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Dalia Ahmed

Schaut gern Sachen im Internet und Leute auf der Straße

14. 6. 2016 - 10:55

Ramadan ist anstrengend

Früher habe ich jedes Jahr beim Fasten mitgemacht. Zum einen, weil mir meine Eltern es als Challenge verkauft hatten und zum anderen, weil meine Cousinen meinten, dass es eine super Diät sei.

Seit einer Woche ist Ramadan, ein Monat des islamischen Kalenders, in dem alle frommen Muslim/innen dazu angehalten sind, von früh bis spät nichts zu essen, nicht zu trinken, keinen Sex zu haben, nicht zu fluchen und auch beim Zähneputzen muss man ganz vorsichtig sein, dass man nicht unabsichtlich, was von der Zahnpasta schluckt.

Früher, als ich noch jung und einigermaßen brav war, habe ich jedes Jahr beim Fasten mitgemacht. Zum einen, weil mir meine Eltern es als Challenge verkauft hatten und zu der Zeit gerade Castingshows ganz groß waren, in denen es andauernd ums sich fordern und um Competition und lauter andere schöne wettbewerbsorientierte Anglizismen ging, zum anderen, weil meine Cousinen meinten, dass es eine super Diät sei.

Sonnenuntergan über den Dächern von Wien

weisserstier / flickr

Ich weiß nicht mehr genau, wie viele Ramadans ich von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang gefastet habe, aber ich glaube nicht, dass es mehr als fünf waren. Vielleicht auch nur drei, aber das weiß mittlerweile wohl nur mehr Allah. Ich weiß aber noch, warum ich aufgehört habe.

Ich könnte euch jetzt erzählen, dass ich in mich gegangen war und dort nichts vorfand, das mir "Hey, du, du musst fasten" sagte, oder dass ich keinen Sinn mehr darin sah, den ganzen Tag auf Sparflamme zu fahren, im Turnunterricht auf der Bank zu sitzen und an Wasser zu denken, um dann abends und nachts zu essen, als wäre ich ein Bacchant bei einer G-Rated Bacchanalie. Aber im Endeffekt war es mir einfach zu anstrengend.

Wenn ihr denkt, dass Fasten kräftezehrend ist, dann probiert es mal, ohne davon überzeugt zu sein. Nachdem ich mir dachte, dass ich wohl nicht das Leid der Armen nachvollziehen kann (der Grundgedanke, der dem Fasten unterliegt), indem ich untertags nichts, dafür aber abends esse, wurde das Fasten noch um einiges schwieriger, so schwierig, dass ich irgendwann anfing einfach zu schummeln. Weil mit den Eltern ausdiskutieren, warum ich jetzt nicht faste, wollte ich genauso wenig wie fasten. Was dann passierte, kann man vielleicht als Strafe Allahs auslegen, vielleicht war es aber auch nur ein einfacher kausaler Zusammenhang. Auf jeden Fall ging das Doppelleben als Fastende und Frühstück- und Mittagessende nicht zusammen. Denn wenn ich abends um sechs von der Schule heimkam, war ich nicht mehr besonders hungrig. Trotzdem musste ich so tun, als wäre ich Jabba the Hutt beim Fastenbrechen, um ja kein Verdachtsmoment aufkommen zu lassen.

Weiterlesen:

Ramadan ist anders

Ein Monat lang von drei Uhr morgens bis neun Uhr abends nichts essen, nichts trinken, nicht fluchen und nicht schimpfen? Challenge accepted. (Nermin Ismail)

Um 5 Uhr früh aufstehen, um noch ein "letztes" Mal vor dem Fastentag zu essen, musste ich auch. Und so wurde die ganze Sache noch anstrengender, als das Fasten selbst. Irgendwann war dann der Punkt erreicht, wo ich vor meinem inneren Auge wohl Poes Raben sah und zum Schluss kam, nevermore!

Ich gestand und beichtete vom Kuchen, vom Schnitzel, vom Glas Wasser und von der verschluckten Zahnpasta. Und überraschenderweise waren die Eltern cool damit. Also nicht cool cool, aber ich war gerade in der Pubertät und ein sehr anstrengender Teenager und da überlegt man sich als Eltern immer ganz genau, welche Schlachten man ausficht und welche nicht. Den gesamten Ramadan über (30 Tage) täglich diskutieren, war ihnen dann wohl doch zu viel. Alhamdulillah.