rolle im Wandel der Zeit… Der wesentliche Unterschied zu früher ist, dass österreichische Familien eben nur ein oder zwei Kinder kriegen und die dann vereinzelt und nicht im Sippenverbund hochziehen. Früher, mit einem vielköpfigen Bündel an etwa gleichaltrigen Kindern innerhalb einer größeren Gemeinschaft (nicht nur am Land, auch in der Vorstadt), war die Auseinandersetzung eine gänzlich andere.

Heute helicoptern Eltern ihre Schatzis natürlich viel zu sehr, übernehmen Rollen, die sonst innerhalb der Peer-Group erfüllt wurden, sind also Freunde und viel zu wenig Papa und Mama.

Robert Rotifer

Die größte Überraschung war, wie viel Spaß Kinder machen. Wie lustig sie sind. Ich spreche jetzt nicht von herzig oder tolpatschig, sondern vom Witz, den sie entwickeln, in ihren Versuchen, unsere doch eher absurde Welt zu verstehen.

Das ist oft so, als hätte man überall ein kommentierendes SatirikerInnenteam mit dabei, das einem alles durch geteilte Beobachtungen erträglicher macht. Ich muss oft laut auflachen, wenn ich auf der Straße jemanden was sagen hör und mir dazu die Reaktion meiner Tochter oder meines Sohnes vorstelle.

Robert Rotifer

Wie hat dich das Vater-Sein als Mann verändert? Wie deinen Blick auf die Welt und dein Verhältnis zu deinem Vater?

Zur ersten Frage: Ich habe meine Neurose abgelegt, unbedingt mit meiner schöpferischen Arbeit Spuren auf diesem Planeten hinterlassen zu müssen. All das verblasst im Vergleich zu den Kindern.

Das ist ein sehr heikles Thema, weil ich damit auf keinen Fall sagen will, dass jene, die keine Kinder haben, kein erfülltes Leben führten. Aber ich hatte immer diesen möglicherweise typisch männlichen Drang, mich zu beweisen. Und sobald der mit der Ankunft der Kinder weg war, wurde ich komischerweise kreativer. All meine besten Songs hab ich nach dem Kinderkriegen geschrieben.

Zur zweiten Frage: Ich bin da vielleicht ein Spezialfall, denn mein Vater war ein Politiker und als solcher eine öffentliche Figur, von der ich mich von Teenagerjahren an in allem, was ich machte, abgrenzen und unterscheiden wollte, um der ständig - ob als Kompliment oder als Vorwurf - an mich herangetragenen, oder hinter meinem Rücken geäußerten Annahme zu entgehen, ich sei seine Fortsetzung.

Ich nahm mir also ein Pseudonym und produzierte soviel ich konnte, um dem zu entfliehen. Das war glaube ich nicht die schlechteste Reaktion, weil der ursprüngliche Antrieb bald hinter meiner Arbeit verschwand. Ich bekam dafür auch meines Vaters Respekt, der mir sehr viel wert ist. Aber mein Kinderkriegen hat damit nichts zu tun. Das ist nicht meine Selbstverwirklichung, schon allein, weil da zwei dazugehören.

Ich war nie in Karenz, weil es die in Großbritannien nicht gibt. Wie meine Frau dazu steht, kann nur sie selber sagen. Ich würde es mir nicht herausnehmen, für sie zu sprechen. Aber nachdem ich großteils von zu Hause arbeite, war ich so oder so immer ein anwesender Vater. Das hilft.

Zum Wandel der Rollenbilder in Theorie und Praxis? Mir kommt es ein bisschen unfair gegenüber meiner Frau vor, da alleine drauf zu antworten.

Ich habe jedenfalls sicher ein anderes, vermutlich engeres Verhältnis zu meinen Kindern als unsere Vätergeneration. Wickeln und Kinderwagenschieben, Bücher vorlesen und gemeinsam Sachen unternehmen war für mich nie eine Sonderleistung, aber darauf bilde ich mir auch nichts ein. Das ist einfach logisch und entsprach auch meinen eigenen Bedürfnissen.

Dass man Geld verdienen muss, um gerade in einem Land wie Großbritannien eine Familie zu erhalten, kommt einem dabei ständig in die Quere. Andererseits habe ich auch ein tief verwurzeltes, vielleicht archaisches Bedürfnis, meine materielle Verantwortung gegenüber der eigenen Familie wahrzunehmen. Und ich finde es eigentlich falsch, diesen Beitrag berufstätiger Eltern kleinzureden, egal ob sie nun Väter oder Mütter sind. Insbesondere, wenn deren Arbeit nicht so erfüllend ist wie die meine.

Ich wünschte, es gäbe mehr Zeit für alles, der ewige Zeitmangel ist das Hauptproblem am Elternsein. Allerdings unbedeutend im Vergleich dazu, was man dabei gewinnt.

PS: Auf die Gefahr hin, dass das wie Selbst-Promotion klingt, weise ich sanft darauf hin, dass ich vor kurzem einen Song geschrieben habe, der all das eigentlich wesentlich besser und präziser ausdrückt.

Rudi Ortner

Aufs Vater-Sein kann man sich, im Nachhinein betrachtet, kaum vorbereiten.

Abgesehen vom "nesting", also dem Besorgen und Ausstatten der eigenen Umgebung mit allerlei Nützlichem, kommt es im Normalfall sowieso anders als erwartet.

Die Ratgeberliteratur macht einen zwar glauben, dass man sich für Situationen und Umstände bestens wappnen kann, mit dem ersten Schrei des Nachwuchses ist das aber schon Makulatur. Überrascht hat mich, mit wie wenig Schlaf man eigentlich sein Auskommen finden kann und wie wertvoll dieser dann wird, wenn er wieder zurückkommt. Der Schlaf.

Ob mich das Vater-Sein als Mann verändert hat, würde ich bezweifeln. Was sich allerdings verschoben hat, ist der Fokus, mit dem man ab diesem Zeitpunkt Entscheidungen trifft. Die Unterscheidung zwischen Wesentlichem und Nebensächlichen fällt plötzlich leichter.

Das soziale Umfeld richtet sich nicht mehr an Club-, sondern eher an Spielplatz-Besuchern aus. Der Blick auf die Welt ist derselbe geblieben, ebenso wie das Verhältnis zu meinem Vater. Wieso soll sich das auch ändern?

Selbst war ich nicht in Karenz (abgesehen von einem halben Jahr Bildungskarenz, als die Kinder schon in Kindergarten und Volksschule waren). Einerseits hatte ich mit meinem damaligen Arbeitsverhältnis die nötige Flexibilität, sehr viel Zeit mit meiner kleinen Familie zu verbringen, andererseits war das natürlich auch eine finanzielle Entscheidung.

2002, als unser erstes Kind geboren wurde, waren die Karenzmöglichkeiten nicht so flexibel wie heute.

Auf einen gesellschaftlichen Wandel der Vater-Rolle würde ich keine allzu großen Stücke setzen. Außerhalb unserer kleinen Blase jedenfalls.
Was sich schon geändert hat: Die Eltern-Kind-Beziehung ist aufgrund fehlender Familienstrukturen deutlich (zeit-)intensiver, als es in unserer Generation meist der Fall war.

In meiner Kindheit am Land wurde ich im erweiterten Familienverbund großgezogen. Tanten, Onkels, Geschwister, Cousins, Cousinen und Oma haben bei der Versorgung eine große Rolle gespielt. In der Stadt ist die kleine Kernfamilie oft völlig auf sich alleine gestellt und die Eltern verbringen sprichwörtlich jede Minute mit den Kindern - solange sie nicht in Kindergarten oder Schule sind. Die Großeltern unserer beiden Kinder sind je 4 Stunden mit Auto und Flugzeug entfernt. Das verstärkt die emotionale Bindung mit Sicherheit.

Sebastian Schlachter

Buchcover von "Ich und Vater": Ein Cowboyhut vor einer Couch, einer Rassel und einer Wiege

Czernin Verlag

Simon Welebil bespricht Wolfgang Pennwiesers Romandebüt Ich und Vater

Das Überraschende war zu erfahren, dass meine Freundin schwanger ist. Da ich nicht mehr zu den jüngsten Vätern zähle, fühlte ich mich schon länger bereit dafür. Es passierte dann aber doch unerwartet.

Im Laufe der 9 Monate vor der Geburt bereitet man sich automatisch mit der Partnerin/dem Partner auf das Kind vor. Ich machte nichts Spezielles, einmal besuchten wir den Geburtsvorbereitungskurs, der langweilte uns jedoch.

Wir ließen es mehr oder weniger auf uns zukommen.

Wie hat dich das Vater-Sein als Mann verändert? Ich bin nun gelassener, entspannter und fokussierter. Mein Schlaf findet nun zu geregelten Zeiten statt, vielleicht handle ich etwas verantwortungsvoller, ich ärgere mich weniger beziehungsweise halte mir Belastendes fern, alles in allem bin ich glücklicher als vorher.

Mein Verhältnis zu meinem Vater war immer gut, bis auf die paar rebellierenden Jahre zu Teenagerzeiten.

Mein Blick auf die Welt, pfff, mache mir etwas mehr Sorgen, deswegen werde ich mich bemühen, meine Tochter auf eine harte Zukunft vorzubereiten. In Österreich konnten die Kinder der 70/80er-Jahre geschützt durch Wohlstand, Frieden und einem Sozialsystem, dass es selten noch auf der Welt gibt, aufwachsen. Ob das noch lange so bleibt, bin ich mir nicht sicher. Ein Teil meiner Familie lebt auf einem anderen Kontinent, vielleicht können wir später unseren Wohnort dorthin verlegen, wenn nicht auch dort schlimme Zustände herrschen.

Warst Du/ bist Du in Karenz? Nein, aus finanziellen Gründen.
Wir hätten beide gerne gehabt, dass auch ich in Karenz gehe. Ein anderes mal vielleicht.

Rollenbilder, jo mei. Es gibt sicher noch sehr viele, die nach dem alten Schema leben. Genauso wie es sehr viele Hofer-Wähler gibt, ich allerdings keinen einzigen kenne.

In meinem Mikrokosmos teilen sich alle den Aufwand untereinander. Es gibt kein Mann/Frau hin und her.

Gleichberechtigung ist auch kein Thema, welches in meinen Kreisen diskutiert wird. Es ist für uns normal.
Fürs Kind, allerdings, gibts da schon einen Unterschied, die Mami hat es nun mal rausgepresst und mit dem Busen gefüttert. Das ist eine Bindung, an dessen Stärke die/der Partnerin sich über Jahre herantasten können.

Stefan Trischler

Adia Trischler

Ich weiß nicht, ob man sich umfassend darauf vorbereiten kann, weil jeder Tag mit Kind(ern) Überraschungen mit sich bringt - und die Geburt sowieso eine monumentale Erfahrung ist. Vorschlafen ist der einzig wahre Tipp, weil man die ersten Wochen und Monate meist nicht so viel Schlaf bekommt wie davor. Sonst ist die Überraschung wie gesagt eigentlich eine konstante, vom ersten Krabbeln zur ersten dreistelligen Multiplikation - und darüber hinaus.

Ich habe mich sicher emotional geöffnet und bin insgesamt flexibler geworden. Ich bedenke jetzt bei den meisten Entscheidungen klarerweise auch meine Familie mit. Und mein Vater ist für mich auf jeden Fall Vorbild, weil ich mich von ihm selbst immer uneingeschränkt unterstützt und gefördert gefühlt habe und dieses Gefühl auf jeden Fall auch meinen Söhnen mitgeben will.

Bei unserem ersten Sohn ist es sich finanziell leider nicht ausgegangen, beim zweiten habe ich es jetzt aber fix vor. Meine Frau ist auch dafür!

In der Praxis ist das patriarchalische Modell in Österreich manchmal noch erstaunlich präsent, einerseits weil es ja über Generationen weitergegeben wurde und andererseits Gesetze und auch die Situation mit Arbeitgebern es Müttern schwerer machen, schnell wieder (zumindest teilweise) ins Arbeitsleben einzusteigen. Ich bin aber hoffnungsvoll, dass sich zumindest die Mentalität dahingehend mit jeder Generation in einigermaßen emanzipierten Familien aufgewachsener junger Menschen bessern wird.