Erstellt am: 1. 6. 2016 - 11:32 Uhr
"Fisch schwimmt, Vogel fliegt, Mensch läuft."
Deutsche Fotothek
Emil Zátopek (1922 - 2000) war ein Ausnahmesportler.
Er stellte 18 Weltrekorde auf, gewann 38 Mal in Folge 10.000-Meter-Läufe, wurde drei Mal Europameister und holte bei Olympischen Spielen fünf Medaillen.
Allein 1952 in Helsinki gleich drei Mal Gold (und alle drei waren olympische Rekorde): über 5.000 Meter, 10.000 Meter und dann noch schnell beim Marathon, für den er sich ganz kurzfristig anmeldete - war er die Disziplin doch noch nie in einem Wettkampf gelaufen.
Großartig der Lauf, beeindruckend die Lockerheit, mit der er während des Laufs mit dem Kamerateam kommuniziert und auch der Sprint im Zieleinlauf.
Später gab der Jahrhundertathlet den oftmals in der Läuferwelt zitierten Satz von sich:
"Wenn du laufen willst, lauf eine Meile, wenn du eine andere Welt kennenlernen willst, lauf einen Marathon."
Laufen war für Emil Zátopek das Natürlichste:
"Fisch schwimmt, Vogel fliegt, Mensch läuft."
Ein weiteres Zitat in vielen Laufbibeln.
Jaromír 99/Voland & Quist
Emil Zátopek, der auch "die tschechische Lokomotive" genannt wurde, trainierte hart und probierte damals neue Trainingsmethoden - wie in mehrmaligen kurzen Intervallen zu rennen.
Diese Art hatte er von seinem Trainer Jan Haluza. Nachdem der Katholik Haluza nach dem Krieg nicht in die kommunistische Partei eintrat, wurde er zu mehrjähriger Zwangsarbeit verpflichtet. Er sollte der erste und letzte Trainer von Emil Zátopek bleiben - der trainierte sich in Folge selbst.
Seine Herangehensweise war ebenso logisch wie lässig:
"Über lange Strecken gewinnt oft nicht der bessere, sondern der, der weniger Fehler macht."
Emil Zátopek verfolgte strikt seinen eigenen Weg - Anpassung war nicht seine Art - was ihm schon während seiner aktiven Sportzeit mitunter Schwierigkeiten brachte. So weigerte er sich etwa 1952, nicht ohne seinen Läuferkollegen Stanislav Jungwirth zu den Olympischen Spielen nach Helsinki zu fliegen. Die Parteispitze kochte. Dennoch - die beiden Sportler reisten mit Verspätung nach Helsinki, wo Zátopek Sportgeschichte schrieb.
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Doch Emil Zátopek beugte sich auch der Partei - damit er die Athletin Dana Ingrová heiraten durfte, musste er beim Parteitag der Kommunistischen Partei "mit einer Fackel einlaufen und die Flamme dem Präsidenten überreichen".
In einem Interview meinte er später zu seiner Propagandatätigkeit: "Nun, ich habe es gemacht. Ich war vollkommen im Dienst von diesem Regime. Man dient einer Sache, und der Lohn ist die Hölle."
Die Beziehung der beiden dürfte ein goldiges match made in sportsheaven gewesen sein - wenige Minuten nach Zátopeks Sieg über 5.000 Meter gewann seine Frau Dana Ingrová die Goldmedaille im Speerwurf. "Das Goldehepaar aus der goldenen Stadt", wie Reporter schwärmten ...
Voland & Quist
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Schließlich brach Emil Zátopek mit der Partei, als er 1968 als Oberst seine Meinung auf der Seite der Reformer vertrat. Er verlor all seine Ämter und musste in einem Uranbergwerk als Müllmann arbeiten.
Letzteres erfährt man nicht in der biographischen Graphic Novel "Zátopek". Denn die endet mit dem Marathon in Helsinki. Und sie endet etwas unbefriedigend.
Jaromír 99 ist Maler, Comiczeichner und Musiker. Bekannt ist etwa der Comic Alois Nebel und die Kafka-Adaption Das Schloss). Er lebt in Prag.
Jan Novák ist tschechisch-amerikanischer Schriftsteller sowie Drehbuch- und Theaterautor. Er lebt in Prag und Chicago.
Am Stil kann es nicht liegen - es sind die typischen Illustrationen des tschechischen Künstlers Jaromír 99, die an Holzschnitte erinnern.
Die sind stark an Originalfilmaufnahmen angelehnt und durchaus gut gelungen. Erstmals verwendet Jaromír 99 hier Farben (Schwarz, Weiß, Grün, Orange und Beige).
Das ist sehr reduziert - eventuell zu reduziert - nicht immer sind die Protagonisten gleich zuordenbar. Man muss schon sehr mit der tschechischen Geschichte vertraut sein, damit man bei den vielen Namen den Überblick nicht verliert - auch wenn am Ende in einem Miniglossar acht Namen kurz erklärt werden.
Hinzu kommen etliche überflüssige inhaltliche Details, wohingegen man an anderer Stelle gern mehr erfahren würde.
Der Schwachpunkt ist jedenfalls der Text. Vielleicht liegt es an der Übersetzung.
Der Comic basiert auf einem Drehbuch, zu einem Film, der dann nicht gedreht wurde. Wie eine Vorstudie wirkt das dann leider auch manchmal. Inhaltlich wäre da mehr drinnen gewesen - da geht der Geschichte zu früh die Luft aus. Das ist äußerst schade. Emil Zátopek wäre das nicht passiert.