Erstellt am: 30. 5. 2016 - 18:00 Uhr
Das neue Pokémon?
Wenn ein Videospiel als das neue "Pokémon" gehandelt wird, dann sagt das schon viel aus. Knapp 280 Millionen Exemplare verkaufte Nintendos Spielereihe seit ihrem Erscheinen im Jahr 1996, begleitet von zahlreichen TV-Serien, Filmen, Figuren und sonstigem Merchandise.
"Yo-Kai Watch" von LEVEL-5 ist für den Nintendo 3DS erschienen.
Der neue Herausforderer der "Pokémon"-Reihe nennt sich "Yo-Kai Watch", ein von LEVEL-5 für den Nintendo 3DS entwickeltes Spiel, das nicht nur mit seinen grundlegenden Spielmechaniken an "Pokémon" erinnert. Auch marketingtechnisch handelt es sich bei dem Spiel um ein perfekt durchgeplantes Stück Software, das relativ schnell klar macht, mehr zu sein als nur ein Spiel für Zwischendurch. Vielmehr wird hier aktiv an der Kreation einer brandneuen Marke gearbeitet. Und die folgt auf ihrem Weg zum Erfolg klaren Mustern, die sich auch nicht zum ersten Mal in der Videospielwelt beobachten lassen.
"Yo-Kai Watch" ist ein JRPG, ein japanisches Rollenspiel, und bedient sich dabei ganz klassischer Elemente des Genres. Als Charakter im Spiel geht es darum, möglichst viele Fabelwesen, sogenannte Yo-Kai, zu finden, zu bekämpfen und zu befreunden, damit man diese dann wiederum für sich kämpfen lassen kann.
Das klingt nach "Pokémon" und ist dem auch tatsächlich nicht unähnlich. Allem voran steht auch hier das Konzept des Jagens und Sammelns. Yo-Kai müssen erst in der Welt gefunden werden - seltenere Monster befinden sich dabei in versteckteren Locations - und sind gar nicht mal so leicht zu fangen. Schafft man es dann mal ein Yo-Kai zu befreunden und in sein Team zu holen, kann man das Monster hochleveln, stärker machen und mit anderen Yo-Kai kreuzen. Dadurch entstehen unzählige Kombinationen und Variationen der Monster.
LEVEL-5
Was dadurch entsteht, ist das Gefühl, dass man nie richtig mit dem Sammeln und Jagen fertig ist. Ein Grundkonzept, das schon die "Pokémon"-Serie perfektioniert hat, wenn man durchgehend bei der Stange gehalten wird und das nächste seltene Monster vor der Nase baumeln hat. Nur noch fünf Minuten, denkt man sich dann, nur noch ein Monster fangen, nur noch eine Quest erfüllen, um den seltenen Gegenstand zu bekommen, der dann den nächsten Teil des Spiels freischaltet.
Glücklicherweise ist "Yo-Kai Watch" nicht einfach nur süchtigmachende Sammeltortur, sondern tatsächlich auch ein sehr gutes Spiel, das vom Entwicklerstudio spürbar penibel konstruiert wurde. Da passt jede Location im Spiel, jeder Charakterdialog (der sich vor allem in japanischen Rollenspielen ja manchmal ganz schön in die Länge ziehen kann), jede Hintergrundmelodie und jedes Monsterdesign. Das Erkunden der Welt von "Yo-Kai Watch" macht tatsächlich Spaß und präsentiert sich mit interessanten Charakteren und einer Vielzahl von Aktivitäten, die die Spielwelt umfangreich und interessant machen.
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Im Gegensatz zu "Pokémon" ist diese Welt auch viel näher an der echten angelehnt. Im Speziellen an der von typischen japanischen Kleinstädten: Ein buddhistischer Schrein lässt sich darin finden, genauso wie ein Onsen-Thermalbad, zahlreiche 24 Stunden geöffnete, in Japan als "Conbini" bekannte Convenience Stores und zahlreiche Izakayas, kleine Restaurants und Bars, die sich in versteckten Seitengassen finden. Sehr schön ist, dass sich das westliche Lokalisationsteam hinter "Yo-Kai Watch" nicht aus Sorge vor kulturellen Verwirrungen zu sehr von der originalen Vorlage entfernt hat. So gibt es typisch japanische Eigenheiten weiterhin im Spiel zu finden, was einiges zur Glaubhaftigkeit der Spielwelt beiträgt.
Und hier zeigt sich auch eine ganz starke Qualität von "Yo-Kai Watch": Die simple Kleinstadtidylle, in die man geworfen wird, trägt einiges zur Anziehungskraft des Spiels bei. "Yo-Kai Watch", das ist perfekt inszenierter Eskapismus, romantisch, nostalgisch und unkompliziert. Da kann man durch die kleinen Gassen der Hafenstadt Fahrrad fahren, während man von entspannender Fahrstuhlhintergrundmusik berieselt wird. Da kann man Angeln und in den Wald zum Insekten fangen gehen, in einem niemals endenden, sonnigen Sommer. Die Welt von "Yo-Kai Watch" ist so einladend und zugänglich wie nur möglich geplant, ohne viele Ecken und Kanten, dafür voll mit Aktivitäten, Ablenkungen und kurzweiligen Herausforderungen.
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Was Entwicklerstudio LEVEL-5 auch geschafft hat, ist sich mit den Yo-Kai einer grundlegend japanischen Mythologie zu bedienen und die für ein westliches Publikum zugänglich zu machen. Yo-Kai, das sind nämlich keine Erfindungen speziell für das Spiel, sondern in japanischer Folklore weitverbreitete Charaktere. Als eine Mischung von Tieren und Menschen werden die Wesen oft präsentiert und sind in ihrer prinzipiellen Motivation weder gut noch böse, sondern eher undurchsichtig und mysteriös. Ihre eigentliche Hintergrundgeschichte ist dabei komplex und tief in japanischer Mythologie begründet. Dass es dem Studio gelungen ist, diese Charaktere jetzt als Videospielfiguren neu aufleben zu lassen, ist daher auch kein Ding der Selbstverständlichkeit.
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Weiterspielen
In Japan ist "Yo-Kai Watch" schon ein nationales Phänomen. Das Maskottchen Jibanyan ist mittlerweile weitverbreitet wie Pokémons Pikachu, die Spielwelt wird als Manga vertieft erklärt, eine TV-Serie läuft in den USA gerade auf Netflix an, während sich niemand anderes als Spielzeugriese Hasbro die Lizenzrechte für zahlreiche Merchandiseoperationen geschnappt hat.
Denn es ist die Simplizität der Welt, gemischt mit dem zugänglichen Gameplay des Sammelns, die zahlreichen einladend designten Charaktere und das nostalgiegeladene Universum von "Yo-Kai Watch", das den Erfolg garantieren sollte. Wir werden das hier dann spätestens pünktlich zum Weihnachtsgeschäft bemerken, wenn die zahlreichen Plüschfiguren, Sammelkarten und Comicbücher an den Wänden der Spielzeugläden prangen werden.