Erstellt am: 4. 6. 2016 - 14:46 Uhr
Aufbrechen in bessere Zeiten?
Wenn man am Freitag Abend "aufbrechen" wollte, dann hieß das konkret: In den Bus 62A einsteigen und nach Liesing fahren. Die wenig glamouröse Breitenfurter Straße hinauf und man steht vor einem üppigen Ziegelbau, der einmal eine Sargerzeugung gewesen ist. Heute ist es das F23, in dem in letzter Zeit immer öfter interessante Veranstaltungen aller Art stattfinden, die auch Nicht-Liesinger hinaus in den 23. Bezirk treibt.
Jan Hestmann / Radio FM4
Wohin aufbrechen?
Dieses Wochenende findet dort die Aktionskonferenz "Aufbruch" statt. Die nimmt sich unter der Tagline "Wir können uns die Reichen nicht mehr leisten" vor, eine innerhalb Österreichs neue politische Bewegung links der SPÖ zu bündeln. Man will damit eine möglichst breite Bevölkerungsgruppe ansprechen und die sozialen Fragen (Arbeitslosigkeit, Mindestsicherung, Pensionen etc.) nicht der FPÖ und Co. überlassen.
Entstanden ist die Idee im Umfeld des mosaik Blogs, welcher sich wiederum aus unterschiedlichsten ProtagonistInnen aus Politik, Journalismus und Aktivismus zusammensetzt.
Im Vorfeld zur groß aufgezogenen Konferenz hat es bereits regionale Treffen quer durch Österreich gegeben. Der Auftakt am Freitag in Liesing kann sich zumindest quantitativ schon mal sehen lassen. 900 Interessierte aus allen Altersgruppen, aus Wien und den anderen Bundesländern, pilgerten in die ehemalige Sargfabrik.
Insgesamt haben sich 1.300 Menschen für die zweitägige Konferenz online angemeldet, um vor Ort gemeinsam eine Kampagne zu erarbeiten. Die Stimmung war gut, aufgeregt. Es wurde viel geredet und noch mehr geklatscht. Bleibt die Frage: Wohin wird jetzt gemeinsam aufgebrochen?
Die Leute hier scheinen sehr gern zu klatschen
— porrporr ★ ⁄ ⃝⁄ (@porrporr) June 3, 2016
😁 #Aufbruch
Catchy Phrases
Was an dieser neuen linken Bewegung gleich auffällt, sind die heruntergebrochenen, leicht verständlichen Positionen. Zentral ist die soziale Frage, die Sprache ist von "Unten gegen Oben" und "Arm gegen Reich"-Bildern geprägt. Man gibt sich bürgerInnennah. Schließlich ist es auch erklärtes Ziel, der FPÖ den Nährboden zu entziehen. Etwas, woran die Linke bislang kläglich gescheitert ist - das wird auch am Podium offen zugegeben.
Jan Hestmann / Radio FM4
Generell ist die bislang nicht geglückte Formation einer geeinten Linken mitunter Antriebsmotor für "Aufbruch". Man will eine Lücke schließen, nämlich die links der SPÖ. Man will endlich eine Alternative zu den Etablierten und Reichen schaffen. Unter den Teilnehmenden spricht jemand von der Chance einer österreichischen Version von Podemos. Unterm Strich ist das also in erster Linie eine massive Abfuhr für SPÖ und Grüne.
Ausblick?
Formiert sich am Ende eine neue Partei? Diese Vorstellung liegt zumindest in der Luft. Es zu behaupten wäre allerdings etwas voreilig. Darüber hinaus sind viele der RednerInnen am Auftaktabend bereits in Parteien oder Vorfeldorganisationen involviert. Eine Erkenntnis, die u.a. auf Twitter auch schnell mal kritische Zwischentöne hervorruft.
Auf einer Konferenz wo es um eine "neue Linke" gehen soll beginnen fast alle Redebeiträge mit "Ich bin von..." #aufbruch
— onatcer (@onatcer) June 3, 2016
Der zweite Tag der Konferenz, der Samstag, ist ganz dem gemeinsamen Konzipieren einer Kampagne gewidmet. Das im Kollektiv von 1.300 Menschen zu tun, ist wohl keine kleine Aufgabe. Fest steht, dass viele mit dem aktuellen Angebot an Parteien in Österreich nicht länger auskommen wollen. Der Wille, selbst etwas zu bewegen, ist am Freitag Abend deutlich spürbar.