Erstellt am: 27. 5. 2016 - 16:06 Uhr
Heart Of A Dog
Mit "Oh Superman" hatte Laurie Anderson 1981 einen Top 10 Hit in den Popcharts. Als Bildhauerin ausgebildet kennt man sie als Musikerin, Performance-Künstlerin und nun auch Filmemacherin.
Abramorama / HBO Documentary Films
"Heart Of A Dog" ist der Titel einer ungewöhnlichen Dokumentation. Wie so vieles, was Laurie Anderson macht, ist dieser Film teils aminiert, teils aus Aufnahmen ihrer Familien-VHS-Sammlung collagiert. In der scheinbaren Hauptrolle: ihr Hund Lolabelle. Ein Rat Terrier. Dass Laurie Anderson ein Hunde-Mensch ist, hat sie schon mit ihren Konzerten für Hunde bewiesen. Sie konzipierte/komponierte schon Musik in Höhelagen, die nur Hunde hören können.
"Heart Of A Dog" erzählt zu allererst die Geschichte über Lolabelle, den gemeinsamen Hund von Laurie Anderson und ihrem Ehemann Lou Reed. Träume über Lolabelle, poetische Wahrheiten über ihre Herkunft, ihr Leben in West Village, wo sie jeder kannte, wo sie in Geschäften "anschreiben" ließ.
Die Erinnerungen an Lolabelle vermischen sich mit Erzählungen und Erinnerungen an ihr eigenes Leben. Wenn Laurie Anderson zum Beispiel Anekdoten über ihre Mutter auspackt, sich an den Unfall ihrer Geschwister erinnert oder an ihren eigenen Unfall, der sie als Kind monatelang ans Krankenbett gefesselt hat. ("I became obsessed with John F. Kennedy, because he too had back problems and he was the president!")
Neben Zeichnungen oder Videocollagen sind auch Aufnahmen aus ihrer Kindheit zu sehen. Die Kamera-Perspektive ist oft auf die Sicht des Hundes eingestellt: Wenn Passanten in die Kameralinse blicken, als sie Lolabelle streicheln wollen, oder die Kamera durchs Gras fährt, während man von Lolabelles beschützendem Instinkt erfährt, als die beiden einen Ausflug in die Berge unternehmen.
Abramorama / HBO Documentary Films
Nicht nur privat, sondern auch politisch ist dieser filmische Essay: Laurie Anderson erzählt über die Überwachungskultur nach 9/11, das FBI, die NSA. Man sieht gewaltige Serverräume, aber auch Pyramiden, als Laurie Anderson über die amerikanischen Datenberge philosophiert.
Immer wieder blendet sie Zitate ihrer Lieblingsphilosophen ein oder erzählt über ihre buddhistischen Lehren. Anhand des Lebens und des Abschieds von ihrem eigenen Hund entwickelt sich Heart Of a Dog zu einer höchst persönlichen Dokumentation über den Tod.
Als Zuseher wird man in eine persönliche Lebensgeschichte verstrickt, die stellenweise wie ein Nachruf klingt, wenn schon nicht nur an den Hund, dann auch an ihr eigenes Leben. Aber darauf sagt die meditative Stimme: "Weinen ist im Tibetanischen Buch der Toten verboten." Dabei kann jedoch, spätestens wenn Lou Reeds "Turning Time Around" am Ende des Filmes erklingt, kein Auge mehr trocken bleiben.