Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "The daily Blumenau. EM-Journal '16-14, 05-06-16."

Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

5. 6. 2016 - 18:04

The daily Blumenau. EM-Journal '16-14, 05-06-16.

Noch hat Polen nichts gewonnen.

#fußballjournal16 #emjournal

The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.

Das ist ein Eintrag ins EM-Journal '16

EM-Journal '16-2, 12-05-16: Der finale ÖFB-Kader für die #Euro16

EM-Journal '16-1, 11-05-16: Ein erster Check von Island und Ungarn

EM-Journal '16-4, 25-05-16: Portugal bleibt Favorit - nur für den Gruppensieg

EM-Journal '16-3, 20-05-16: Geheimfavorit England

EM-Journal '16-5, 27-05-16: Wie sich der Krieg auf die Chancen von Russland und Ukraine auswirkt

EM-Journal '16-6, 30-05-16: Die Schweiz erwischt die Euro in Unform

EM-Journal '16-7, 31-05-16: Belgien, nicht mehr geheimer Geheimfavorit

EM-Journal '16-9, 01-06-16: Zlatan der Letzte und andere Schweden-Probleme

EM-Journal '16-10, 02-06-16: Deutschland als große Variable

EM-Journal '16-11, 03-06-16: Tschech-o/und-Slowakei: ähnlich und grundverschieden.

EM-Journal '16-12, 04-06-16: Wie unterscheide ich die Teams von Irland, Nord-Irland und Wales?

---------------------------

Tor: Łukasz Fabiański (Swansea/ENG), Wojciech Szczęsny (AS Roma/ITA), Artur Boruc (Bournemouth/ ENG).

Abwehr: Łukasz Piszczek (Borussia Dortmund/DEU), Thiago Cionek (Palermo/ ITA), Kamil Glik (Torino/ ITA), Michał Pazdan (Legia Warszawa), Artur Jędrzejczyk (Legia Warszawa/Krasnodar/RUS), Bartosz Salamon (Cagliari/ ITA), Jakub Wawrzyniak (Lechia Gdańsk).

Midfielders: Jakub 'Kuba' Błaszczykowski (Fiorentina/ITA), Kamil Grosicki (Rennes/FRA), Tomasz Jodłowiec (Legia Warszawa), Bartosz Kapustka (Cracovia), Grzegorz Krychowiak (Sevilla/SPA), Karol Linetty (Lech Poznań), Krzysztof Mączyński (Wisła Kraków), Sławomir Peszko (Lechia Gdańsk), Filip Starzyński (Zagłębie Lubin/ Lokeren/BEL), Piotr Zieliński (Empoli/ITA).

Forwards: Arkadiusz Milik (Ajax), Robert Lewandowski (Bayern), Mariusz Stępiński (Ruch Chorzów)

Auf Abruf: Przemysław Tytoń (VfB Stuttgart/DEU); Paweł Dawidowicz (Benfica/POR), Paweł Wszołek (Verona/Sampdoria/ITA); Artur Sobiech (Hannover/DEU).
Verletzt hat sich Linksverteidiger Maciej Rybus (Terek Grozny/ RUS).

Out: Łukasz Szukała (Osmanlıspor/TUR), Paweł Olkowski (FC Köln/DEU), Marcin Komorowski (Terek Grozny/RUS), Rafał Janicki (Lechia Gdańsk), Igor Lewczuk, Łukasz Broź, Ariel Borysiuk, Michał Kucharczyk (Legia Warszawa), Tomasz Kędziora (Lech Poznań), Sebastian Mila (Lechia Gdańsk), Łukasz Teodorczyk (Dynamo Kyiv/UKR), Kamil Wilczek (Brøndby/DEN), Patryk Tuszyński (Rizespor/TUR), Dawid Kownacki (Lech Poznań),

Ein eigenartiges Phänomen umweht diese Euro: neben den klassischen Favoriten, den üblichen Verdächtigen, und logischen Tipps wie Belgien (Weltrangliste!) begleitet ein paar andere Teams ein Geheimfavoriten-Status, der weniger durch Ergebnisse, Erfolge oder Eindrücke, sondern wohl per Zuschreibung entstanden ist. Polen ist eine solche Mannschaft.

Klar, schlechter als bei der letzten Euro daheim (ha, Österreich-Parallele!) wird's nicht werden können, aber: worauf gründet sich die polnische und in der Folge auch euroäische Zuversicht?

Deutschland besiegt, Neonationalismus und Lewandowski

Die hohe Bewertung der Polen hat zwei, nein drei Gründe:

  1. nur ein Punkt hinter Deutschland in der Qualifikations-Gruppe!
  2. das neue nationale Polen strahlt neues Selbstvertrauen und vor allem neues Selbstbewusstsein aus!
  3. Robert Lewandowski!

Oberflächlich gesehen ist das alles richtig - erst ein genauer Blick entlarvt die Brüchigkeit des polnischen Selbstbilds, das so flugs auch gleich zum Fremdbild wurde.

Lewandowskis außerordentliche Klasse etwa war auch schon 2012 gegeben und führte das Heim-Team doch nur auf den letzten Gruppenplatz; und das mit einem Gutteil auch noch heutiger Stammspieler. Einzig Arkadiusz Milik, der sich als kongenialer Offensiv-Partner festgespielt hat, könnte den Unterschied ausmachen.

Das neue, recht gruselige National-Bewusstsein der Binnen-Polen ist bei den Legionären (und die spielen praktisch alle tief im Westen, nicht bei anderen autokratisch organisierten Ost-Nachbarn), die das Team tragen, noch nicht so verinnerlicht, dass sich ein gleichsam orban'scher Kadavergehorsam einstellen konnte. Dazu ist auch die Heimatfrontdichte im Kader nicht hoch genug.

Und der zweite Platz in der Deutschland-Gruppe ist trügerisch. Sportlich etwa waren die 2. Plätze von Wales, Island, Albanien oder der Slowakei mehr wert, weil sie bessere/höher eingeschätzte Teams hinter sich ließen. Von den Gruppensiegen von Nordirland oder Österreich gar nicht erst zu reden. In den vier Matches gegen die Haupt-Kontrahenten Irland und Schottland spielte Polen dreimal Remis - kein Ruhmesblatt.

Letztlich lebt das aktuelle polnische Image nur durch den Sieg über den damals recht frischen deutschen Weltmeister. Bloß: da war Löws Team in einer Neuorientierungs/Umstellungsphase; und so qualifikationssicher, dass ein Ausrutscher auch egal war.

Nun ist Polen just wieder in die Deutschland-Gruppe geraten und rechnet sich wegen des 2014er-Erfolgs wieder Chancen aus. Auch trügerisch, weil man Löw zutrauen kann, dass er seine Schlüsse gezogen hat. Die weiteren Gegner nimmt man nicht für voll: sowohl Nordirland, als auch den vormaligen Co-Gastgeber Ukraine sind quasi schon geschlagen, Polens Teamleitung und Öffentlichkeit rechnen fix mit dem Aufstieg. Und dann auch gleich mit dem Viertelfinale, weil man es als Gruppen-Zweiter ja "nur" mit dem Zweiten der Frankreich-Gruppe zu tun bekommen würde.

Nun ist Zuversicht nicht die schlechteste Eigenschaft einer Fußball-Mannschaft: wenn die angenommenen Bedingungen aber nicht stimmen, kann die Stimmung umso schneller kippen.

Was für einen polnischen Aufstieg spricht: die internationale Erfahrung der zentralen Achse. Egal ob Fabiański oder Szczęsny im Tor, die Dortmunder Achse Piszczek-Kuba auf der rechten Seite, Glik und Krychowiak im Zentrum, Grosicki und die beiden schon erwähnten Angreifer haben allesamt Champions-League-Reife. Der 2. Anzug dahinter sinkt aber bereits deutlich ab.

Chefcoach Adam Nawałka richtet sich nach seinem Personal und hat ein fluides 4-4-1-1 eingerichtet. Nawalka ist einer aus der tatsächlich goldenen polnischen Generation, aus der Zeit zwischen 1972 und 1982, als die Polen zweimal WM-Dritter wurden (1974 und 1982, 1978 kamen sie unter die letzten Acht), einmal Olympiasieger (72) und einmal Olympiazweiter (76) wurden.

74 in Deutschland waren sie neben den Holländern das aufregendste Team ihrer Ära, spielten ihr 4-3-3 so aus, dass es noch heute als vorbildlich angesehen wird. Es waren Lubanski und Deyna, WM-Torschützenkönig Lato und sein Kumpan Gadocha (die optisch eine Mischung aus Alf Poier, David Crosby und dem Kleinen von Waterloo & Robinson waren), Zbini Boniek, der später Italiens Liga aufmischte, Smolarek und die in Deutschland erfolgreichen Buncol und Rudy. Andrzej Rudy, der Vater von Sebastian. Die Aufstellung des 74er-Teams hat sich für ewig in mein Kinder-Gehirn eingebrannt, für mich sind sie das Symbol einen kreativ-losgelösten Fußballs, der in erster Linie über die Ausgewogenheit des Mansnchaftsgefüges kommt. Tomaszewski, Szymanowski, Gorgoń, Żmuda, Musiał; Kasperczak, Deyna, Maszczyk; Lato, Szarmach, Gadocha.
Nawalka war ab 1978 dabei und strahlt den Glanz der damaligen Ära ein wenig ab. Seitdem hat Polen, egal wo, nie mehr die Vorrunde überstanden.

Will dem Team das heuer endlich wieder gelingen, genügt es nicht, sich einfach nur siegessicher hinzustellen; es wird ein Rückgriff auf genau das erwähnte passende Mannschaftsgefüge nötig sein. Und das ist durch ein paar zusammengewürfelte Stars, einen nationalistischen Aufbruch, einen nimmer relevanten Sieg über Deutschland und ein Sich-Verlassen auf die Scorer-Qualitäten von Lewandowski allein nicht garantiert.

Also: Polen könnte über einen historischen Schatten springen und diesmal etwas reißen. Bis dato gilt aber: noch hat Polen nicht gewonnen.

Bestformation: Fabiański; Piszczek, Glik, Pazdan, Wawrzyniak; Błaszczykowski, Krychowiak, Zieliński/Jodłowiec, Grosicki; Milik, Lewandowski.

Final-Kader: Łukasz Fabiański (Swansea/ENG), Wojciech Szczęsny (Roma/ITA), Artur Boruc (Bournemouth/ ENG), Łukasz Piszczek (Borussia Dortmund/DEU), Thiago Cionek (Palermo/ITA), Kamil Glik (Torino/ITA), Michał Pazdan, Artur Jędrzejczyk (Legia Warszawa), Bartosz Salamon (Cagliari/ITA), Jakub Wawrzyniak (Lechia Gdańsk); Jakub 'Kuba' Błaszczykowski (Fiorentina/ITA), Kamil Grosicki (Rennes/FRA), Tomasz Jodłowiec (Legia Warszawa), Bartosz Kapustka (Cracovia), Grzegorz Krychowiak (Sevilla/SPA), Karol Linetty (Lech Poznań), Krzysztof Mączyński (Wisła Kraków), Sławomir Peszko (Lechia Gdańsk), Filip Starzyński (Zagłębie Lubin), Piotr Zieliński (Empoli/ITA), Arkadiusz Milik (Ajax), Robert Lewandowski (Bayern), Mariusz Stępiński (Ruch Chorzów).

Verletzt: Maciej Rybus (Terek Grozny/ RUS).