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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

24. 5. 2016 - 17:16

The daily Blumenau. Tuesday Edition, 24-05-16.

I'll keep it with mine - Die Top 12 Bob Dylan-Coverversionen in der Interpretation von Frauen. Anlässlich seines heutigen 75ers.

The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.

Bob Dylan wird also 75. Und weil das allerorten primär in und von Bubenzirkeln abgefeiert wird, hier einmal die andere Sicht: Dylan aus dem Blickwinkel von Frauen, die zwölf besten female Coverversions.

12) Judy Collins: "Daddy you've been on my mind"

Judy Collins ist die bessere Joan Baez, zumindest was Covers aus der Folk/Civil-Rights-Movement-Zeit betrifft. Auch weil sie die Geschlechterrollen von "Mama, you've been on my mind" ohne Scheu umdreht.

Gestern erstmals im Amerika-Haus gehört: Sophie Hunger und ihre Version von Dirge.

Auch super:
Julie London - Mighty Quinn
Karen O. & The Million Dollar Bashers: Highway 61 Revisited
PJ Harvey und noch einmal Highway '61 Revisited
Odetta und ihre Version von Don't think ntwice
Anika mit Masters of War
Mira Billotte - As I Went out one Morning
Nanci Griffith und Boots of Spanish Leather
Melanie mit Mr. Tambourine Man
Cassandra Wilson - Shelter from the Storm
Suzzy & Maggie Roche mit Clothes Line Saga
Sheryl Crow - Tombstone Blues
Mirah und ihre Dekonstruktion von Love Minus Zero
sowie Joni Mitchell und It's All Over Now, Baby Blue
und auch Bette Midler mit Buckets of Rain, das sich zu einem Duett mit Dylan auswächst.

11) Miley Cyrus: "You're Gonna Make Me Lonesome When You Go"

Wusste ich gar nicht, dass The Mile (wenn auch schon 2012) sich auch im Fundus bedient hat. Und das, sag ich einmal, durchaus gehaltvoller als andere Mainstream-Ikonen wie Sheryl Crow. Vielleicht hat sie danach sogar Verlaine und Rimbaud gegoogelt.

10) Marlene Dietrich: "Blowin' In The Wind"

Die Coverversion aller Coverversionen: die große von den Deutschen in die USA verjagte Marlena on the Wall, das Gesicht des Jahrhunderts, nutzt Ziehharmonika, Bossa-Rasseln, flirrende Geigen und ihren prononcierten Akzent, um die Lagerfeuer-Hymne dem Weltschlagertum zuzuführen.

9) Ani Di Franco: "Hurricane"

Not a likely choice. Sich aus dem Dylan-Katalog jenseits der vielen harten, weichen, bösen und schmelzenden Love-Songs das tageszeitungsmäßigste politische Lied heraus zu suchen, kommt unerwartet. Ani Di Franco ist sowas egal, sie beginnt mit einem Bass-Riff aus dem Untiefen der Seelen und irrlichtert sich durch die Geschichte von geframtem Boxer in der Rassismus-Falle, der erst weit nach dieser Würdigung Gerechtigkeit erfahren hat.

8) Patti Labelle: "Most Likely You Go Your Way (And I'll Go Mine)"

Der schnöde einsetzende Seinfeld-Bass klingt zwar wie aus der Zeit gefallen, dann aber würgt Frau Labelle dem Ekel-Paket Dylan sein grausliches Hass-Lied einfach zurück, und zwar noch eine Spur gemeiner und kreischiger.

7) Janis Joplin. "Dear Landlord"

Lady sings the Blues: kein Geld, aber viel Musik. Wenn sie den Hausherrn davon abhalten will, dass er einen Preis auf ihre Seele aussetzt, dann glaub ich ihr das sogar eher als Dylan, der sich in seinem Original viel beschützter gibt als die freiliegende Janis.

6) Patti Smith: "Drifters Escape"

Sie ist eine Meisterin der Empathie: So wie Patti Smith würde Dylan diesen Text voll biblischer Wucht auch gern interpretieren können - bei ihm klingt das Original der besten Ambros-Coverversion "Des Sandlers Flucht" fast eine Spur zu weinerlich und gedrückt. Einzig die Wiederholung der letzten Zeile ist dann zuviel.

5) Maria Muldaur: "Wedding Song"

Muldaur ist mit ihrer Stimme zwischen allen Stühlen: fast Country, fast Folk, fast Rockröhre und dann doch nichts davon. Wie sie den von Dylan selber am Rande der Emphase interpretierten Hochzeits-Song glaubwürdig zu ihrem macht, und vermeintlich ohne Perspektivenwechsel auskommt, das ist ganz großes Rührkino.

4) Cher: "Lay Baby Lay"

Die nächste Überraschung: Cher fertigt aus dem Country-Macho-Klassiker Lay Lady Lay, mit dem die Dame ein wenig schmierig ins große Lotterbetterl eingeladen wird, eine lasziv-selbstbewusste Anmache, die als Vorstufe zum Dirty Talk durchgeht, ohne gleich im Schmuddel-Porno-Eck zu landen.

3) Nina Simone: "Just Like Tom Thumb's Blues"

Die Ballade über die verlorene Oster-Seele in Juarez ist sowieso schon eine der deprimierendsten Ansichtskarten aus den Untiefen der menschlichen Seele. Nina Simone kann der immer tiefer in den Höllenschlund eintauchenden Textspirale einen zusätzlichen Aspekt, der Dylan da abgeht, verleihen: Mitgefühl.

2) Cat Power: "Stuck Inside of Mobile With The Memphis Blues Again"

Die größte Innerlichkeits-Ausstülperin unsere Tage covert viel und gerne. Ihr Stuck Inside of Mobile gerät zu einer springsteenesken Variante dieser Verfolgungswahn-Hymne. Weil viele dieses Stück als 1:1-Kopie ansehen, hab es einmal über das Dylan-Original gelegt und war von der komplett unterschiedlichen Pausensetzung und Betonung betört. Cat Power kann Dylan ohne Dylan zu kopieren, ganz aus sich heraus.

1) Nico: "I'll Keep it with mine"

Wer da nicht heult, sollte zum Arzt, nachschauen, ob er/sie ein Herz hat. Hoffnungsloser haben Geigen die Liebe niemals beschrieben. Nico, Dylans höchst unglückliche Affäre, interpretiert einen Dylan-Text, in dem es um sie und ihn geht, und schafft es durch einen stummen Schleier von Tränen aufrecht zu bleiben, Haltung zu bewahren, an sich zu halten.