Erstellt am: 3. 6. 2016 - 14:08 Uhr
Startschuss fürs Regenbogen-Familienzentrum
In Österreich gibt es immer mehr Familien mit gleichgeschlechtlichen Eltern. Manchmal bringt eine Partnerin oder ein Partner eines oder mehrere Kinder aus einer früheren Beziehung mit, manchmal nutzen Paare die Fortpflanzugsmedizin, manchmal entschließen sich Paare zur Adoption oder betreuen Pflegekinder. Noch immer aber sind Regenbogenfamilien Diskriminierung und Vorurteilen ausgesetzt.
FAmOs
Der Verein FaMOs - Familien Andersrum Österreich hat in den vergangenen zehn Jahren viele Paare beraten, sagt Gründerin Barbara Schlachter, zum Beispiel bei Schwierigkeiten mit Behörden: "Vor kurzem etwa ein Paar, das Schwierigkeiten hatte, Kinderbetreuungsgeld zu bekommen - weil eine Sachbearbeiterin nicht wusste, dass anonyme Samenspenden in Österreich möglich sind. Sie hat verlangt, dass das Paar Daten über den Vater bekanntgibt, die dieses nicht hatte. In einem anderen Fall war ein Familienrichter bei einer Stiefkindadoption der Meinung, das Paar müsse verpartnert sein, damit die nichtleibliche Mutter das Kind adoptieren kann - was aber nicht stimmt, denn im Gesetz steht, dass das Paar lediglich eine Lebensgemeinschaft haben muss. Es passieren ständig solche Dinge, bei denen wir aufklären und weiterhelfen müssen."
Viele homosexuelle Paare haben Fragen zu Kinderwunschkliniken und Fortpflanzungsmedizin: "Jetzt, wo es gesetzlich möglich ist, sich in Österreich medizinisch bei der Fortpflanzung unterstützen zu lassen, fragen uns die Menschen, welche Kinderwunschkliniken in Österreich kooperativ und queer-friendly sind. Wenn die Kinder dann da sind, fragen sie und, wie das mit der automatischen Elternschaft funktioniert, welche Formulare man braucht usw."
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Das nun entstehende "Regenbogenfamilienzentrum" soll im Herbst eröffnet werden. Es wird nicht privat vom Verein FAmOs betrieben, sondern gemeinsam von FAmOs, der Stadt Wien und dem 5. Wiener Gemeindebezirk. Die Schaffung der Einrichtung wurde im Koalitionsabkommen von SPÖ und Grünen festgelegt. Zum ersten Mal gibt es eigene, fixe Räumlichkeiten für die Beratung, sowie mehr Vernetzungstreffen und Gruppen als bisher: Derzeit gebe es bei FAmOs nur zwei Treffen, sagt Schlachter: jenes der Kinderwunsch-Gruppe sowie das der Gruppe für Familien mit Kindern - aber es gebe Bedarf für mehr: "Zum Beispiel Treffen für schwule Väter, Treffen für Pflegefamilien, Treffen für alleinerziehende lesbische Mütter. Es ist eine eigene Geburts-Vorbereitungsgruppe angedacht - denn laut Auskunft eines leitenden Arztes einer Kinderwunschklinik behandelt diese Klinik derzeit pro Woche zwei bis drei lesbische Paare. Es werden also viele neue Regenbogenfamilien entstehen."
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Kritik, dass es in Österreich ohnehin schon genügend Familienberatungsstellen gäbe, lässt Barbara Schlachter nicht gelten. Vielleicht, sagt sie, werde es irgendwann einmal nicht mehr notwendig sein, ein eigenes Beratungszentrum für Familien mit gleichgeschlechtlichen Eltern zu haben. Es wäre ihr Wunsch, dass alle Beratungsstellen so gut mit dem Thema umgehen könnten, dass keine spezielle Einrichtung notwendig sei, aber: "Jetzt ist es eben noch der Fall, dass viele Beratungsstellen mit dem Thema nicht so ganz umgehen können, weil ihnen noch das Knowhow oder die Sensibilisierung dafür fehlt." Oft würden sich gleichgeschlechtliche Paare im heteronormativen Umfeld herkömmlicher Familienberatungsstellen nicht wohl fühlen. "Sie könne sich nicht so öffnen, wie sie es vielleicht dort tun würden, wo sie sich verstanden fühlen. Deshalb denke ich, dass so ein Regenbogenfamilienzentrum noch nötig ist und wahrscheinlich noch einige Zeit lang nötig sein wird.“