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31. 5. 2016 - 17:34

"Die freiheitliche Ideologie ist bis auf wenige Ausnahmen rechtsextrem"

Der Grüne Parlamentsabgeordnete Karl Öllinger betreibt die Website StopptdieRechten.at. Heute berichtet er live im FM4 Studio über die Ergebnisse des aktuellen Rechtsextremismus-Berichts der Grünen.

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Karl Öllinger über den Rechtsextremismus-Bericht der Grünen.

"Ausgrenzung von Leuten, die bei uns im Land sind, überzogener Patriotismus, ganz klassische nationalsozialistische Ansichten". Das waren ein paar Antworten in unserer FM4-Meinungsumfrage, was Menschen in Österreich als rechtsextrem empfinden.

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Der Grüne Parlamentsabgeordnete Karl Öllinger betreibt die Website Stopptdierechten.at. Heute berichtet er live im FM4 Studio über die Ergebnisse des aktuellen Rechtsextremismus-Berichts der Grünen.

Grünen-Parlamentsabgeordneter Karl Öllinger

APA- FOTO: GEORG HOCHMUTH

Was halten Sie von diesen Einschätzungen zum Thema Rechtsextremismus?

In Österreich trifft es sicher zu, dass das Meiste, was wir als rechtsextrem bezeichnen, unter der Nazi-Flagge daherkommt. Aber mittlerweile stimmt auch das nicht mehr so, sondern es gibt rechtsextreme Tendenzen, die in erster Linie einmal rassistisch, ausgrenzend, fremdenfeindlich, homophob sind und nicht in erster Linie einer nationalsozialistischen Ideologie entspringen. Insofern trifft dieses Potpourri an Meinungen, das wir da hören konnten, eigentlich sehr gut den Kern von dem, was rechtsextrem ist oder so zu bezeichnen wäre.

Die Grünen haben ja heute ihren Bericht zum Thema Rechtsextremismus veröffentlicht. Was hat sich jetzt so - grob gesprochen - in der rechtsextremen Szene in Österreich 2015 getan?

Was generell zu beobachten ist, ist eine deutliche Zunahme von rechtsextremen Straftaten, ob das jetzt Verhetzung ist, nationalsozialistische Wiederbetätigung oder einfach "nur" rassistische Äußerungen in sozialen Netzwerken. Es ist ein enormer Anstieg zu erkennen und generell merkt man, dass der Grundpegel von gewaltbereiten oder hasserfüllten Äußerungen stark zugenommen hat. Das hängt sicher - nicht ursächlich, aber doch - mit der Flüchtlingsbewegung zusammen, wo viele einen geeigneten Feind oder ein geeignetes Feindbild sehen, das alle ihre Vorurteile, die sie schon in der Vergangenheit teilweise gehabt haben, bestätigt.

Also ist das sehr zeitgleich zu beobachten, der Anstieg der Flüchtlinge und die Zunahme der rechtsextremen Taten?

Ja, weitgehen schon. Es gibt einen Punkt, wo man noch sagen könnte, bestimmte Äußerungen wären verständlich, weil sie von Angst besetzt sind oder Angst ausdrücken, aber das ist sofort überspült worden von dieser Orgie, diesem Tsunami an Hass, der im letzten halben, dreiviertel Jahr enorm zugenommen hat.

Die Gruenen Abgeordneten Albert Steinhauser (l.) und Karl Oellinger mit einem Plakat am Donnerstag, 26. Februar 2009, im Rahmen einer Sitzung des Nationalrates im Parlament in Wien.

APA- FOTO: ROLAND SCHLAGER

Die Grünen-Abgeordneten Albert Steinhauser (l.) und Karl Oellinger mit einem Plakat am Donnerstag, 26. Februar 2009, im Rahmen einer Sitzung des Nationalrates im Parlament in Wien.

Bei der Präsentation des Rechtsextremismus-Berichts hat ihr Partei-Kollege Harald Walser heute die Freiheitlichen als den politischen Arm des österreichischen Rechtsextremismus bezeichnet. Inwiefern laufen da Ihre Recherchen an Querverbindungen?

Die Bezeichnung, dass die FPÖ eine rechtsextreme Partei ist, bezeichnet erst einmal die Ideologie, die sichtbar wird in einem Parteiprogramm der Freiheitlichen oder in diesem jetzt schon mittlerweile etwas bekannteren Handbuch "Freiheitliche Politik". Dann gibt es personelle Querverbindungen ins rechtsextreme Lager, in letzter Zeit zunehmend die Vermengungen - auch personelle Vermengungen - mit den Identitären, das ist eklatant. Dann gibt es noch die klassischen Rechtsextremisten, die fallweise auffallen, weil sie irgendwo Gemeinderäte sind oder waren. Nicht jeder Freiheitliche, würd ich sagen, ist ein Rechtsextremer, das muss man auch so sagen, aber die freiheitliche Ideologie - das was sie transportieren - das ist in der Regel, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, rechtsextrem.

Wir haben in Österreich ja immer wieder auch mit Störaktionen der Identitären zu tun. Wie sollte die Gesellschaft Ihrer Meinung nach auf solche Aktionen reagieren?

Das ist natürlich eine ganz schwierige Frage, weil die Identitären ihre Aktionen daraufhin anlegen, dass sie öffentliche Aufmerksamkeit erregen sollen. Das heißt, jede Reaktion nützt natürlich auch dem Bekanntwerden von identitären Positionen. Gleichzeitig ist es unabdingbar und notwendig, da entschieden dagegen zu halten. Erstens, weil diese Aktionen, vor allem die Aktionen der letzten Monate, immer deutlich eine latente bis offene Gewaltbereitschaft der Identitären erkennen lassen, und: Sie etablieren sich auch als ein Faktor neben der FPÖ, in der FPÖ, und da braucht es eigentlich sehr entschiedene Antworten, die alle Ebenen umfassen müssen, von der politischen Antwort bis natürlich zur repressiven Antwort. Sprich: Der Staat ist auch gefordert, da seine Instrumente anzuwenden und entschiedener gegen Identitäre vorzugehen.

Der Abgeordnete Karl Öllinger (G) im Rahmen einer Sitzung des Nationalrates am Donnerstag, 28. April 2016, im Parlament in Wien.

FOTO: APA/ ROLAND SCHLAGER

Karl Öllinger im Rahmen einer Sitzung des Nationalrates am Donnerstag, 28. April 2016, im Parlament in Wien.

Inwiefern ist "das Netz" eine Plattform zur Mobilisierung rechtsextremen Gedankenguts?

Ich finde, soziale Netzwerke sind wunderbar geeignet für rechtsextreme Positionen, bzw. werden sie ganz geschickt genutzt von Rechtsextremen, können auch teilweise besser genutzt werden. Mir selbst fällt immer wieder auf, wenn der Strache auch nur irgendeine Botschaft reinstellt - am Sonntag zum Beispiel "Guten Morgen, ich wünsch euch einen schönen Sonntagmorgen", dann sagen 5000 Leute "Danke, lieber H.C. Strache, dass du uns einen schönen guten Morgen gewünscht hast".

Wenn ich reinstellen würde "Ich wünsch euch einen schönen guten Morgen", dann würden wahrscheinlich die Leute sagen "Jetzt ist er irgendwie ganz deppert worden. Was willst du uns damit sagen? Willst du uns was Positives, wünscht du uns was Schlechtes?" Also die Reaktionen in einem kritischen Publikum sind ganz andere auf Botschaften als auf der rechten Seite, wo man völlig ungeschaut das übernimmt, was von oben kommt.

Wie kann man jetzt dieser Entwicklung insgesamt entgegenwirken? Denken Sie, die Politik sollte da jetzt stärker in Aktion treten?

Ich finde, die User müssen mehr in Aktion treten. Da hat es auch völlig faszinierende und tolle Initiativen gegeben. Da gibt es viele Möglichkeiten. Ich würde meinen, in erster Linie ist da schon nicht nur die Zivilgesellschaft gefordert, sondern die bessere Antwort gegenüber der Politik. Aber ich will die Politik nicht aus der Verantwortung nehmen.

Vielen Dank für das Gespräch.