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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

4. 6. 2016 - 17:43

The daily Blumenau. EM-Journal '16-12, 04-06-16.

Leitfaden zum Überleben im Euro-Dickicht: wie unterscheide ich die wenig bekannten und gleichartig wirkenden Teams von Irland, Nord-Irland und Wales?

#emjournal16 #fußballjournal16

The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.

Das ist ein Eintrag ins EM-Journal '16

EM-Journal '16-2, 12-05-16: Der finale ÖFB-Kader für die #Euro16

EM-Journal '16-1, 11-05-16: Ein erster Check von Island und Ungarn

EM-Journal '16-4, 25-05-16: Portugal bleibt Favorit - nur für den Gruppensieg

EM-Journal '16-3, 20-05-16: Geheimfavorit England

EM-Journal '16-5, 27-05-16: Wie sich der Krieg auf die Chancen von Russland und Ukraine auswirkt

EM-Journal '16-6, 30-05-16: Die Schweiz erwischt die Euro in Unform

EM-Journal '16-7, 31-05-16: Belgien, nicht mehr geheimer Geheimfavorit

EM-Journal '16-9, 01-06-16: Zlatan der Letzte und andere Schweden-Probleme

EM-Journal '16-10, 02-06-16: Deutschland als große Variable

EM-Journal '16-11, 03-06-16: Tschech-o/und-Slowakei: so ähnlich und so grundverschieden.

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Wales

Auf Abruf: Paul Dummett (Newcastle), Adam Henley (Blackburn), Adam Matthews (Sunderland); Emyr Huws (Wigan), Tom Bradshaw (Walsall), Tom Lawrence (Leicester), Wes Burns (Walsall).

Out: Shaun MacDonald (Bournemouth), Lloyd Isgrove (Barnsley), Andrew Crofts (Gillingham), Jordan Williams (Swindon).

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Irland

Auf Abruf: David Forde (Millwall); Paul McShane (Reading), Alex Pearce (Bristol City), Marc Wilson (Stoke City); Darron Gibson (Everton), Harry Arter, Eunan O'Kane (Bournemouth), Anthony Pilkington (Cardiff), Jonathan Hayes (Aberdeen/SCO), Callum O'Dowda (Oxford), David McGoldrick (Ipswich), Kevin Doyle (Colorado Rapids/USA),

Out: Rob Elliot (Newcastle), Stephen Henderson (Charlton); Sean St. Ledger (Colorado Rapids/USA), Darren O'Dea (Dundee FC/SCO), Matt Doherty (Wolverhampton), Greg Cunningham (Preston), Stephen Gleeson (Birmingham City), Alan Judge (Brentford), Paul Green (Rotherham), Jack Byrne (Cambuur-Leeuwarden/NED), Simon Cox (Reading), Anthony Stokes (Hibernian/SCO), Adam Rooney (Aberdeen/SCO).

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Northern Ireland

Auf Abruf: Daniel Lafferty (Burnley), Michael Smith (Peterborough), Ben Reeves (Milton Keynes), Billy McKay (Dundee United/SCO), Liam Boyce (Ross County/SCO).

Verletzt: Chris Brunt (West Bromwich Albion)

Out: Trevor Carson (Hartlepool United); Paul Paton (Dundee United/SCO), Paddy McCourt (Luton Town), Ryan McLaughlin (Aberdeen/SCO), Caolan Lavery (Sheffield Wednesday)

Normalerweise machen es uns die (gleich fünf) Nationalmannschaften von den britischen Inseln leicht: neben Dauergast England qualifiziert sich sonst maximal ein weiteres Team pro Großereignis. Das lässt sich händeln.

Diesmal kommen sie zu viert. Nur Schottland haben sie daheimgelassen, sonst sind alle da: die Waliser, deren große Klubs (Swansea, Cardiff.. ) sich innerhalb des englischen Verbands organisiert haben sind erstmals seit 1958 bei einem großen Event dabei; die Nordiren, mit denen Österreich bei der WM 1982 einen Strausß ausfocht; und die Iren, die ebenso wie die anderen praktisch alle ihre guten Spieler in den oberen englischen Ligen drinnen haben.

Dass das überhaupt möglich ist, hat mit der Anerkennung des britischen Fußballs als Sporterfinder durch den Weltverband FIFA zu tun, die die Inselspieler anno dunnemals (und auch fürderhin nie wieder) hätte eingliedern können: schon weit vor irgendwelchen Brexits ging man in London davon aus auch ohne den Rest der Welt auszukommen. Weshalb das Zugeständnis zur Anbindung an die Außenwelt dann mit der Akzeptanz des regionalen Verbands-Systems der Insel junktimiert wurde.

Weshalb Kontinental-Europäer, die mit den britischen Usancen nicht ganz so vertraut sind, jetzt haftlmachermäßig aufpassen müssen, um nicht alles mit jedem zu verwechseln. Was es nicht leichter macht: zwei der drei Coaches heißen O'Neill; in jedem Team gibt es einen Ward (einer wurde glücklicherweise noch gestrichen), dazu kommen drei Williamse und 11 Mcs.

Glücklicherweise haben sich alle drei Nationalmannschaften vom, britischen Taktik-Klassiker, dem 4-4-2 gelöst und agieren mit teilweise ausgefuchsten Konzepten. Und auch sonst gibt's ein paar Anhaltspunkte, die individualistische Schlaglichter in die vielen Namens-Ähnlichkeiten einstrahlen.

WALES sind die mit dem roten Drachen und die mit Gareth Bale, dem Bart/Zopferlträger von Real Madrid, einem der Posterboys dieser Euro. Dass das allein nicht für höhere Weihen reicht, wissen wir seit CR7 und Ibra. Team Wales hat diese Phase aber hinter sich gelassen, ein qualitativ hochwertiges Team gebildet und zählt zu den Geheimfavoriten des Turniers. Außerdem sind sie der schwerste Gegner Österreichs in der nächsten WM-Quali.

IRLAND sind die Burschen, die Bhoys in Green, die mit dem Kleeblatt, die mit Robbie Keane (45) und Tormann Shay Given (50) - okay das ist um zehn Jahre gelogen, aber gefühlt trotzdem wahr. Irland ist österreichische Vergangenheit - unter Trapattoni war man vor drei Jahren Quali-Gegner und ein zutiefst berechenbarer, fader, öder. Aus diesen Untiefen hat man sich befreit. Wiener mit jüdischen Background lieben Shane Long, weil sein Name lustig klingt.

NONDIRLAND sind die mit dem Kruckenkreuz samt Kreis, sie können auf praktisch gar keine bedeutenden Individualisten (vielleicht noch Kyle Lafferty) zurückgreifen, kommen also nur über Teamgeist, Strategie und funktionierende Matchpläne. Einer heißt Paddy, so wie für Engländer alle Iren heißen.

Die Ausgangssituationen der drei Teams sind unterschiedlich: Irland wird es in der Belgien/Italien/Schweden-Gruppe verdammt schwer haben irgendwas zu reißen, wiewohl public demand das einfordert. Nordirland kann in der Deutschland/Polen/Ukraine-Gruppe ein gefährlicher Außenseiter sein, der zumindest ein Haxerl stellen wird, und damit schon alle Erwartungen übererfüllen würde. Wales wird verdammt hoch eingeschätzt, manche trauen Bale und Co auch den Gruppensieg gegen England/RusslandSlowakei zu.

Chris Coleman und seine taktische Meisterleistung

Noch können wir nicht sicher sein, aber es sieht so aus, als würde Wales-Coach Chris Coleman das, was er zuletzt getestet hat, auch bei der Euro hinstellen: ein gewagtes, höchst fluides und vor allem recht einzigartiges System., das die Stärken seiner Spieler auf spezielle Weise herausstreicht und sie womöglich an den richtigen Stellen noch einmal antreibt und kitzelt.

Das wäre ein 5-2-2-1, eine Fünferabwehr mit offensiv starken Außenverteidigern, zwei aufbauende Defensivkräfte im Mittelfeld und zwei gleichwertig Regieführende hinter einem schnellen Center. Der eine Doppel-Zehner ist Gareth Bale: der kommt bei Real über den Flüge, ihn aber beim Nationalteam streng dorthin zu stellen wäre in etwa so sinnvoll wie Alaba beim ÖFB-Team als Linksverteidiger zu vergeuden.

Der andere ist Aaron Ramsey, auch ein Spieler der Extra-Klasse, der die Aufmerksamkeit, die Bale auf sich zieht, beinhart zu seinen Gunsten ausnützt. Vorne wird der schnelle Robson-Kanu bedient, dahinter ziehen Joe Allen oder Joe Ledley dieFäden und die Abwehr wird von Kapitän Ashlex Williams organisiert.

Weil Ben Davies, im 5-2-2-1 aktuell linker Innenverteidiger, aber ein gelernter Linksverteidiger ist, und weil Jazz Richards sowohl zentral Verteidgen als auch das Mittelfeld verstärken kann, ist Coleman jederzeit in der Lage, sein System innerhalb von Sekunden auch umzukrempeln.

Bestformation: Hennessey; Gunter, Chester, Ashley Williams, Davies, Taylor/Rochards; Ledley, Allen; Bale, Ramsey; Robson-Kanu.

Der Kader...
Tor: Wayne Hennessey (Crystal Palace), Danny Ward (Liverpool), Owain Fon Williams (Inverness/SCO).

Abwehr: Ben Davies (Tottenham), Neil Taylor, Ashley Williams (Swansea City), Chris Gunter (Reading), James Chester (West Bromwich), Ashley "Jazz" Richards (Fulham), James Collins (West Ham).

Mittelfeld: Aaron Ramsey (Arsenal), Joe Ledley, Jonathan Williams (Crystal Palace), David Vaughan (Nottingham Forest), Joe Allen (Liverpool), David Cotterill (Birmingham), George Williams (Fulham), Andy King (Leicester), Dave Edwards (Wolverhampton).

Angriff: Gareth Bale (Real Madrid/SPA), Hal Robson-Kanu (Reading), Sam Vokes (Burnley), Simon Church (Nottingham Forest).

Martin O'Neill und die Probleme der Verjüngung

De langjährige irische Achse Given-O'Shea-Whelan-Keans ist 40-35-32-35. Als Shay Given, der ewige Torhüter sich in der Quali verletzte, vertraute Coach Martin O'Neill nicht wie erwartet dem 36jährigen David Forde (mittlerweile draußen), sondern setzte auf Darren Randolph. Der ist 29, also für irische Verhältnisse ein Junior. McCarthy oder McClean gelten mit 25 bzw 27 als Frischlinge. Und Wes Hoolahan, unter Trapattoni Symbol für die Unterdrückung des Kreativ-Elements im offensiven Mittelfeld, gilt trotz seiner 34 als neue Hoffnung.

In Irland gehen die Uhren eben anders - in gesellschaftspolitischer Hinsicht zuletzt weit vor, beim Fußball immer noch ein wenig zurück.

Martin O'Neill wechselt gern zwischen einem 4-4-2 und einem 4-2-3-1/4-4-1-1-Hybrid; es kommt drauf an, ob Hoolahan oder gar der nicht kaputtzukriegende Robbie Keane die Drehscheiben-Rolle des offensiven Ballverteilers zugeschrieben bekommen oder nicht. Dahinter ist alles recht folkloristisch festgeschrieben: de facto zwei Viererketten, allerdings mit recht forsch besetzten offensiven Außenspieler wie Jon Walters.

Der verfügt ebenso wie andere (Coleman, Clark, Brady, Hendrick und die anderen bereits erwähnten) über eine doch recht gute Dichte an individueller Oberklasse. Damit hangelt sich dieses Team seit Jahren durch die Turnier-Qualis und schafft es dann entweder knapp doch oder auch knapp nicht. Für die Gruppe, bzw den 3.Rang, der vielleicht reichen wird, gilt Ähnliches.

Bestformation: Randolph; Coleman, O'Shea, Keogh, Clark; Walters, Whelan, McCarthy, Brady/McGeady; Hoolahan/Keane; Long.

Republic of Ireland-Squad

Tor: Shay Given (Stoke City), Darren Randolph (West Ham), Keiren Westwood (Sheffield Wednesday).

Abwehr: Seamus Coleman (Everton), Cyrus Christie, Richard Keogh (Derby County), Ciaran Clark (Aston Villa), John O'Shea (Sunderland), Shane Duffy (Blackburn), Stephen Ward (Burnley)

Mittelfeld: Aiden McGeady (Sheffield Wednesday/Everton), James McCarthy (Everton), James McClean (West Bromwich), Glenn Whelan (Stoke City), Jeff Hendrick (Derby County), David Meyler (Hull), Stephen Quinn (Reading), Wes Hoolahan, Robbie Brady (Norwich).

Forwards: Jonathan Walters (Stoke City), Robbie Keane (LA Galaxy/USA), Shane Long (Southampton), Daryl Murphy (Ipswich)

Michael O'Neill und die 100-Platz.Verbesserung

Doncaster, Fleetwood, Hamilton: es sind auch die ganz kleinen Klubs mit den kleinen Namen, die nordirische Nationalspieler beherbergen. Geht auch nicht anders, wenn das Reservoir begrenzt ist. Zumal der Run auf britische Spieler mit irischen Wurzeln seit Jahren vom irischen Verband beherrscht wird. Da haben die Nordiren, irgendwie die Nummer 5 des Fünfers der Inseln kaum Chancen.

Deshalb bleibt Michael O'Neill, der nicht mit dem irischen Coach verwandt ist, auch gar nichts anderes übtig als auf Teamgeist und mannschaftstaktische Qualität zu setzen. Team Nordirland hat praktisch keinen Ballbesitz, strebt den auch nicht wirklich an, sondern konzentriert sich auf die Effektivität bei Balleroberung. Das funktioniert - meist auf Basis eines defensiven 4-3-3 - dann, wenn alle ihre Aufgaben erfüllen und die strategischen Vorgaben strikt einhalten. Und wenn O'Neills Matchplan passt. Wie es gegen Deutschland aussehen könnte, war schon in deren Spiel gegen die ähnlich taktierende, wenn auch systemisch anders geartete Slowakei zu sehen. Wie sich Nordirland gegen den Weltmeister und Polen oder die Ukraine präsenteren wird (und das kann auch durchaus ein 3-5-2 sein, da bastelte man zuletzt mit herum) das könnte taktisch zum Interessantesten der Euro zählen.

Die bisherigen Bemühungen haben dafür ausgereicht von der Nummer 130 der Welt zur Nummer 30 aufzurücken. Was den Glam-Faktor oder die individuelle Klasse betrifft, wird diese Steigerung nichts ändern. Hauptsache das Backbone funktioniert: Die Klubkollegen McAuley und Evans hinten, Kapitän Steve Davis im Zentrum und Kyle Lafferty, der vielleicht beste Center der drei hier erwähnten Teams, vorne drin - solange die stabil sind, kommt Nordirland nicht so schnell ins Wackeln.

Bestformation: McGovern/Carroll; McLaughlin/Hodson, Johnny Evans, McAuley, Cathcart; Baird/McGinn, Davis, Norwood; Ward, Lafferty, Dallas/Magennis.

Tor: Roy Carroll (Notts County), Michael McGovern (Hamilton/SCO), Alan McManus (St Johnstone/SCO)

Abwehr: Craig Cathcart (Watford), Jonny Evans, Gareth McAuley (West Bromwich), Luke McCullough (Doncaster Rovers), Conor McLaughlin (Fleetwood Town), Aaron Hughes (Melbourne City/AUS), Lee Hodson (Milton Keynes Dons), Chris Baird (Derby County), Paddy McNair (Manchester United).

Mittelfeld: Steven Davis (Southampton), Oliver Norwood (Reading), Corry Evans (Blackburn Rovers), Jamie Ward (Nottingham Forest), Stuart Dallas (Leeds), Niall McGinn (Aberdeen/SCO), Shane Ferguson (Millwall)

Angriff: Will Grigg (Wigan), Kyle Lafferty (Birmingham), Conor Washington (Queens Park Rangers), Josh Magennis (Kilmarnock/SCO)

PS: alle anderen nicht weiter bezeichneten Vereine gehören dem englischen Verband an. Kein einziger Spieler von Wales oder Nord-Irland, auch kein Ire spielt in einem Verein der jeweils eigenen Liga.