Erstellt am: 24. 5. 2016 - 12:19 Uhr
No One Inbetween
Sitzt man ihnen gegenüber, spürt man förmlich das Knistern zwischen den beiden.
Christian Lehner
Ebony Hoorn und Ellery Roberts sind ein Liebespaar und vertonen ihre big feelings als LUH, was für Lost Under Heaven steht. Sie ist Mulitmediakünstlerin aus Amsterdam, er war Sänger bei den Brachial-Hipstern von WU LYF. Beide irrten sie verloren und zornig durch die Welt, bis sie einander fanden. Das LUH-Debüt heißt "Spirtual Songs For Lovers To Sing" und ist genau das, ein pathetischer Opus Magnum auf die Kraft der Liebe und der Liebenden, der nicht nur Eisberge, sondern auch gleich die Titanic zum schmelzen bringt.
Vorschau auf das Seewiesenfest 2016
Doch wo wurde sich im Pop noch gegenseitig angeschmachtet bis zum Vergehen? Das Duett ist in zeitgenössischen Produktionen als Kunstform kaum vorhanden und das Feature ist kein vollwertiger Ersatz. Richten wir also unsere Blicke in die Vergangenheit.
Kenny Rogers & Dolly Parton - "Islands In The Stream"
Liebe kann Berge versetzen, aber auch Inseln im reißenden Strom schützen. "Islands In The Stream" ist einer dieser Songs, gegen die man sich 1983 nicht wehren konnte. Viel zu cool für alle damaligen Stämme der Jugendkulturen, floss heimlich wohl doch so manche Träne in das Punkbier oder über den weißen Gothpuder. Der Song stammt aus der Feder der Bee Gees, die ihn urspünglich für Marvin Gaye konzipiert hatten, dann aber an den liebenswürdigen Country-Graubären Kenny Rogers weiterreichten. Der kam aber bei der Produktion nicht so recht auf Touren und so wurde Dolly Parton hinzugezogen, die sich zufällig im gleichen Studio aufhielt. Als Resultat stand ein internationaler Nummer-1-Hit und eine erfolgreiche Duett-Karriere der beiden. 1998 coverte der Rapper Pras das Stück unter dem Titel Ghetto Supastar feat. Mya und den Dirty Ol‘ Bastard.
Peter Gabriel & Kate Bush - "Don’t Give Up"
Tearjerker und Trockennebel. Selbst die kühle Synthpop-Ära kannte ihre emotionalen Höhepunkte. 1985 offerierte Peter Gabriel Dolly Parton (schon wieder!) ein Durchhalte-Duett. Dolly lehnte allerdings und Gott sei Dank ab und so kam Gabriels gute Freundin Kate Bush zum Zug. Inspiriert war der Song von den berühmten The-Great-Depression-Fotos Dorothea Langs. Im Kontrast zum glasklaren Sound klingen die Stimmen von Kate Bush und Peter Gabriel Anfangs brüchig, bis sie sich zu einem kleinen Empowerment-Gospel-Sturm erheben. Der Clip zum Song setzte noch eins drauf: In inniger Umarmung klagt der arbeitslose Mann sein Leid, während ihm die Frau Mut zuspricht. "Don’t Give Up" war auch für die Thatcher-Ära gedacht und gemacht.
Serge Gainsbourg & Brigitte Bardot - "Bonnie & Clyde"
Liebe als Komplizenschaft bis zum bitteren Ende. Oft gesampelt und extrem cool dargeboten vom französischen Kunst-Saubartl Serge Gainsbourg und Schauspielerin Brigitte Bardot. Der Song geht auf ein Poem der historischen Clyde Paker zurück, das sie wenige Wochen vor ihrem gewaltsamen Tod geschrieben hatte ("The Trail’s End"). Das Duett erschien 1967 während einer kurzen und heftigen Affäre von Gainsbourg und Bardot auf dem Album "Initials B.B.".
Sonny and Cher - "I Got You Babe"
Möglicherweise das Duett der Duette und am Ende gingen sie doch getrennte Wege. 1965 machte sich die Weltjugend bereits auf in Richtung Rausch und Promiskuität, bloß die Eheleute Sonny und Cher versicherten sich gegenseitig die ewige Monogamie. Ein bisschen Hippie war das Lied mit Hinweis auf lange Haare, Blumen und eine verständnislose Elterngenertion aber schon. Der Song ist alles andere als ein flammender Appell, aber ein kleines sonisches Meisterwerk aus den Händen eines Phil-Spector-Lehrlings, Stichwort "Oboe"! Nach der Scheidung wurde er Politiker, sie das meistgetunte Gesicht des Pop und Oscar-Gewinnerin.
Beyoncé feat. Jay-Z - "Drunk In Love"
Nach "Crazy" und vor "Lemon" war "Drunk". Eigentlich ein Queen-Bee-Song mit Jay-Z-Feature, ist "Drunk In Love" vom lyrischen Gehalt her wohl eines der intensivsten Popstücke entlang der Seele/Körpergrenze ever. Deshalb erheben wir den vertonten Exzess kurzerhand zum Duett und legen Zeugnis davon ab, dass hier ein Paar wortwörtlich am Höhepunkt einer jahrelangen Beziehung angekommen ist.
Nick Cave and the Bad Seeds/Kylie Minogue - "Where The Wild Roses Grow"
Eine Mörderballade als Duett und der größte Hit von Nick Cave & The Bad Seeds. Die zwei Australier Cave und Minogue inszenieren in romantischen Bildern das Drama eines Mannes, der seine Geliebte umbringt. Bestürzender und feierlicher ein Duett nie war! Die Underground-Helden und das Popsternchen trafen sich mit "Where The Wild Roses Grow" an einer Kreuzung, die für beide den Karriereweg nach oben bedeuten sollte.