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Christoph Sepin

Pixel, Post-Punk, Psychedelia und sonstige Ableger der Popkultur

30. 5. 2016 - 10:37

Von ungleichen Paaren und netten Typen

Mit "The Nice Guys" erreicht die Neukonzeption der guten alten Buddy Comedy ihren vorläufigen Höhepunkt.

Es könnte klischeehafter kaum sein: Ein ungleiches Paar, durch Zufall zusammengeworfen, findet sich auf der komödiantischen Jagd nach einer gigantischen Verschwörung. Die letzten Endes nur gelöst werden kann, in dem die Helden ihre unterschiedlichen Talente zusammenbringen. Das Köpfchen und die Fäuste. Der Charme und die Cleverness. Das Alter und die Jugend.

Der Buddy Movie gehört zu Recht zum Standard-Repertoire des engagierten Filmschreibers. Halbwegs anspruchsvolle Konflikte - das Öl im Feuer eines jeden Filmplots - sind kaum einfacher zu initiieren als anhand zweier höchst unterschiedlicher Charaktere, die gegen ihren Willen zu Partnern werden. Zu beobachten gibt es das nicht nur im Kino ("Lethal Weapon", "Rush Hour", "Toy Story"), sondern auch in der Serien- speziell der Sitcom-Welt ("Two and a Half Men", "Die Nanny", "Dharma & Greg").

In all der Simplizität und Naivität seiner zentralen Charaktere tut sich der Buddy Film historisch schwer, spannende neue Erzählmechanismen zu erkunden und konzentriert sich vor allem in den letzten Jahren eher auf das Nostalgie-Element. Die Referenz des klassischen Materials, der Fingerzeig in Richtung Cop-Movie-Kult und Slapstick-Comedy. Dadurch inszenierte sich gerade kürzlich Disneys Odd-Couple-Animation "Zootopia" als auch der diese Woche erscheinende Film "The Nice Guys".

Letzterer ist dabei ein echter Hoffnungsschimmer für das Action-Comedy-Kino der nächsten Jahre. Und das auf den ersten Blick vor allem anhand des Teams hinter dem Film. Skript und Regie der "Nice Guys" stammen von niemand geringerem als Shane Black, seines Zeichens nicht nur Regisseur von "Iron Man 3", sondern auch - und das ist in diesem Fall viel wichtiger - Autor der vielleicht größten Buddy-Filmserie aller Zeiten: "Lethal Weapon".

The Nice Guys

Warner Bros. Pictures

Und genau an diese Tradition knöpft Black mit "The Nice Guys" an: Das Erschaffen zweier liebenswürdiger zentraler Charaktere, die sich gegenseitig durch launige Dialoge inszenieren. Dialoge voller Witz und Bad Boy-Charme, perfekt dargebracht durch das neue Vorzeigeduo Hollywoods: Russell Crowe und Ryan Gosling als die Möchtegern-Privatdetektive Holland March und Jackson Healy.

Die Comedy will dabei kein einfaches Hommagewerk an das Buddy Cop-Kino der Vergangenheit werden - trotz ihres Settings in den späten 70er Jahren. Vielmehr nimmt "The Nice Guys" die klassischen Elemente von so Serien wie "Lethal Weapon" und überdenkt, überspitzt und dekonstruiert sie.

The Nice Guys

Warner Bros. Pictures

Hilfreich dabei ist das "R-Rating" des Films, das nicht nur die notwendige Freiheit gibt, die verschiedenen trashig-humoristischen Ebenen von Gewalt, Drogen und Nacktheit zu erforschen, sondern den Film auch marketingeffektiv nach dem ähnlich unanständigen, aber bei weitem unterlegenen Ryan Reynolds-Vehikel "Deadpool" zum nächsten großen Blockbuster mit R-Wertung machen könnte.

Das Rating wird dabei nicht nur verwendet, um möglichst viel nackte Haut oder möglichst viele böse Worte zu sagen, sondern vor allem um die Welt in der sich unsere beiden Helden bewegen glaubhaft und interessant zu machen.

The Nice Guys

Warner Bros. Pictures

Die 70er Jahre der "Nice Guys" sind eine Parodie der 70er-Jahre-Realität. Ein Zurückblicken durch die rosarote Blümchenbrille, in eine Welt, in der Zügellosigkeit und Hedonismus zur Norm wird. Perfekt nahe gebracht wird diese überschwängliche neue Welt durch die Beobachtungen unserer zentralen Helden, die sich möglichst unaufgehoben in der neuen Ära fühlen und naiv die guten alten Zeiten vermissen.

Doch so ganz kommt auch "The Nice Guys" nicht weg von der Angestaubtheit des Buddy-Genres. Während Gosling und Crowe brillieren und den Film durch ihre erstklassig performten Dialogsequenzen über weite Längen tragen, ist es letzten Endes die Story an sich, die sich zu sehr in sich selbst verliert und versucht, das Publikum mit Überraschungen und Twists bei der Stange zu halten.

The Nice Guys

Warner Bros. Pictures

Dabei sind es gerade die simplen Momente, in denen "The Nice Guys" glänzt: Das Duo beim Fachsimpeln während der Autofahrt zum nächsten Clue, überraschend hervorragende Slapstick-Performances von Ryan Gosling und ein sich selbst spielender Smartass-Toughguy Russell Crowe.

Was Shane Black hier aber geschafft hat, ist seinen guten Ruf zu nutzen, um eine brandneue Welt mit brandneuen Helden auf die Leinwand zu bringen. Was im Zeitalter der ewigen Sequels, der Reboots und Neuadaptionen auch kein Ding der Selbstverständlichkeit ist. Dass "The Nice Guys" zur (möglicherweise nächsten großen) Filmserie wird, daran sollte kein Weg vorbei führen. Zu gut ist die Welt des Films, zu einnehmend die Bewohner derselben. Und zu perfekt ist die Paarung Gosling und Crowe, die es scheinbar mühelos schaffen, das Buddy-Filmgenre zu neuen Höhen aufsteigen zu lassen.